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13:54 Uhr - 16.10.2015

Faber: «Ich erwarte keine neuen Höchstkurse»

Wie Marc Faber im Interview mit «Finanz und Wirtschaft» erklärt, glaubt er nicht an die Fortsetzung der Aktienhausse. Irgendwann werde sich irgendwann die ökonomische Realität durchsetzen, sagt er.

Der Schweizer Anlageexperte Marc Faber ist bekannt als Dauerpessimist, was ihm nicht immer gerecht wird. Gegenwärtig macht er seinem Ruf allerdings alle Ehre, erwartet er doch eine Abschwächung der Weltwirtschaft, die sich an den Börsen bemerkbar machen wird. So erklärt er im Gespräch mit «Finanz und Wirtschaft», warum die bisherige Konjunkturlokomotive USA bald stottern und die dortige Börse schwächeln dürfte. Ohne ihren Leithammel ist eine Fortsetzung der Hausse an den weltweiten Aktienmärkten höchst unwahrscheinlich.

Zur PersonDer Schweizer Anlagestratege Marc Faber mit Wohnsitz in Thailand wird oft als chronischer Baissier und «Dr. Doom» bezeichnet. Er ist jedoch mehr Contrarian als Untergangsprophet und gibt auch Kaufempfehlungen ab. Darunter besonders erfolgreich waren beispielsweise asiatische Aktien, Gold und Rohstoffe im Jahr 2002, als Investoren einen weiten Bogen um diese Anlagen machten, oder 2012 italienische und spanische Aktien. Im Herbst 2013 empfahl er US-Treasuries, die danach zu den besten Anlagen zählten.

Der 69-jährige Faber studierte an der Universität Zürich Wirtschaftswissenschaften und doktorierte auch in seiner Heimatstadt. Von 1970 bis 1978 arbeitete er bei White Weld & Company in New York, Zürich und Hongkong, wohin er 1973 zog. Von 1978 bis 1990 war er Managing Director bei Drexel Burnham Lambert. Danach gründete er die Investmentgesellschaft Marc Faber Ltd. mit Sitz in Hongkong.
Herr Faber, der amerikanische Leitindex S&P 500 (SP500 2023.86 1.49%) notiert wieder über 2000. Ist die Korrektur bereits vorbei?
Das glaube ich nicht. Nach dem Einbruch der letzten Monate war die US-Börse überverkauft. Deshalb war eine temporäre Erholung zu erwarten. Doch im Bereich von 2050 und 2134 – dem Höchst vom Mai – warten Widerstände, die der Index kaum überwinden dürfte, weil in diesem Bereich die Anleger verkaufen, die zu Höchstkursen eingestiegen sind.

Reicht das für weitere Kursverluste?
Natürlich gibt es auch fundamentale Gründe, die gegen höhere Kurse sprechen. Die weltweite Liquidität nimmt ab, weil die Devisenreserven sinken – verursacht durch den tieferen Ölpreis und die gemessen in Dollar geringeren Exporte. Für die Finanzmärkte ist das kein gutes Zeichen.

Wie präsentiert sich die Konjunktur?
Der Ausblick für die Weltwirtschaft ist sehr bescheiden. Europa kommt kaum vom Fleck, während sich das Wachstum in China deutlich verlangsamt und gegenwärtig maximal 3 bis 4% pro Jahr beträgt. Dasselbe gilt für andere Schwellenländer. In Asien fallen die Exporte in praktisch allen Ländern, Brasilien und Russland befinden sich in der Rezession.

Die US-Wirtschaft hält sich nicht schlecht.
Seit dem Jahrtausendwechsel trugen die Schwellenländer einen bedeutenden Teil zum Wachstum der amerikanischen Unternehmensgewinne bei. Damit ist jetzt Schluss. Deshalb dürfte sich auch die US-Konjunktur abkühlen. Die Distriktnotenbank von Atlanta rechnet noch mit 1% Wachstum im vierten Quartal. Auch Goldman Sachs (GS 184.96 3.04%) hat die Prognose gesenkt. Vieles deutet auf eine Rezession oder zumindest auf ein Nullwachstum der US-Wirtschaft.

