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14:54 Uhr - 19.10.2016

«Die CS-Aktien sind sehr attraktiv»

Urs Beck, Fondsmanager für Schweizer Aktien von EFG Asset Management, setzt seit Jahresbeginn wieder mehr auf grosskapitalisierte Unternehmen.

Herr Beck, Large Caps haben 2016 gegenüber dem breiten Markt schlecht abgeschnitten. Kann man jetzt zugreifen?
Bei den Large Caps haben vor allem die beiden Pharmaunternehmen und die beiden Grossbanken seit Jahresbeginn viel verloren. Diese vier Titel erklären mehr als den gesamten Rückgang. Nicht alle vier sind aber ein Kauf.

Urs Beckzoom«Die Bewertung des breiten Schweizer Aktienmarktes ist fair.» Bild: ZVG

zoom

Welche sind attraktiv?
Roche (ROG 235 0.6%) ist für mich attraktiv. Für Novartis (NOVN 75.05 -0.13%) ist es noch zu früh. Novartis scheinen fair bewertet und bieten wenig Potenzial.

Roche bietet Potenzial?
Roche gibt mehr für Forschung und Entwicklung aus als für den Verkauf und das Marketing. Bei anderen Pharmaunternehmen wie Novartis ist das nicht der Fall. Zudem profitiert Roche mit der Diagnostics-Sparte vom Trend zu personalisierter Medizin. Bevor ein Krebspatient ein Medikament erhält, wird er getestet, ob es überhaupt wirkt. Das hilft Roche.

Pharmaaktien leiden unter den US-Wahlen und der Sorge um schärfere Preisregulierungen. Zu Recht?
Kurzfristig wird sich nicht viel ändern in den USA. Hillary Clinton ist eine regelmässige Twitter-Kommentatorin und beeinflusst die Anlegerstimmung. Das bewegt wiederum die Kurse. Anders sieht es langfristig aus. In den USA steigen die Medikamentenpreise nach der Zulassung, in Europa sinken sie. Das amerikanische Modell wird sich anpassen müssen.

Kaufen Sie auch Grossbanken?
Beide Grossbanken haben ein Bewertungsniveau erreicht, das meiner Meinung nach sehr attraktiv ist. Ich schaue auf den materiellen Buchwert je Aktie. Seit der Finanzkrise bewegt sich der materielle Buchwert der Credit Suisse (CSGN 13.45 2.2%) um die 20 Fr. je Titel – inklusive der Kapitalerhöhungen. Bei UBS (UBSG 13.42 0.68%) ist er gar gestiegen. Ende Jahr lag er bei 13 Fr. Beide Unternehmen schütten zudem eine Dividende aus. Eine UBS unter 13 Fr. ist attraktiv, und eine Credit Suisse bei 13 Fr. mit einem Buchwert von 20 Fr. ist ein klassischer Value Case.

Credit Suisse ein Value Case? Sie hat Millionen an Bussen zahlen müssen und war in unzählige Rechtsfälle verwickelt.
Und dennoch blieb der Buchwert bei 20 Fr. je Aktie stabil. Credit Suisse ist einer der grössten Vermögensverwalter der Welt. Das ist ein stabiles Geschäftsmodell mit stabilem Gewinn und stabilem Cashflow. Und das konnte die Probleme aus der Investmentbank kompensieren. Der aktuelle Kurs sagt, dass Credit Suisse viel schlechter wirtschaftet als in der Vergangenheit, und das ist nicht der Fall.

Dann haben Sie also zugekauft?
Ganz genau. Bei Credit Suisse sehe ich mehr Potenzial als bei UBS. Deshalb ist sie gegenüber dem Index leicht übergewichtet, UBS leicht untergewichtet.

Haben Sie 2016 Large Caps aufgebaut?
2016 habe ich Large Caps von 30 auf 40% erhöht. Ins Jahr ging ich ohne UBS und CS, jetzt machen sie 6,5% aus. Auch Swiss Re (SREN 89.3 -0.06%) und ABB (ABBN 22.17 -0.14%) habe ich aufgebaut.

Ging dies auf Kosten von Small Caps, die ein hervorragendes Jahr haben?
Ich investiere dort, wo ich Potenzial sehe, und orientiere mich nicht an der Einteilung der Börse. Für mich kommen rund 150 der 207 Titel aus dem Swiss Performance Index für ein Investment in Frage.

