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14:39 Uhr - 20.05.2016

«Kredite helfen, Neugeld zu gewinnen»

Der Leiter der Internationalen Vermögensverwaltung der Credit Suisse, Iqbal Khan, hat anspruchsvolle Ziele. Damit er die Verdopplung des Vorsteuergewinns der Sparte schafft, muss er rasch neue Private Banker anstellen.

Herr Khan, Sie müssen gemäss Konzernstrategie bis in zwei Jahren den Vorsteuergewinn Ihrer Sparte International Wealth Management auf 2,1 Mrd. Fr. mehr als verdoppeln. Schaffen Sie das?
Das Ziel ist ambitiös; unsere Zahlen im ersten Quartal haben jedoch gezeigt, dass wir trotz des schwierigen Marktumfelds den Gewinn steigern konnten. Die Zielsetzungen für das Private Banking und Asset Management sind anspruchsvoll, aber erreichbar.

Zur PersonUnter den neuen Managern an der Spitze von Credit Suisse ist Iqbal Khan ohne Zweifel der mit dem steilsten Aufstieg. Der 40-Jährige leitet seit der strategischen Neuorientierung im Herbst den Bereich International Wealth Management. Vor gerade mal drei Jahren stiess er zur Grossbank, damals in der Funktion des Finanzchefs Private Banking & Wealth Management. Er kannte die CS bereits, denn Khan war der Verantwortliche für Finanzdienstleistungen beim Beratungsunternehmen Ernst & Young in der Schweiz. Dort war er der jüngste Mitarbeiter, der je zum Partner ernannt wurde. Khan, Wirtschaftsprüfer mit einem Master in Wirtschaftsrecht, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Die Margen in der Vermögensverwaltung sind unter Druck. Wie wichtig ist die Kreditvergabe für die Zielerreichung?
Wir haben die Gebühreneinnahmen aus der Vermögensverwaltung im ersten Quartal gesteigert. Doch das Bilanzgeschäft gewinnt an Bedeutung. Darum haben wir auch das Ziel, das Kreditvolumen auf 15% der verwalteten Vermögen auszudehnen. Dieses traditionelle Bankgeschäft wird in der Vermögensverwaltung oft vernachlässigt.

Wie gehen Sie das an?
Wir steigern die Qualität der Einlagen und finanzieren damit über eine Fristentransformation Kredite, die wir zu einer adäquaten Risikoprämie vergeben. Die uns längerfristig zugesicherten Bareinlagen rentieren so für die Bank auch im Tiefzinsumfeld. Wir haben im ersten Quartal die Margen auf beiden Seiten der Bilanz erweitert und die vergebenen Kredite unterstützen uns bei der Gewinnung von Neugeldern.

Dieses klassische Bankgeschäft bringt jedoch Bilanzrisiken mit sich, die man bei einem Vermögensverwalter nicht vermutet.
Da der Löwenanteil Lombardkredite und andere besicherte Kredite sind, fühle ich mich wohl bei der Ausweitung der Bilanz. Der Anteil an Unternehmenskrediten ist sehr klein und verteilt sich auf die Schweizer Universalbank und die Region Asien-Pazifik. Die Handelsfinanzierung, die Schiff- und Flugzeugfinanzierungen sowie Exportfinanzierungen umfasst, ist ganz dem International Wealth Management angegliedert. Wir haben im Rahmen der neuen Strategie ein Budget von risikogewichtet zusätzlichen 6 Mrd. Fr. erhalten. Bei diesem Prozess fokussieren wir nicht allein auf Umsatz, sondern setzen die Bilanzausweitung als strategisches Fundament für künftige Neugeldakkumulierung ein.

Wer sind heute die attraktivsten Kunden für das CS Private Banking?
Sehr attraktiv sind für uns superreiche Kunden aus den aufstrebenden Volkswirtschaften – häufig sind dies Familien und Unternehmer der ersten oder zweiten Generation. Der Grund ist die operative Hebelwirkung. Diese Personen bringen grosse Vermögen, die mit einer einzigen, gründlichen Abklärung angenommen werden können. Zudem ist dies das Kundensegment, das eine umfassende Palette an Dienstleistungen sucht, die wir bei Credit Suisse (CSGN 13.5 1.66%) anbieten.

