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07:02 Uhr - 01.04.2016

Wie die Nationalbank ihre Milliarden anlegt

Direktoriumsmitglied Andréa Maechler erläutert die Anlagestrategie der Schweizerischen Nationalbank in Zeiten riesiger Devisenreserven.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB (SNBN 1065 1.14%)) gehört weltweit zu den grössten Investoren. Zu diesem Urteil gelangt Andréa Maechler, Mitglied des SNB-Direktoriums, in einem Referat, das sie am Donnerstagabend in Zürich gehalten hat. Ende 2015 beliefen sich die Devisenreserven auf rund 560 Mrd. Fr. Sie sind die Konsequenz der Interventionen am Währungsmarkt, mit denen die SNB in den vergangenen Jahren den in eine Aufwertungsspekulation geratenen Franken zu verteidigen versuchte.

Streng genommen handle es sich dabei gar nicht um «echte» Vermögenswerte. Denn ihnen stünden in der Bilanz Verbindlichkeiten gegenüber, erklärt Maechler. Sie sind Teil der Geldpolitik. Solange die Geldpolitik es erfordere, werde der Bestand an Devisenanlagen der SNB hoch bleiben. «Wenn es geldpolitisch notwendig und sinnvoll ist und der Nutzen die Kosten übersteigt, wird die SNB ihre Bilanz auch in Zukunft weiter ausdehnen und die damit verbundenen Risiken in Kauf nehmen.»

[info 1] Die SNB ist aber nicht nur einer der grössten Investoren weltweit. Sie zählt auch zu den Notenbanken, die mehr als andere in riskantere Anlagen diversifizieren. Rund 100 Mrd. Fr. sind in Aktien angelegt, erläuterte die Ökonomin, die im vergangenen Juli vom Internationalen Währungsfonds zur SNB gestossen ist. Das sei ein vergleichsweise hoher Aktienbestand.

Strenge Kriterien für Aktienkäufe

Um Interessenkonflikte zu vermeiden, habe man sich eingehend mit Fragen zu Ausschlusskriterien und zur Stimmrechtsausübung befasst. So hat die SNB im vergangenen Jahr erstmals ihre Stimmrechte an Aktionärsversammlungen wahrgenommen. Am Aktienmarkt legt die SNB «indexnah» an. Es wird keine Titelselektion betrieben. Der Besitzanteil an einzelnen Unternehmen müsse möglichst gering bleiben. Die SNB kaufe keine Aktien internationaler mittel- und grosskapitalisierter Banken sowie bankähnlicher Institute in Industrieländern. Ethische Kriterien verbieten zudem Titel von Unternehmen, die «international geächtete Waffen produzieren, grundlegende Menschenrechte massiv verletzen oder systematisch gravierende Umweltschäden verursachen».

Der grösste Teil der Devisenreserven – Ende 2015: 70% – ist in sehr liquiden ausländischen Staatsanleihen mit hoher Bonität angelegt. Maechler unterstreicht den langfristigen Anlagehorizont. Man wolle sicher anlegen, halte die Papiere mindestens über einen ganzen Konjunkturzyklus hinweg und verkaufe auch nicht in Stresssituationen. Die Anlagen würden so strukturiert, dass langfristig mindestens der reale Werterhalt erwartet werden könne.

Mühe bei Unternehmensanleihen

Maechler räumt ein, dass auch den SNB-Portfoliomanagern – neben internen beschäftigt die Notenbank ebenfalls externe Profis – die erschwerten Marktbedingungen zu schaffen machen. Zum einen die verschlechterte Liquiditätssituation vor allem bei Unternehmensanleihen. Die Entwicklungen haben dazu geführt, dass die SNB ihren Ansatz geändert hat: Bei ihren Käufen sei sie im Vergleich zu früher verstärkt im Primärmarkt aktiv und habe den Kreis der Gegenparteien ausgeweitet.

Zum anderen lastet das Tiefzinsumfeld auf dem Anlageerfolg, wozu die SNB mit ihrer Geldpolitik natürlich selbst beiträgt. Dass sie daran aber so bald nichts ändern will, kommt wohl kaum überraschend. «Uns ist bewusst, dass die mit den Negativzinsen verbundenen Nebenwirkungen nicht unerheblich sind», argumentiert Maechler gemäss Redetext. «Ohne Negativzins wäre der Franken jedoch noch stärker, was die Wirtschaft zusätzlich belasten würde.»

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