Bisher haben die Börsen positiv auf schwaches Wachstum reagiert, weil die Notenbanken expansiv bleiben.
Irgendwann setzen sich die Fundamentaldaten durch. Yum Brands (YUM 69.27 1.01%), der Besitzer von Pizza Hut und Kentucky Fried Chicken, verlor 16%, nachdem der Umsatz in China enttäuschend ausgefallen war. Bei Umsatz- und Gewinnenttäuschungen korrigieren die betroffenen Aktien stark.

Opportunities 2016 «Finanz und Wirtschaft» lädt am 12. November 2015 zahlreiche renommierte Anlageexperten aus aller Welt ins Renaissance Tower Hotel in Zürich ein, um mit ihnen den Ausblick auf und Anlageideen für das neue Börsenjahr zu ergründen.

Als Sprecher mit dabei sind u. a. Marc Faber, Charles Biderman (TrimTabs Asset Management), Christopher Wood (CLSA), Dr. Oliver Adler (Credit Suisse), Anastassios Frangulidis (Zürcher Kantonalbank) sowie Dr. Daniel Kalt (UBS). Gewinnen Sie ein Ticket zur Konferenz unter www.forum-executive.ch/opportunities/gewinnspiel.
Wie wahrscheinlich ist eine geldpolitische Normalisierung durch die US-Notenbank?
Mit dem Aufschub der Zinserhöhung hat das Fed zugegeben, dass es auf internationale Ereignisse Rücksicht nimmt. Angesichts des starken Dollars, der Verknappung der Liquidität und des sich abkühlenden Wachstums wird das Fed die Zinsen dieses und auch nächstes Jahr nicht erhöhen, sofern die US-Wirtschaft in den nächsten sechs Monaten tatsächlich in die Rezession abgleitet. Im Gegenteil, es ist sogar denkbar, dass das Fed eine vierte Runde quantitativer Lockerung einläutet. Das dürfte dann der Fall sein, wenn die US-Börse 20% korrigiert – der S&P 500 also auf 1600 fällt. Darauf dürfte sich die Börse erholen, doch neue Höchst sind auch in diesem Fall unwahrscheinlich.

Warum glauben Sie nicht an neue Höchst?
Einige zyklische Sektoren sind bereits eingebrochen. Da sie von einer gesunden Weltwirtschaft abhängig sind, werden sie sich kaum nachhaltig erholen. Um Weltwirtschaft und Börsen zu beleben, müssten die Notenbanken 4 bis 5 Bio. $ in die Märkte pumpen.

Was spricht dagegen?
Immer mehr bekannte Ökonomen und Personen mit politischem Gewicht fragen sich, ob die expansive Geldpolitik die richtige Medizin ist. Das Weltsozialprodukt wird in Dollar gemessen. Verliert nun der Yen wegen des Gelddruckens 40%, sinkt die japanische Wirtschaftsleistung in Dollar im selben Ausmass. Der Welthandel wird ebenfalls in Dollar gemessen. Durch die Abwertung importiert Japan weniger – sowohl in Yen wie in Dollar. Obwohl die Exporte in Yen steigen, sinken sie in Dollar. Darum belastet die Gelddruckerei ausserhalb der USA die Weltwirtschaft und den Welthandel.

Hat die expansive Politik weitere Nachteile?
In den USA und auch in anderen Ländern haussierten die Vermögenspreise. Das gilt auch für die Immobilienpreise, was mit markant steigenden Mieten einherging. Wegen Obamacare sind auch die Versicherungsprämien in die Höhe geschossen – um 30 bis 50 oder gar 60%. Das ist eine grosse Belastung für den amerikanischen Durchschnittshaushalt, das frei verfügbare Einkommen ist deshalb tendenziell gesunken.

Dafür hat sich der Arbeitsmarkt erholt.
Tatsächlich wurden seit 2009 Stellen geschaffen. Nur: Wenn Sie zwei Teilzeitjobs ausüben, werden diese doppelt gezählt. In den USA wurden viele gute Arbeitsplätze durch Teilzeitjobs ersetzt. Die Qualität des Arbeitsmarktes hat sich demnach verschlechtert.

