Die amerikanische Notenbank stuft die Konjunkturlage freundlicher ein. Die Diskussion um den ersten Zinsschritt wird sich damit bald aufheizen.
Das Federal Reserve hat sich seit der Wirtschaftskrise immer wieder Sorgen um die tiefe Teuerungsrate gemacht. Erstmals räumt es nun ein, dass sich die Lage in dieser Hinsicht entspannt: «Die Inflation hat sich dem langfristigen Ziel des Komitees etwas genähert», teilte der Vorsitz der US-Notenbank am Mittwoch nach einem zweitägigen Treffen mit. «Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Inflation dauerhaft unter 2% bewegt, hat sich etwas verringert», heisst es im Statement weiter.
Die Währungshüter sehen ebenso im Arbeitsmarkt eine erfreuliche Entwicklung. Betonten sie bislang stets, dass sich die Arbeitslosenrate auf «erhöhtem Niveau» bewege, haben sie diesen Passus jetzt vollständig aus ihrer Konjunktureinschätzung gestrichen. Neu heisst es: «Die Bedingungen im Arbeitsmarkt haben sich verbessert, während die Arbeitslosenquote weiter abnimmt».
Wachstumsschub im zweiten Quartal
Die Nachrichten aus der US-Notenbank passen gut zur ersten Lesung zum Bruttoinlandprodukt, die das Commerce Department am Mittwoch veröffentlicht hat. Demnach ist die US-Wirtschaft im zweiten Quartal um 4% gewachsen, nachdem sie in den ersten drei Monaten 2,1% geschrumpft ist. Die Kerninflationsrate gemessen am Konsumentenpreisindex ohne Lebensmittel- und Energiekosten hat sich verglichen zur Vorjahresperiode um 1,5% erhöht.
Obschon die Frage nach dem ersten Zinsschritt mit dieser Entwicklung in den Vordergrund rückt, gibt es dazu allerdings keine klare Signale aus dem Fed. «Eine Reihe von Indikatoren zum Arbeitsmarkt» lege nahe, dass es dort noch immer «signifikante» Altlasten gebe, relativiert die US-Notenbank im Statement. Sie verspricht, die kurzfristigen Zinsen deshalb noch «für eine beträchtliche Zeit» auf tiefem Niveau zu belassen, nach dem sie das Stimulusprogramm QE3 beendet hat.
Verwirrung an Wallstreet
Investoren wussten nicht so recht, was sie mit diesen zweideutigen Äusserungen aus Washington anfangen sollten. Der US-Leitindex S&P 500 preschte zwar unmittelbar nach der Publikation des Fed-Statements vor, gab die Gewinne aber rasch preis und ging am Mittwoch nahezu unverändert aus dem Handel. Der Dollar und die Zinsen auf zehnjährige Staatsanleihen zogen an, wobei dafür jedoch die besser als erwarteten Daten zum Bruttoinlandprodukt hauptverantwortlich waren.
Das Fed wird die Wertschriftenkäufen im Rahmen des QE3-Programms im August erwartungsgemäss um weitere 10 auf 25 Mrd. $ pro Monat senken. An der vorangegangenen Sitzung von Mitte Juli hatte der Vorsitz bereits beschlossen, dass QE3 voraussichtlich nach der übernächsten Sitzung von Ende Oktober ganz gestoppt wird. Wie es nach QE3 mit der Geldpolitik weitergeht, wird jedoch bereits am kommenden Treffen der Währungshüter Mitte September ein heisses Thema sein.
Falken werden lauter
Hellt sich die Konjunktur bis dahin weiter auf, wird es für Notenbankchefin Janet Yellen zusehends schwieriger, ihre Kollegen im Fed-Vorsitz für eine Fortsetzung der ultralockeren Geldpolitik zu gewinnen. Bereits dieses Mal ist Charles Plosser, Präsident der Fed-Distriktnotenbank Philadelphia, vom Konsens im Gremium abgewichen. Als geldpolitischer Falke argumentiert er, dass die milde Zinsprognose mit Blick auf den «beachtlichen Fortschritt der Wirtschaft» nicht gerechtfertigt sei. Richard Fisher, Chef der Fed-Distriktnotenbank Dallas, hat zudem am Montag mit einem viel beachteten Gastartikel im «Wall Street Journal» vor den Gefahren supertiefer Zinsen gewarnt.
Umso genauer wird Wallstreet am Freitag den Arbeitsmarktbericht des Statistikamts BLS unter die Lupe nehmen. Seit Februar hat die amerikanische Wirtschaft jeden Monat mehr als 200‘000 Stellen geschaffen. Für Juli erwarten Ökonomen im Schnitt, dass gut weitere 230‘000 Jobs hinzu gekommen sind und die Arbeitslosenquote auf 6,1% verharrt ist. Grosse Beachtung wird zudem der ISM-Einkaufsmanagerindex zum verarbeitenden Gewerbe finden, für den von Juni zu Juli ein Anstieg von 55,3 auf 56 erwartet wird.
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