Grossbritannien ist nach dem Brexit darauf angewiesen, dass seine Börse von der EU als äquivalent betrachtet wird. Der Fall Schweiz zeigt die Schwierigkeiten.
Sechs Wochen vor dem allfälligen Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union drückt der britische Finanzregulator FCA (Financial Conduct Authority) aufs Tempo. Bei einem Auftritt am Montagmorgen forderte FCA-Chef Andrew Bailey die EU auf, mit zusätzlichen Äquivalenzanerkennungen die Brexit-Folgen für die Finanzindustrie so gering wie möglich zu halten.
Grossbritannien sei gewillt, die Handelsplätze der EU als äquivalent zu betrachten, um die reibungslose Fortsetzung des Aktienhandels auch nach dem Brexit – in welcher Form auch immer er stattfindet – zu garantieren, sagte Bailey. Allerdings habe die EU diesem Wunsch bislang nicht entsprochen.
Ähnliche Situation wie die Schweiz
Damit sieht sich Grossbritannien in einer ähnlichen Situation wie die Schweiz nach dem 1. Juli. Seit der Auflösung der Börsenäquivalenz zwischen der EU und der Schweiz dürfen europäische Aktien nur noch an europäischen sowie anderen von der EU anerkannten Börsen gehandelt werden. Als Gegenmassnahme hatte die Schweiz angeordnet, dass Schweizer Aktien nur noch an Schweizer Börsen gehandelt werden dürfen.
«Wir sind uns des Problems bewusst, dass Äquivalenzen entzogen werden können», sagte Bailey weiter. Er wies darauf hin, dass das Problem der Briten zwar im Kern dem der Schweiz gleicht. Allerdings geht es im Fall Grossbritanniens nicht um den Handel mit Aktien aus dem eigenen Land, sondern mit denen aus der EU. Während in der Schweiz der Handel mit ausländischen Aktien in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen ist, ist London ein wichtiger Platz für den europäischen Aktienhandel.
Auch Clearinghäuser betroffen
Grossbritannien geht derzeit gegen eine EU-Regelung vor, die verlangt, dass in der EU registrierte Investoren nach einem No-Deal-Brexit über 6000 Aktien nur noch über europäische Börsenplätze handeln dürfen. Diese Regel hat nicht nur den britischen Regulator, sondern auch europäische Fondsmanager beunruhigt. Beide Parteien haben den europäischen Finanzregulator aufgefordert, die Anerkennung Grossbritanniens als äquivalenter Handelsplatz in Betracht zu ziehen.
«Wir müssen zusammen einen Weg finden, der auf beiden Seiten allfällige Hürden eliminiert», sagte FCA-Chef Bailey. «Wir sind für einen Dialog bereit mit unseren europäischen Gesprächspartnern, bevor wir unseren Teil finalisieren.»
Ebenfalls ein grosses Diskussionsthema rund um den Brexit ist die Lage der grossen Clearinghäuser in London, denen die EU eine temporäre Erlaubnis bis Ende März 2020 gegeben hat. Noch ist unklar, unter welchen Bedingungen sie verlängert wird. London ist das weltweit grösste Zentrum für den Handel und das Clearing von Optionsinstrumenten wie Swaps und Futures. «Wir müssen diesen Prozess bis Ende Jahr starten, um eine reibungslose Verlängerung zu erreichen», sagte Bailey. Die beste Lösung sei, die britischen Clearinghäuser auch nach dem Brexit uneingeschränkt anzuerkennen.
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