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14:37 Uhr - 20.08.2014

Seoul will knausrigen Unternehmen Beine machen

In Südkorea sollen gerade kotierte Unternehmen durch höhere Dividendenausschüttungen und Löhne einen Beitrag zur Konjunkturankurbelung leisten.

Südkorea hat in den vergangenen Tagen gleich doppelt für Schlagzeilen gesorgt: Mit dem Besuch des katholischen Kirchenoberhauptes und dem Säbelrasseln des verfeindeten Nachbarn im Norden. Die Wirkung der besseren Konsumstimmung einerseits, sowie der politischen Spannungen andererseits hob sich an der Börse Seoul zuerst auf. Schliesslich gab jedoch die am 14. August von der Bank of Korea angekündigte Senkung des Leitzinses von 2,5 auf 2,25% die Marschrichtung vor. So konnte der Kospi-Index gegenüber Anfang letzter Woche fast 3% zulegen.

Mit der Zinssenkung stellt sich die Notenbank hinter das von der Regierung im Juli lancierte 40 Bio. Won (40 Mrd. $) schwere Wachstumsprogramm. Neben der Modernisierung der Unternehmenslandschaft bildet die Ankurbelung der Konsumfreude den Kernpunkt. Die Massnahme folgt auf den Untergang des Fährschiffes Sewol, bei dem Mitte April beinahe 300 Menschen das Leben verloren haben – die Mehrheit davon Kinder. Seither ist der Privatkonsum landesweit deutlich zurückgegangen.

Relativ hoher Verschuldungsgrad

Die Stimmung wird aber auch durch die starke Verschuldung und schlechte Unternehmensnachrichten getrübt. Nirgendwo anders in Fernost haben die Privathaushalte so hohe Schulden angehäuft wie in Südkorea. Darüber hinaus hat etwa der durch seine Smartphones bekannte Konzern Samsung (SMSD 363 -0.71%) Electronics angesichts eines verschärften globalen Wettbewerbs enttäuschende Zahlen vorgelegt.

Wenn es nach dem Willen von Finanzminister Choi Kyung-hwan geht, sollen besonders die kotierten Gesellschaften durch höhere Dividendenausschüttungen und Löhne einen Beitrag zur Konjunkturankurbelung leisten. Das soll durch eine Strafsteuer erreicht werden, die jene Unternehmen zu entrichten haben, die weniger als 70 bis 75% ihres Profits an ihre Teilhaber auszahlen oder als Bonus mit den Angestellten teilen. Obwohl die Vorlage erst noch vom Parlament abgesegnet werden muss und frühestens Anfang 2015 in Kraft treten könnte, hat sie bereits Bewegung in die Börse gebracht.

Deutlich tiefer bewertet

Der Kospi (Kospi 2072.78 0.08%), der sich in den vergangenen zwei Jahren weitgehend seitwärts bewegte, hat seit der Ankündigung des Wachstumsprogramms rund 5% gewonnen. Trotz der jüngsten Kursrally bleibt die südkoreanische Börse mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2014 von unter 10 jedoch deutlich tiefer bewertet als andere regionale Aktienmärkte. Im philippinischen Aktienmarkt etwa ist der für das laufende Jahr prognostizierte Gewinn über 18 Mal in den Kursen enthalten.

Dass Südkorea ein mittlerweile reifer Markt ist und vor allem wegen seiner starken Exportindustrie andere Wachstumszyklen durchläuft, erklärt diese Diskrepanz nur teilweise. Die unterschiedliche Bewertung ist vor allem darauf zurückzuführen, dass südkoreanische Unternehmen hinsichtlich Dividendenausschüttungen wenig grosszügig sind. Der Kospi bringt es gerade einmal auf eine Dividendenrendite von 1,2% und schliesst mit diesem Wert weltweit am schlechtesten ab.

Breites Massnahmenbündel

Die Regierung von Präsidentin Park Geun-hye will mit der geplanten Strafsteuer auf dividendenknausrige Unternehmen die Liquidität am Finanzmarkt verbessern und mit den höheren Einkommen den Binnenkonsum beleben. In eine ähnliche Richtung zielt auch die Liberalisierung des Hypothekarwesens. So ist etwa vorgesehen, die für den Immobilienerwerb vorgeschriebenen Eigenmittelvorgaben deutlich zu senken.

Von grosser Tragweite dürfte aber die von Park kurz nach ihrem Amtsantritt vor 18 Monaten angekündigte Reform der Unternehmenslandschaft sein. Künftig sollen kleine und mittelgrosse Unternehmen, die das Rückgrat moderner Volkswirtschaften bilden, eine grössere Rolle spielen. Langfristig dürfte das auch die lokale Börse grundlegend verändern, die bis heute von den mächtigen Industriekonglomeraten – den Chaebols – dominiert wird. Durch die laufende Restrukturierung der Schiffsbauindustrie sind die Bestrebungen teilweise bereits Wirklichkeit geworden. Doch es wird Zeit brauchen, bis alle makroökonomischen Massnahmen und unternehmerischen Reformen auch Wirkung entfalten.

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