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10:36 Uhr - 27.06.2016

Der Druck auf den Franken ist stärker als gedacht

Die Nationalbank hat schon kurz vor dem Brexit mit der hohen Summe von 5 Mrd. Fr. interveniert. Um ihn zu parieren, war wohl ein noch grösserer Betrag nötig.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB (SNBN 1096 -1.26%)) stemmt sich mit Devisenkäufen gegen den starken Franken. Das gab sie am Freitagmorgen bekannt, und der Franken-Euro-Kurs erholte sich vom Brexit-Tief von 1.0624 Fr./€. Am Montagnachmittag handelte das Währungspaar auf 1.075 Fr./€. Wie viel Geld die SNB aufwenden musste, um den Kursverfall zu parieren, zeigen die aktuellen Daten vom Montag aber noch nicht.

In den letzten Monaten habe die SNB jeweils wöchentlich mit 1 bis 3 Mrd. Fr. interverniert, sagte Daniel Kalt, Chefökonom Schweiz von UBS (UBSG 12.58 -7.5%), am Freitag. «Es kann gut sein, dass es nun und auch in den kommenden Wochen jeweils 5 bis 10 Mrd. Fr. sind.»

Umfangreiche Intervention schon vor dem Brexit

Am Montag meldeten Nachrichtenagenturen denn auch, die Sichtguthaben der Banken bei der SNB hätten vergangene Woche 4,9 Mrd. Fr. zugenommen. Die Entwicklung der Sichtguthaben gibt einen Hinweis auf die Interventionen der SNB, der aktuelle Bestand wird jeweils am Montagvormittag für die Vorwoche publiziert.

Mit Blick auf den Brexit liegt das Problem darin, dass der Freitag nicht in den Daten enthalten ist. Ausschlaggebend ist das Valutadatum. Devisenkäufe vom Freitag werden mit Valuta Montag abgewickelt. Sie erscheinen somit erst am kommenden Montag in den Daten der SNB.

Die Zunahme der Sichtguthaben von 4,9 Mrd. Fr. geht also auf Interventionen zurück die zwischen Freitag 17. und Donnerstag 23. Juni stattfanden, jeweils mit Valuta einen Tag später. Wenn die SNB zur Schwächung des Frankens schon in den fünf Arbeitstagen vor dem Brexit fast 5 Mrd. Fr. aufwendete, liegt die Vermutung nahe, dass sie am Freitag mit einer noch höheren Summe eingegriffen hat. Der Einsatz ist grösser als es auf den ersten Blick scheint.

Aufwärtsdruck seit Anfang Juni

Der Franken war in der Tat schon vor dem Brexit erstarkt, der Euro wurde schwächer. Das Währungspaar sank vom Hoch am 6. Juni von 1.11 Fr./€ in nur zehn Tagen um 2,9% auf das damalige Jahrestief von 1.078 Fr./€. Dieses ist nicht viel höher als der gegenwärtige Stand von 1.075 Fr./€. Es sieht so aus, als ob die Nationalbank den Kurs vorerst nicht unter 1.07 Fr./€ fallen lassen will.

Dass der Druck andauert, spiegelt sich im Obligationenmarkt. Die Flucht in den sicheren Hafen Schweiz hat den Kurs zehnjähriger Anleihen der Eidgenossenschaft nach oben gedrückt. Damit ist der Marktzins weiter gesunken, am Freitag von –0,42 auf –0,54% und dann am Montag weiter auf –0,57%. Die Nulllinie wurde nach dem Frankenschock vom 15. Januar 2015 unterschritten, damals fiel die Rendite des zehnjährigen «Eidgenossen» auf –0,21%.

Der Wechselkurs zum Euro ist im Vergleich zum Donnerstagabend, als die Märkte noch von einem Verbleib Grossbritanniens in der EU ausgingen, per Saldo rund 3% gefallen. Das Pfund hat gegenüber dem Franken deutlich mehr verloren. Der Kurs ist seit Donnerstagabend gut 7% gesunken und notierte am Montagnachmittag 1.29 Fr./£.

Die SNB-Bilanz wächst weiter

Mit den Interventionen der SNB wächst ihre Bilanzsumme. Sie betrug per Ende März 646 Mrd. Fr., wovon der Fremdwährungsbestand 595 Mrd. Fr. ausmachte. Falls er nun wöchentlich 10 Mrd. Fr. steigt, wäre das ein Zuwachs von 1,6%. Hält der Druck an, ist damit zu rechnen, dass die Nationalbank eine Verschärfung der Negativzinsen erwägt (lesen Sie hier mehr dazu).

Vorerst beschränkt sich die SNB auf den Kauf von Fremdwährungen: Wenn sie die hohe Nachfrage nach Franken und den resultierenden Aufwärtsdruck parieren will, verkauft sie Franken gegen Devisen. Das tut sie via Geschäftsbanken am Devisenmarkt. Den Gegenwert der Transaktionen schreibt die SNB den Banken gut, auf deren Sichtguthaben. Deshalb gewährt die wöchentliche Aufstellung der Sichtguthaben einen aktuellen Einblick in die Interventionen der SNB – mit einem Tag Verspätung.

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