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11:13 Uhr - 05.12.2014

Der Fussballleibchen-Milliardär aus England

Sports Direct eröffnet die erste Filiale in der Schweiz. Damit ist der von Mike Ashley kontrollierte Sportartikelhändler in zwanzig europäischen Ländern präsent.

Der Gründer und Mehrheitsaktionär des neu auch in der Schweiz vertretenen Sportartikelhändlers Sports Direct, Mike Ashley, polarisiert. Vor einem knappen Monat warf ihm Ed Miliband, der Führer der oppositionellen Labour-Partei in Grossbritannien, in einer öffentlichen Rede vor, das Gros der rund 20’000 britischen Sports-Direct-Angestellten zu Konditionen wie während des Viktorianischen Zeitalters im Neunzehnten Jahrhundert zu beschäftigen. Der hochrangige Politiker kritisierte, dass acht von zehn Sports-Direct-Mitarbeitern in Grossbritannien mit sogenannten Null-Stunden-Verträgen lediglich auf Abruf und damit ohne Anspruch auf Ferien- oder Krankengeld beschäftigt würden.

Learning on the job

Ashley, der direkt nach der Schule mit dem Handel von Sportartikeln begonnen und nie eine weiterführende Schule besucht hat, ist andererseits bekannt dafür, einen wesentlichen Teil der Belegschaft mit Aktien am Unternehmenserfolg zu beteiligen. Der aktuelle noch bis Ende dieses Geschäftsjahrs (per Ende April 2015) laufende Plan verspricht Ausschüttungen im Gegenwert von rund 140 Mio. £ (215 Mio. Fr.) an 3000 Beschäftigte. Damit, rechnete die «Financial Times» (FT) vergangenen Juli vor, könne sich ein sonst regulär zu 20’000 £ pro Jahr entlohnter Mitarbeiter auf einen Zustupf von ungefähr 70’000 £ verteilt über drei Jahre bis 2017 freuen.

Damit der aktuelle Erfolgsplan zur Auszahlung gelangt, muss Sports Direct im laufenden Geschäftsjahr einen um die Kosten der ausserordentlichen Mitarbeitervergütung bereinigten Betriebsgewinn vor Abschreibungen und Amortisation (Ebitda) von 300 Mio. £ erwirtschaften. Diese Hürde sollte das Unternehmen jedoch ohne grössere Probleme nehmen, nachdem es schon im vergangenen Jahr auf dieser Basis 331 Mio. £ verdient hat.

Zahlen innerhalb von fünf Jahren verdoppelt

Über die vergangenen fünf Jahre gerechnet verdoppelte der grösste britische Sportartikelhändler sowohl den Ebitda als auch den Umsatz. Letzterer erreichte zuletzt 2,7 Mrd. £. Ashley, der diesen Dezember den fünfzigsten Geburtstag feiert, blickt auf über dreissig Jahre Branchenerfahrung zurück, weswegen er im Geschäftsbericht von Sports Direct auch als «unschätzbar» (invaluable) gepriesen wird.

Im britischen Heimmarkt stösst das Unternehmen allerdings seit geraumer Zeit an Wachstumsgrenzen. Rund 400 Filialen hatte die Gesellschaft in Grossbritannien bereits zur Zeit ihres Börsengangs 2007. Die gegenwärtige Expansion verdankt sie einer beschleunigten Internationalisierung. Die Schweiz, wo diese Woche eine erste Filiale in Bern die Türen geöffnet hat, ist das zwanzigste von der Sports-Direct-Kette abgedeckte europäische Land.

Im Hintergrund

Ashley wohnt im vornehmen, als Beverly Hills der britischen Hauptstadt bekannten Londoner Stadtteil Totteridge. Sein Vermögen wird von der FT auf rund 4 Mrd. £ geschätzt. Seit dem Börsengang von Sports Direct hält Ashley nur noch knapp 58% des Aktienkapitals. Der öffentlichkeitsscheue Sohn eines Fabrikdirektors und einer Sekretärin liess sich damals auch zu einem stellvertretenden Exekutiven Chairman «degradieren». Damit bleibt ihm die Mühsal erspart, sich mit kritischen Fragen von Investoren oder Journalisten auseinanderzusetzen. Bei Sports Direct übernimmt sein langjähriger Weggefährte, CEO Dave Forsey, diese Aufgabe.

Das Interesse von Mike Ashley gilt längst nicht mehr nur Sports Direct. Passend zum blühenden Handel des Unternehmens mit Fussballeibchen ist, dass Ashley seit 2007 auch den Fussballclub Newcastle United besitzt. Weitere knapp 9% hält er an Glasgow Rangers. Via Optionen hat Ashley zudem seine Fühler in Richtung der beiden britischen Einzelhandelsunternehmen Debenhams und Tesco (TSCO 186.65 -1.22%) ausgestreckt. Beide Unternehmen könnten als verlängerter Vertriebskanal für Sportmarken wie Dunlop und Slazenger dienen, die Ashley via Sports Direct ebenfalls kontrolliert.

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