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12:53 Uhr - 20.04.2016

ABB mit verbesserter Marge

Der Automations- und Energietechnikkonzern hat im ersten Quartal 2016 trotz schwierigen Marktverhältnissen die Profitabilität steigern können. Weiterer Treiber für den Aktienkurs könnte eine Abspaltung der Division Stromnetze sein.

ABB (ABBN 20.18 3.33%) spürt den Gegenwind aus den Märkten. Auftragseingang, Umsatz, Betriebs- und Reingewinn haben im ersten Quartal 2016 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in Dollar – der Rechnungswährung des Automations- und Energietechnikkonzerns – abgenommen. Erfreulich ist, dass die Betriebsmarge und der operative Cashflow gesteigert werden konnten. Was den kurzfristigen Ausblick anbelangt, bleibt ABB defensiv: «Wir erwarten, dass die herausfordernden Marktbedingungen anhalten», sagte CEO Ulrich Spiesshofer in einem Konferenzgespräch mit Journalisten anlässlich der Resultatpräsentation.

Die Nachfrage in den drei grossen Kundensegmenten von ABB spiegelte im ersten Quartal die fortgesetzten makroökonomischen Unsicherheiten. Versorgungsunternehmen blieben zurückhaltend, nahmen jedoch weiterhin gezielte Investitionen zur Förderung der Netzintegration von erneuerbaren Energien und zur Verbesserung der Versorgungssicherheit vor. Die Nachfrage von Industriekunden war insbesondere in der Prozessindustrie gedämpft. Die niedrigen Öl- und Gaspreise führten im Berichtsquartal erneut zu rückläufigen Investitionen von Öl- und Gaskunden. Der Transport- und Infrastrukturmarkt zeigte sich durchwachsen, wobei Lösungen zur Steigerung der Energieeffizienz, zur Verbesserung der Betriebssicherheit und zur Unterstützung von Infrastrukturprojekten weiterhin rege nachgefragt wurden.

Schwache Nachfrage in Amerika

In Europa wurde die Nachfrage im ersten Quartal durch den Bausektor und die Netzintegration erneuerbarer Energien positiv beeinflusst. Auf dem amerikanischen Kontinent herrschte bei schwächerer Industrietätigkeit eine gedämpfte Nachfrage, vor allem im Öl- und Gassektor sowie in der Bergbauindustrie. In Asien, dem Nahen Osten und Afrika – insbesondere in den grössten Märkten China und Indien – waren Anzeichen einer positiven Nachfrageentwicklung zu beobachten.

Der Auftragseingang verringerte sich im ersten Quartal 2016 gegenüber dem Vorjahreszeitraum 11% auf 9,3 Mrd. $. Der starke Rückgang ist auf bedeutende Grossaufträge im ersten Quartal 2015 zurückzuführen. Die Basisaufträge (unter 15 Mio. $) reduzierten sich 5%. Der Auftragsbestand betrug Ende März 2016 rund 26 Mrd. $ – 2% mehr als Ende März 2015. Der Umsatz ging 8% auf 7,9 Mrd. $ zurück. Wichtiger Grund waren Rückgänge bei kurzfristig umsatzwirksamen Aufträgen, verursacht durch die schwache Nachfrage in der Prozessindustrie. Das Verhältnis von Auftragseingang zu fakturiertem Umsatz (Book to Bill Ratio) lag im ersten Quartal 2016 bei 1,17, verglichen mit 1,22 in der Vorjahresperiode.

Schweigen zur Division Stromnetze

Der Betriebsgewinn auf Stufe Ebita verringerte sich leicht 1% auf 943 Mio. $. Die Ebita-Marge erhöhte sich 0,9 Prozentpunkte auf 12%. Massgebend dafür waren der fortgesetzte Turnaround in der Division Stromnetze sowie erfolgreiche Produktivitätssteigerungs- und Kostensenkungsmassnahmen. Der Konzerngewinn ging 11% auf 500 Mio. $ zurück. Ursächlich waren vor allem Restrukturierungskosten und Wechselkursänderungen. Der operative Cashflow stieg 199% auf 252 Mio. $. Der Sprung ist auf ein verbessertes Management des Umlaufvermögens und geringere Ertragssteuerzahlungen zurückzuführen.

Die im vergangenen Herbst angekündigte strategische Überprüfung der Division Stromnetze verläuft gemäss ABB «nach Plan». Über Ergebnisse will der Konzern erst am Kapitalmarkttag am 4. Oktober informieren. Vorgenommen wird eine umfassende Prüfung, wie CEO Spiesshofer im Konferenzgespräch mit Journalisten sagte. Angeschaut werden Struktur, Prozesse, Angebotsportfolio und Eigentümerschaft der Division. Was Letzteres betrifft, sind «alle Optionen auf dem Tisch», wie Spiesshofer im Herbst in einem Interview mit «Finanz und Wirtschaft» erklärte. Zu Spekulationen, die jüngst gute Performance der Division deute auf ein Verbleiben im Schoss von ABB hin, nahm Spiesshofer keine Stellung. Auch auf eine Frage, ob es schon Anfragen von möglichen Käufern gebe – als Interessent genannt wird etwa State Grid Corporation of China, der grösste Stromnetzbetreiber im Reich der Mitte –, gab er keine Antwort.

Ausblick betont Unsicherheiten

Eine konkrete Prognose für das laufende Geschäftsjahr 2016 machte ABB nicht. Im kurzfristigen Ausblick heisst es in der Mitteilung zum Quartalsabschluss lediglich, dass makroökonomische und geopolitische Entwicklungen auf ein «uneinheitliches Szenario mit anhaltenden Unsicherheiten» hinwiesen. Einige makroökonomische Signale aus den USA seien weiter positiv. Was China betrifft, wird erwartet, dass sich das Wachstum fortsetzt, wenn auch auf tieferem Niveau als 2015. Die Märkte seien zudem durch das verhaltene Wachstum in Europa und die geopolitischen Spannungen in verschiedenen Teilen der Welt belastet. Der Ölpreis und Effekte aus der Währungsumrechnung würden das Konzernergebnis voraussichtlich weiterhin beeinträchtigen.

Die ABB-Aktien rückten am Mittwoch nach der Resultatpublikation bis am Mittag um 3% vor. Seit Januar sind sie 12% gestiegen. Sie schneiden damit klar besser ab als der Schweizer Blue-Chip-Index SMI (SMI 8116.41 -0.45%), der 8% gefallen ist. Seit 2014 ist der Kurs der Titel jedoch mehr oder weniger stetig gesunken. 2015 resultierte ein Minus von gut 14% – deutlich schwächer als der Gesamtmarkt, der nur 2% verlor. Vom operativen Geschäft von ABB her dürfte angesichts des verhaltenen Ausblicks kaum eine weitere Unterstützung des wiedergefundenen Aufwärtstrends des Aktienkurses kommen. Positive Impulse für die Valoren könnten aber von einer allfälligen Abspaltung der Division Stromnetze ausgehen. Risikofähige Anleger können darauf eine Wette eingehen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2016 von 19 sind die Aktien angemessen bewertet. Für 2016 kann eine ansprechende Dividendenrendite von 3,7% erwartet werden.

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