Nationalbankpräsident Thomas Jordan wendet sich gegen die Forderung, Notenbanken künftig politisch mehr einzubinden.
Der Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB (SNBN 4160 -0.29%)), Thomas Jordan, nutzte am Donnerstag einen Auftritt an der Frankfurter Goethe-Universität, um für die Unabhängigkeit der Zentralbanken zu werben. Sie ist zwar in fast allen Ländern gesetzlich garantiert. Aber Jordans Plädoyer trägt dem Umstand Rechnung, dass das Thema Unabhängigkeit vermehrt in Diskussion geraten ist. Angesichts der Einführung von Negativzinsen und der milliardenschweren Aufkäufe von Schuldtiteln staatlicher und privater Emittenten häufen sich die Stimmen, die eine stärkere politische Einbindung der Notenbanken fordern.
Es sei erforderlich, dass Zentralbanken ihr Handeln immer wieder ausführlich erklärten und begründeten, sagt Jordan gemäss Redetext. Sie müssten darlegen können, dass ihre Unabhängigkeit den Bürgern Vorteile bringe. Die Unabhängigkeit einer Zentralbank sei nicht naturgegeben, sondern müsse immer wieder neu verdient werden.
Mandate nicht zu eng definieren
Auf den Vorwurf, dass Zentralbanken von ihrem Mandat abweichen, entgegnet Jordan: «Ein Mandat umschreibt in der Realität meist die Grundgedanken, an denen sich das Handeln einer Zentralbank orientieren muss, und gibt nicht eine mechanistisch anwendbare Entscheidungsrichtlinie für jede mögliche zukünftige Situation vor.» Zentralbanken erhielten dadurch Flexibilität, was in Anbetracht eines Umfelds, das sich schnell und überraschend ändern könne, sinnvoll sei. Beispielsweise wenn neue geldpolitische Instrumente erforderlich würden.
Zentralbanken müssten daher eine Güterabwägung im Sinne des Mandats vornehmen. Nur so sei garantiert, dass die Instrumente verhältnismässig eingesetzt würden. Deshalb dürfe auch «nicht jede kurzfristige Abweichung von der Preisstabilität oder der Vollbeschäftigung als Legitimation für Aktivismus dienen».
Notenbankgewinne nicht politisieren
Jordan nutzte die vom Center for Financial Studies (CFS) organisierte Vorlesung auch, um dem Vorschlag zu widersprechen, die Verwaltung der SNB-Währungsreserven sei auszulagern. So werde angeregt, die Aktiven der SNB in Projekte zur Förderung von Innovation oder der inländischen Infrastruktur zu investieren. Das führe aber zwangsläufig zu einer Verpolitisierung der Geldpolitik. «Gewinne und damit verbundene Ausschüttungen dürfen nicht das Ziel der Geldpolitik sein, sie bilden lediglich ein Nebenprodukt», mahnt der Notenbankchef an die Adresse der Politik.
Letztlich sei die geldpolitische Unabhängigkeit von Zentralbanken nur ein Mittel zur Erreichung eines höheren Zwecks. Solange sie für die jeweilige Gesellschaft vorteilhaft sei und dies deutlich gemacht werden könne, sei auch mit einer breiten Akzeptanz für eine unabhängige Zentralbank zu rechnen.
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