Wie überzeugen Sie Kunden?
Wir wollen der internationale Partner unserer Kunden sein und sie über den ganzen Lebenszyklus begleiten. Dazu gehören Finanzierungen und Anlageberatungen sowie Dienstleistungen aus dem Investment Banking, beispielsweise zur Aufnahme von Eigen- und Fremdkapital.

Wichtiger Bestandteil der Strategie ist der Ausbau der Anzahl Private Banker um ein Viertel auf 1400. Im ersten Quartal ist die Zahl allerdings gesunken. Wieso?
Das hängt mit dem Transfer von Mitarbeitern in unsere nicht strategische Abwicklungseinheit sowie mit dem Abbau von Mitarbeitern, deren Leistungen nicht unseren Erwartungen entsprechen, zusammen. Wir wollen qualitativ wachsen und konnten seit Anfang dieses Jahres erfahrene Private Banker einstellen. Letztlich wollen wir ein grösseres, produktiveres Team. Dies führt mittelfristig zu mehr Ertrag bei tieferen Kosten.

Dann fallen jetzt die Kosten an, während die Erträge erst in zwei Jahren sichtbar werden?
Genau. Wir haben jetzt eine Kostensteigerung, bauen aber gleichzeitig über Strukturerleichterungen fixe Kosten im Umfang von 200 Mio. Fr. ab. Man sieht noch nicht alle Einsparungen, die aus der Regionalisierungsstrategie und der Verschiebung der Verantwortung an die Front resultieren. Zwischen dem Kundenberater und mir gibt es nur noch vier Hierarchiestufen.

Mit Blick auf die Ziele müssen Sie jetzt neue Leute einstellen, damit Sie rechtzeitig liefern können?
Das ist richtig. Wir konnten die Einstellungsrate steigern. Jüngste Beispiele sind Kundenberater in Mexiko und Brasilien.

Wie lange hat ein neuer Private Banker Zeit, sich zu bewähren?
Aufgrund historischer Daten wissen wir, dass ein Kundenberater im Schnitt zwei Jahre braucht, bis er da ist, wo er sein soll. Ich bin überzeugt, dass man schon nach einem Jahr sieht, ob das funktioniert.

Was ist ein guter Private Banker?
Das kommt auf das Segment und die Region an. Wichtig ist, dass die Berater den Wert über die Beratung schaffen. Der Kunde ist bereit, für Leistungen zu bezahlen, mit denen sich eine Bank von anderen abhebt. Für allgemeine Dienstleistungen zahlt er immer weniger. Und es ist wichtig, dass die Mitarbeiter bezüglich Compliance die richtigen Abwägungen treffen, also regelkonform arbeiten.

Das CS Private Banking hat in Genf einen Rechtsfall am Hals wegen unautorisierten Handelns. Das passt gar nicht zur Strategie des regelkonformen Wachstums?
Das ist laufendes Verfahren. Dazu kann ich nichts sagen.

Stehen nach den Investmentbankern nun die Private Banker im Fokus bezüglich Regelkonformität?
Das Thema lässt sich nicht auf die Mitarbeiter reduzieren. Die Einhaltung von Vorschriften hat mehrere Aspekte. Sie haben einen Fall erwähnt. Es gibt aber verschiedenste Konstellationen. Ein grosser Fehler in unserer Branche ist, dass man einen Fall nimmt, egal welchen, und glaubt, der nächste Fall funktioniere gleich. Für mich ist es wichtig zu verstehen, wie Verfehlungen entstehen und welche Bedingungen man schaffen muss, damit so etwas nicht passieren kann.

Was ist Ihr Vorschlag?
In unserem Fall ist die Zusammenarbeit mit Palantir ein wichtiger Aspekt.

Die Kooperation mit diesem US-Softwareunternehmen hilft, die Regelkonformität der Mitarbeiter zu verbessern?
Unsere Kooperation basiert auf der Analyse von Big Data. Diesen Ansatz haben wir in der Investmentbank bereits zur Prävention nicht autorisierten Handelns implementiert. Die Compliance-Einheit rollt diesen nun auf alle Einheiten aus. Dazu haben wir mit Signac das Joint Venture Palantir zur Kontrolle und Aufarbeitung von Daten gegründet.