Wo ziehen Sie die Grenze?
Ich ziehe keine absolute Grenze. Ich orientiere mich an der gefühlten Liquidität. Die Marktkapitalisierung im Streubesitz ist ein schlechter Indikator, ein bisschen besser ist das Handelsvolumen. Ein kleinkapitalisiertes Unternehmen, das sich um Investoren bemüht, kommt für mich in Frage.  Sobald es viele Parteien im Markt gibt, die das Unternehmen anschauen, weil ich mich dann in Blöcken bewegen kann.

Eine geringe Kapitalisierung hat Airopack.
Die Marktkapitalisierung im Streubesitz beträgt 52 Mio. Fr. Ich mache mir aber keine Sorgen. Ich halte gut 1% an der Gesellschaft. Sie hat eine spannende Technologie.

Der Verpackungshersteller schreibt aber seit Jahren Verlust.
Das ist so. Wenn ich schaue, wo das Unternehmen vom Geschäftsmodell her steht, gehört es nicht an die Börse. Airopack ist laut dem Management im besten Fall Ende 2017 profitabel. Für mich ist das ein Joker. Ich konnte zu einer günstigen Venture-Capital-Bewertung in das Unternehmen einsteigen.

Mit entsprechenden Risiken.
Ein Unternehmen in diesem Stadium hat immer Risiken. Die Technologie von Airopack funktioniert aber. Sie hat sich am Markt nur noch nicht durchgesetzt.

Ist Myriad (MYRN 2.73 1.49%) auch ein Joker?
Myriad schreibt wie Airopack noch keinen Gewinn und ist mein zweiter Joker. Zusammen kommen diese Titel auf ein Gewicht von 7%. Über 90% des Fonds sind in etablierten Businessmodellen investiert.

Welches sind für Sie die wichtigsten Bewertungskriterien für etablierte Namen?
Im Finanzsektor inklusive Immobilien schaue ich auf das Kurs-Buchwert-Verhältnis. Finanzunternehmen können rasch die Bilanzposten liquidieren.

Und für die anderen Sektoren?
Dort bewerte ich anhand des Unternehmenswerts zum Ebitda. Der Unternehmenswert bildet die Bilanzqualität ab, da die Nettoverschuldung zur Marktkapitalisierung addiert oder die Nettocashposition subtrahiert wird. Zudem ist der Betriebsgewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisationen weniger anfällig für Spielereien als der Gewinn. Der Gewinn kann von Sonderfaktoren, unterschiedlichen Abschreibungspraktiken gezeichnet sein. Der Ebitda nicht.

Wie bewerten Sie den gesamten Markt?
Der Unternehmenswert zum Ebitda beträgt für den SPI (SXGE 8841.88 0.27%) für das nächste Jahr 12. Ohne die Schwergewichte Novartis, Roche und Nestlé (NESN 74.7 -0.27%) beträgt er 10,6. In meinen Augen ist die Bewertung fair. Die am höchsten bewerteten Titel, die ich im Portfolio habe, sind Temenos (TEMN 66.15 0.61%) und Ypsomed (YPSN 193.4 0.26%). Hier rechne ich mit einem Gewinnwachstum, das über den Erwartungen liegt. Wie das bei Wachstumstiteln oft der Fall ist.

Gibt es auch Übertreibungen am Markt?
Es gibt Qualitätsaktien, die in meinen Augen die höchstmögliche Bewertung erreicht haben. Dazu zähle ich Lindt & Sprüngli (LISN 63970 0.49%), Partners Group (PGHN 497.75 0.25%), Komax (KOMN 237.8 0%) und Interroll (INRN 1146 0.7%). Das sind vier fantastische Unternehmen, aber sie sind mir zu teuer. Über zehn Jahre sind Partners Group aus dieser Gruppe vielleicht die beste Wahl, für mich sind die Opportunitätskosten in den nächsten zwölf Monaten aber zu hoch. Ich suche ein kurzfristigeres Kurspotenzial.

Was für Titel haben Sie zuletzt gekauft?
Bucher (BUCN 238.9 -0.04%) habe ich aufgebaut. Die Aktien des Landmaschinenherstellers waren wegen der schwachen Rohstoffpreise unter Druck. Steigen die Preise dereinst, dürften Bauern wieder in Landmaschinen investieren. Das dürfte bald passieren. Zudem sind die Analystenschätzungen mehrheitlich negativ. Sobald es besser geht, werden Bucher wieder empfohlen, und das gibt ihnen zusätzlichen Schwung.

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