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14:40 Uhr - 06.10.2014

Dollar wird zur Belastung für US-Konzerne

Die Vorzeichen zur Saison der Quartalsabschlüsse stimmen vorsichtig. Ein Risikofaktor ist der festere Greenback, der speziell der IT- und der Energiebranche zusetzt.

Die Anspannung an Wallstreet wächst. Obwohl sich die Stimmung nach erfreulichen Zahlen vom Arbeitsmarkt zu Wochenschluss etwas aufgehellt hat, kommt das Börsenbarometer S&P 500 seit Anfang Juli kaum noch vom Fleck, und der Small-Cap-Index Russell 2000 fiel diese Woche sogar in einen Korrekturmodus. Mit Blick auf die Unternehmensresultate zum dritten Quartal müssen sich Investoren auf weitere Turbulenzen gefasst machen.

Die Small Caps brechen den AufwärtstrendLange haben kleinkapitalisierte Gesellschaften von der lockeren Geldpolitik und stark steigenden Gewinnen profitiert. Nun zeichnet sich ein Regimewechsel ab. Lesen Sie hier den Bericht von FuW-Redaktor Frank Heiniger.Den Anfang macht am Mittwoch wie immer der Alu-Riese Alcoa (AA 15.99 2.5%). Die Quartalszahlen präsentieren nächste Woche ebenso der Saatguthersteller Monsanto (MON 110.46 0.59%), der Grossist Cosco sowie der Getränke- und Snackproduzent PepsiCo (PEP 93.37 -0.14%). Anleger erhalten damit einen ersten Vorgeschmack, wie sich Corporate America in einem anspruchsvollen Umfeld mit gedämpftem Konjunkturwachstum und geopolitischen Risiken schlägt. Gemäss Thomson Reuters prognostizieren Analysten, dass die Konzerne aus dem S&P 500 den Gewinn pro Aktie durchschnittlich 6,4% gegenüber der Vorjahresperiode steigern konnten.

zoomDie Vorzeichen deuten darauf hin, dass viele Konzerne nach wie vor Mühe bekunden. Ein aktuelles Beispiel dafür liefert Agrium (AGU 85.62 1.9%). Der Düngerproduzent mit über 13 Mrd. $ Börsenwert warnte am Donnerstag, dass der Gewinn für das dritte Quartal nur 45 bis 55 Cent pro Titel betrage. Wallstreet hatte dagegen knapp 70 Cent erwartet. Wie der Datendienst FactSet vorrechnet, haben über 80 Unternehmen aus dem S&P 500 die Gewinnprognose seit dem ersten Semester nach unten korrigiert. Das ist zwar leicht weniger als in den vorangegangenen Quartalen, bewegt sich aber noch immer klar über dem langjährigen Schnitt.

Kein Zeichen der Stärke

Eine neue Herausforderung bringt der festere Dollar mit sich. Seit Anfang Juli hat sich der Greenback zum Euro um 8% verteuert und ist zum Yen knapp 7% gestiegen. Normalerweise wäre das ermutigend: Eine Aufwertung der Währung geht in der Regel mit einer robusteren Wirtschaft einher, was wiederum gut für die Unternehmen ist. In diesem Fall hat die Dollarstärke aber weniger mit einem Comeback der US-Konjunktur zu tun, sondern damit, dass sich die Aussichten im Rest der Welt eintrüben. Das könnte auch für Amerika zum Problem werden. «Investoren fürchten, dass der schwache Euro und Yen eher die USA belasten wird, als die Wirtschaft in der Eurozone und in Japan zu beleben», meint Aktienstratege Ed Yardeni.

zoomDer Rutsch am Devisenmarkt macht vor allem Konzernen aus den Sektoren Energie- und Werkstoffe zu schaffen. Das, weil an den globalen Rohwarenmärkten in Dollar gehandelt wird und ihre Erzeugnisse somit weniger wert sind. Der Preis für ein Fass der Ölsorte WTI etwa ist diese Woche erstmals seit April 2013 unter 90 $ gefallen, was auf den Gewinn von Kolossen wie Exxon Mobil (XOM 94.52 0.64%) und Chevron (CVX 118.09 0.32%) drückt. Im Bereich Energie und Werkstoffe haben die Analysten ihre Schätzungen denn auch am deutlichsten nach unten korrigiert – abgesehen vom Finanzsektor, wo die 17 Mrd. $ teure Rekordbusse von Bank of America (BAC 17.29 0%) das Bild verzerrt.

zoom«Die Dollarstärke birgt das Risiko von Enttäuschungen bei zyklischen Unternehmen mit bedeutendem Engagement im Ausland», denkt Liz Ann Sonders, Investmenstrategin von Charles Schwab. Das gilt speziell für die IT-Branche, die rund 60% der Einnahmen in Übersee erwirtschaftet. Notieren dort die Währungen schwächer, belastet das Umsatz und Gewinn bei der Umrechnung in Dollar.  Marktleader Apple (AAPL 99.62 0%) beispielsweise erzielt gemäss S&P Capital IQ nur 39% der Einnahmen im Heimmarkt, während es bei IBM (IBM 189.04 0.2%) rund 35 und bei Microsoft (MSFT 46.09 0%) 50% sind. Einen überdurchschnittlichen Anteil im internationalen Geschäft weisen ebenso Industrieunternehmen aus. Die  Sparten Telecom und Versorger sind hingegen kaum exponiert.

Toleranz nimmt ab

zoomDer härtere Dollar ist damit ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor an der Börse. Historisch lässt sich zwar kein klarer Zusammenhang zwischen Greenback und S&P 500 nachweisen, wie das Researchteam von Barclays (BARC 232.7 0.47%) festhält: So avancierten Dollar und US-Aktien zwischen 1995 und 2000 im Gleichschritt, wogegen sie sich nach dem Platzen der IT-Blase von 2003 bis 2008 in entgegengesetzte Richtung bewegten. Auch blieb der Dollar in den letzten fünf Jahren recht stabil, während der S&P 500 haussierte.

Dennoch sollten Investoren die Devisenmärkten im Auge behalten. Auf Basis der – reichlich optimistischen – Analystenschätzungen für die nächsten zwölf Monate sind US-Aktien zum Kurs-Gewinn-Verhältnis 15 teuer bewertet. Das lässt immer weniger Toleranz für Schwächen zu. Bereits in der vergangenen ­Berichtssaison wurden Unternehmen besonders hart abgestraft, die mit dem Umsatz enttäuschten. Die Dollarstärke macht es für Corporate America nicht einfacher, weshalb das Börsenklima auch in den kommenden Wochen rau bleiben dürfte.

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