Was bedeutet eine Verschiebung der Zinserhöhung oder gar ein QE4 für den Dollar?
Ich glaube nicht an einen langfristig starken Dollar. Zwar hat sich wegen gesunkener Rohstoffimporte die amerikanische Handelsbilanz verbessert. Doch die Güterimporte sind stark gestiegen, während die Exporte sinken. Die US-Wirtschaft ist also immer noch nicht besonders konkurrenzfähig. Zudem würde das Fed keine weitere kräftige Aufwertung zulassen, weil der starke Dollar auf der Wirtschaft lastet. Das denkt zumindest die US-Notenbank – meiner Ansicht nach ist eine starke Währung vorteilhaft.

Wie werten Sie den Einsturz der chinesischen Börse?
Der Kurssprung von 150% seit Sommer 2014 wurde von einer gewaltigen Spekulation auf Kredit getrieben, die 4% der chinesischen Wirtschaftsleistung erreichte – in den USA sind es «nur» rund 2,6%. Inzwischen hat die Börse die Exzesse teilweise korrigiert. Ich glaube nicht, dass die chinesischen Indizes unter den Stand von Juni 2014 fallen, sondern erwarte eine Stabilisierung – zumal China ebenfalls Geld drucken und den Yuan abwerten kann.

Droht der Weltwirtschaft deshalb ein deflationärer Schock?
Ich rechne mit einer weiteren Abwertung von bis zu 10%. Das ist weniger als in Japan, Brasilien oder der Türkei. China steht aber nicht unter Druck, denn Handels- und Leistungsbilanz sind immer noch positiv. Zudem könnten die Kapitalabflüsse unterbunden werden, weil China den Devisenhandel kontrolliert.

China wertet also nicht so stark ab, dass es dem Rest der Welt wehtut?
Der Rest der Welt wird vor allem die wirtschaftliche Abkühlung spüren, die von China ausgeht, etwa bei den Automobilverkäufen oder den Luxusgütern, für die China ein wichtiger Markt war.

Wie soll sich ein Investor positionieren?
Gold- und Goldminenwerte sind attraktiv, wenn man die Schwankungen erdulden kann. Ich halte auch US-Staatsanleihen, die von einer Wachstumsverlangsamung profitieren werden und bei zehnjähriger Laufzeit über 2% abwerfen – das ist ansprechend im Vergleich zu deutschen, französischen, italienischen oder spanischen Papieren. Bargeld halte ich als Reserve, um nach Korrekturen günstig einsteigen zu können.

Wann ist die Zeit reif, Schwellenländeraktien zu kaufen?
Meine Aktien- und Immobilienquote decke ich vor allem mit asiatischen Investments ab. Über zehn Jahre werden Sie mit asiatischen Aktien wesentlich mehr verdienen als mit US-Valoren. In den USA halte ich praktisch nur Goldminen, wobei ich physisches Gold (Gold 1178.1 -0.29%), Platin (Platin 30463 -0.82%) (Platin 996.25 -1.07%) und Silber (Silber 488.5 -0.81%) (Silber 15.97 -0.99%) den Aktien vorziehe. Wobei: Wenn alles schiefgeht, werden die Behörden Wege finden, um die Besitzer von Edelmetallen zu enteignen.

Warum ist Gold trotz der ganzen Gelddruckerei so schwach?
Wenn neues Geld geschaffen wird, steigen nicht alle Preise gleichmässig. Gold hat sich zwischen 1999 und 2011 sehr gut gehalten – bis hin zur spekulativen Euphorie. Die Baisse hält nun seit vier Jahren an, obwohl viel Geld gedruckt wurde und die weltweite Verschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung 30% höher liegt als 2007. Gleichzeitig haussierten Aktien und Anleihen – im Vergleich dazu ist Gold günstig.

Was halten Sie von den Negativzinsen in der Schweiz?
Negativ- oder auch Nullzinsen in Kombination mit Vermögenssteuern sind eine Enteignung und verstossen gegen die Schweizer Verfassung. Dazu kommt, dass sich sparen nicht mehr lohnt. Wie können Sie so ein Vermögen aufbauen?

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