Es gibt zwei Risikoseiten: Die Mitarbeiter und die Kunden. Welche steht im Fokus?
Es gibt Regionen, die gemäss der Kriterien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD heikler sind als andere. Dem begegnen wir mit adäquaten Kontrollprozessen. Aber der Faktor Mensch bleibt entscheidend. Neben Vieraugenprinzip, Kontrolle und Datenanalyse setzen wir auf Werte und Kultur. Daran haben wir hart gearbeitet und daran werden wir weiter arbeiten.

Wie gehen Sie das Thema an?
Beim Einstellungsprozess und der Beurteilung sind die Aspekte Risiko und Compliance von zentraler Bedeutung. In unserem Geschäft geht es um Menschen. Als Verantwortlicher müssen sie sich Zeit nehmen, um den Puls bei den Mitarbeitern zu spüren.

Apropos Puls: Medial drückt die Unzufriedenheit vieler CS-Mitarbeiter durch – auch gerade der Investmentbanker, die an Status einbüssen. Sehen wir derzeit den holprigen Weg, auf dem bei der CS ein Kulturwandel stattfindet?
Von Kulturwandel würde ich nicht sprechen. Wenn sie Entscheidungen umsetzten, die nicht überall auf Gegenliebe stossen, verursacht dies natürlich eine entsprechende Gegenwirkung. Wichtiger ist aber, was man umsetzt und am Schluss liefert. Wir setzen unsere Strategie um und setzen den Fokus stärker auf die Vermögensverwaltung.

Mehr Aufmerksamkeit heisst mehr Druck.
Was wir im ersten Quartal geschafft haben, verdanken wir der Motivation und der Energie unserer Mitarbeiter. Ohne motivierte Mitarbeiter gibt es keine guten Resultate. Motivation ist das allerwichtigste und wirkt auch gegen Risiken. Eine motivierte Person nimmt keine unverhältnismässigen Risiken in Kauf. Haben wir ambitiöse Ziele? Ja. Führt das zu Druck? Nein, denn unsere Leute haben jetzt die Möglichkeit, sich zu entfalten. Das ist zentral.

Kürzlich sorgten Pläne für ein Joint Venture im Asset Management für Verwirrung. Was ist Sache?
Die Idee, die noch von der Finma genehmigt werden muss, ist die Gründung einer eigenen Rechtseinheit für den Schweizer Teil des Asset Managements. Das Schweizer Asset-Management-Geschäft soll gemeinsam von der Schweizer Universalbank und dem International Wealth Management geführt werden. Dadurch können die Interessen der Schweizer Universalbank als wichtiger Distributionspartner und Kunde noch besser in Einklang mit dem Asset Management gebracht werden. Das globale Asset Management bleibt unverändert unter meiner Führung.

Dient diese Organisation der weiteren Betonung der Vermögensverwaltungsbereiche innerhalb der CS?
Wir wollen ein führender Wealth Manager sein und ein starkes Asset Management haben. Das heisst nicht, dass Privatkunden nur eigene Produkte verkauft werden. Zentral ist, dass man eine glaubwürdige Investitionsberatung anbieten kann.

Das ist eine Kehrtwendung. Bis vor kurzem hat CS das Asset Management abgebaut.
Zur Vergangenheit kann ich mich nicht äussern. Ich bin seit drei Jahren bei der Credit Suisse und wir wollen das Asset Management jetzt signifikant ausbauen.

Wollen Sie zukaufen?
Wir wollen primär organisch wachsen. Opportunitäten für Zukäufe werden wir uns jedoch anschauen, besonders in Bereichen mit Potenzial.

Wo orten Sie Potenzial?
In der Schweiz können wir im Asset Management noch zulegen. Auch in den aufstrebenden Volkswirtschaften, besonders in Asien, ist unsere Basis zwar solide, aber dort können und wollen wir weiter ausbauen.

 

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