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04:32 Uhr - 08.05.2015

«Das ist ein monumentaler Fehler»

Der Managementwechsel von Adecco sorgt bei Investoren für rote Köpfe. David Herro, Chief Investment Officer des US-Grossaktionärs Harris Associates, kritisiert das Vorgehen von Verwaltungsratspräsident Rolf Dörig scharf.

An der Konzernspitze von Adecco (ADEN 70 -6.23%) kommt es zu einem überraschenden Personalwechsel: CEO Patrick de Maeseneire verlässt den Stellenvermittler Ende August und wird durch den Belgier Alain Dehaze  ersetzt. Ebenfalls den Rücktritt erklärt hat der langjährige Finanzchef Dominik de Daniel, der als Kronfavorit auf den Chefposten galt.

Investoren sind über diese Nachrichten nicht erfreut. Die Aktien Adecco büssten am Mittwoch mehr als 6% ein. Schwer enttäuscht über den Managementwechsel ist der amerikanische Grossaktionär Harris Associates, der eine Beteiligung von rund 3,5% an Adecco hält. David Herro, Chief Investment Officer für internationale Aktien von Harris, bedauert den Abgang von CFO de Daniel und übt scharfe Kritik an Verwaltungsratspräsident Rolf Dörig.

Herr Herro, was halten Sie vom Wechsel an der Spitze von Adecco?

Das ist ein monumentaler Fehler. Wir sind ausserordentlich dankbar für die Arbeit, die Patrick de Maeseneire als CEO geleistet hat und können gut verstehen, dass er nach all den Jahren in der Branche etwas kürzer treten will. Die beste Wahl für seine Nachfolge wäre klar Finanzchef Dominik de Daniel gewesen. Die meisten Grossaktionäre und wohl ebenso das Gros der obersten Geschäftsleitung hatten mit seiner Ernennung zum CEO gerechnet. Nun verlieren wir de Daniel und können nur hoffen, dass er nicht zu einem Konkurrenten von Adecco geht.

Weshalb sind sie mit der Wahl des neuen CEO nicht einverstanden?

Wir sind seit langer Zeit in Adecco investiert. Erstmals aufmerksam wurden wir auf das Unternehmen, als es den deutschen Branchennachbar DIS übernahm und damit Dieter Scheiff und de Daniel ins Management kamen. Das weckte unser Interesse, denn DIS war ein ausgezeichnet geführtes Unternehmen, wogegen bei Adecco das Gegenteil der Fall war. Als de Maeseneire dann Scheiff als CEO abgelöste, blieb de Daniel als CFO im Amt und war nun der  beste Anwärter für den Chefposten. Stattdessen wurde er übergangen. Es ist deshalb absolut verständlich, dass er das Unternehmen verlässt. Ernsthafte Fragen stellen sich aber, was die Kompetenz des Verwaltungsratspräsidenten betrifft.

Warum hat der Verwaltungsrat gegen de Daniel entschieden?

Ich glaube, dass er eine zu starke Persönlichkeit war. Er gibt sich nicht mit Inkompetenz, politischem Kalkül und anderem Schwachsinn ab. Als Investor interessiert uns nur, ob ein Management-Team fähig ist, den Wert des Unternehmens auf mittlere  bis lange Sicht zu steigern. Der Verwaltungsrat ist verantwortlich dafür, dass sich die operative Leitung an diesem Ziel orientiert. Mit seinem Entscheid hat der VR-Präsident jedoch demonstriert, dass für ihn andere Gründe bei der Personalwahl ausschlaggebend sind. Das ist für uns eine grosse Enttäuschung.

Das ist eine deutliche Kritik an die Adresse von VR-Präsident Rolf Dörig.

Dass es an der Spitze von Adecco zu einem Wechsel kommen würde, zeichnete sich seit einigen Wochen ab. Wir haben deshalb darauf gedrängt, dass der VR-Präsident und der Verwaltungsrat bedeutende Aktionäre bei diesem Entscheid einbeziehen. Besonders störend ist, dass mit dem Managementwechsel bis nach der Generalversammlung abgewartet wurde. Heute würden wir uns natürlich zwei Mal überlegt, ob wir unsere Stimme für den VR-Präsidenten und für gewisse Mitglieder des Verwaltungsrats abgegeben würden.

Was werden Sie nun unternehmen?

Derzeit sind alle Optionen offen. Adecco sollte nach Ziel geführt werden, den Wert für die Aktionäre zu steigern, nicht nach Aspekten des Egos. Würde man andere Grossaktionäre wie Artisan Partners, Capital Group oder Franklin Resources fragen, wen sie als CEO bevorzugt hätten, wäre die Antwort wohl klar ausgefallen: Dominik de Daniel. Wir denken deshalb nicht, dass der VR-Präsident wieder gewählt werden sollte. Er bewegt sich nun auf sehr dünnem Eis.

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