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07:12 Uhr - 07.09.2016

Dorma+Kaba auf dem langen Marsch

Trotz der verschnupften Marktreaktion vom Dienstag gilt: Der Schliesstechniker kommt Schritt für Schritt voran auf dem Weg, die Integration von Dorma und Kaba zum Erfolg zu machen.

Die schaffen das. Dorma+Kaba (DOKA 707 -7.46%) hat gute Chancen, die beim Zusammenschluss in Aussicht gestellten Ziele zu erreichen: Nicht nur grösser als die beiden Vorgängergesellschaften zu werden, sondern um einiges leistungsfähiger.

Der erste Jahresabschluss unter gemeinsamem Dach – seit dem 1. September 2015 ist Dorma+Kaba rechtlich ein Unternehmen, seit dem vergangenen 1. Juli auch was die Strukturen betrifft – belegt, dass der Sicherheitstechniker mit Hochdruck an der Integration arbeitet und insgesamt auf Kurs ist.

Das organische Umsatzwachstum von 2,3% liegt am oberen Ende der vorhergesagten 1,3 bis 2,3%. Die Betriebsgewinnspanne (Stufe  Ebitda) ist von 13,5 auf 14,4% gestiegen und liegt somit im Rahmen der erwarteten 14,1 bis 15,1% (der besseren Vergleichbarkeit halber ist hier von Pro-forma-Werten die Rede, als hätte der Zusammenschluss am 1. Juli 2015 stattgefunden).

Dorma+Kaba kann erste Referenzprojekte  zeigen, im Rahmen derer zugleich Produkte der früheren Kaba wie auch der vormaligen Dorma verkauft wurden, etwa am Flughafen Singapur. Die beiden Sortimente sind zu etwa 80% komplementär.

Auch Mittelflussrechnung und Bilanz präsentieren sich solide, wie von der «alten» Kaba gewohnt. CEO Riet Cadonau  mag es übrigens durchaus, wenn das Unternehmen als «langweilig» empfunden wird. Dorma+Kaba ist in stabilen, attraktiven Geschäftsfeldern tätig. Die vier Segmente des Kerngeschäfts Zutrittslösungen, die für 86% des Umsatzes stehen, erwirtschaften gut 17% Ebitda-Marge.

Gewinn von hohem Sonderaufwand belastet

Der Gewinn wird von Integrationsaufwand in der Höhe von 89,4 Mio. Fr. belastet. Das ist erheblich mehr als die ursprüngliche Schätzung von 60 bis 70 Mio. Fr., wobei das Management schon im vergangenen Frühjahr erklärt hatte, der Betrag werde höher ausfallen. Das Zusammenfügen der beiden Teile – eine komplexe Aufgabe – läuft über eine grosse Zahl von Projektem, nicht zuletzt in Hochlohnländern, was eben zu hohen Kosten führt.

Der Gewinn ist daher etwas geringer ausgefallen als von etlichen Marktbeobachtern erwartet (wir hatten 15 Fr. Gewinn pro Aktie geschätzt, nun liegen 14.40 Fr. vor). Nach Abzug des Minderheitsanteils, den die ehemalige Dorma-Besitzerfamilie hält, bleiben gut 50 Mio. Fr. Überschuss zur Verteilung an die Aktionäre. Auf dieser Basis schlägt der Verwaltungsrat eine unveränderte Dividende in der Form einer Ausschüttung von Kapitaleinlagereserven von 12 Fr. vor. Für 2016/17 wird mehr möglich sein, weil der Gewinn nicht mehr von Sonderaufwand belastet sein wird.

Im laufenden Jahr 2016/17, dem ersten «echten» von Dorma+Kaba, rechnet das Management mit rund 3% organischen Wachstum – ohne besonderen Rückenwind der Weltwirtschaft – und einer Margenausweitung (Ebitda) von einem Prozentpunkt, dank Kostensynergien und höheren Volumen. Dieser Fortschritt dürfte jedoch kompensiert werden durch integrationsbezogene Kosten (v.a. für Informatik und Markenaufbau), weshalb die Ebitda-Marge stabil bleiben wird. Wir rechnen mit 30 Fr. Gewinn  je Titel.

Bis 2018/19 will das Unternehmen auf 18% Ebitda kommen; zugrundegelegt wird ein jährliches Umsatzwachstum von organisch wenigstens zwei Prozentpunkten über dem Wirtschaftswachstum der relevanten Märkte. Dorma+Kaba bleibt daneben als Konsolidator präsent; CEO Cadonau möchte gerne Objekte von wenigstens 20 Mio. Fr. Umsatz hinzukaufen, doch nur, sofern sie sich als «must have» erweisen. Die Bilanz verlieht hierfür erheblichen Spielraum und der Markt ist nach wie vor ausreichend fragmentiert.

Die Margenexpansion wird via Erhöhung der Bruttomarge und des Ausschöpfens von Effizienzgewinnen angestrebt. Hingegen wird Dorma+Kaba den Aufwand für Forschung und Entwicklung auf 4 bis 5% des Umsatzes halten. Betreffend die Innovationskraft soll das Unternehmen auf Augenhöhe mit Branchenprimus Assa Abloy bzw. vor der übrigen Konkurrenz liegen.

Anspruchsvolles Programm zu bewältigen

Der Weg zum Ziel ist noch weit und anspruchsvoll; zwischendurch können – unter Umständen etwas zu hoch gesteckte – Markterwartungen enttäuscht werden. Immerhin geht es darum, bis zum Zieljahr den Ebitda von gegenwärtig 333 Mio. Fr. auf schätzungsweise 450 Mio. Fr. zu steigern. Die Börsenbewertung hat den Erfolg dieses Vorhabens unseres Erachtens sehr weitgehend eingebaut, was die Rückschlagsanfälligkeit erhöht.

Zur beachtlichen Performance der Aktien Dorma+Kaba seit Bekanntgabe des Zusammenschlusses Ende April 2015 hat zweifelsohne beigetragen, dass im Niedrigstzinsumfeld nach wetterfesten und dividendensicheren Titeln gesucht wird. Zudem sind vermehrt ausländische Investoren auf Dorma+Kaba aufmerksam geworden. Etwa solche, die einst die Anlagestory Assa Abloy verpasst haben und Dorma+Kaba nun als Fall mit ähnlichem Potenzial betrachten.

Das lässt sich durchaus so sehen. Weil sich Anlageerfolg vor allem im günstigen Einkauf begründet, raten wir, auf Kursbaissen zu achten. Dazu kann es eben auf so hohem Kursniveau schnell kommen, wegen globaler Entwicklungen oder auch wenn Dorma+Kaba auf dem langen Marsch zwischenzeitlich etwas die Puste ausgehen könnte – oder wenigstens der Markt diesen Eindruck hat, so wie am Mittwoch. Was aber eben nicht heisst, dass die das nicht schaffen können.

 

Die komplette Historie zu Dorma+Kaba finden Sie hier. »

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