Der Frauenanteil in den Konzernleitungen erreicht einen Spitzenwert. Nach ganz oben gelangen aber nur die wenigsten.
Es tut sich was in den Teppichetagen. Erstmals ist jede Zehnte Spitzenkraft in den Geschäftsleitungen von Schweizer Konzernen eine Frau. Jede fünfte Vakanz bei den hundert grössten Schweizer Arbeitgebern wurde im letzten Jahr mit einer weiblichen Kandidatin besetzt. Zu diesem Schluss kommt der diesjährige «Schilling Report».
Die fünfzehnte Ausgabe des Berichts hat die Entwicklungen in 118 Schweizer Geschäftsleitungen und neunzig Verwaltungsräten untersucht. Zunächst das Positive: Bei 53% der Konzerne sitzen eine oder mehr Frauen im Leitungsgremium. Umgekehrt sind bei 47% der Firmen überhaupt keine Frauen zu finden. Auch im Vergleich zum Ausland sind Managerinnen an den Schweizer Konzernspitzen untervertreten.
CEO immer noch ein Männerjob
Auffällig ist zudem, dass weibliche CEO wie Philomena Colatrella (CSS), Magdalena Martullo-Blocher (EMS Chemie), Jeannette Pilloud (Ascom (ASCN 7.68 1.19%)) oder Suzanne Thoma (BKW (BKW 84 -4.44%)) in der Schweiz absolute Ausnahmeerscheinungen sind.
Gemäss Studienautor Guido Schilling liegt das unter anderem daran, dass hierzulande immer noch wenige Frauen eine Ausbildung in Mint-Fächern (Mathematik, Ingenieurwesen, Naturwissenschaften oder Technik) einschlagen.
Deshalb finden sich bis zu drei Viertel der weiblichen Spitzenkräfte in Stabsfunktionen wie im Personal- oder Rechtsdienst wieder. Linienfunktionen wie Regionen- oder Bereichsleiter, die einen direkteren Weg an die oberste Konzernspitze eröffnen, bleiben deshalb oft Männern vorbehalten.
Frauenpipeline zahlt sich aus
Schilling stellt fest, dass viele Schweizer Unternehmen seit rund zehn Jahren für die Geschlechterfrage sensibilisiert seien und Frauen entsprechend gefördert hätten. Diese Firmen verfügten nun über eine weibliche Talent-Pipeline. «Unternehmen, die eine solche Pipeline aufgebaut haben, profitieren jetzt davon», sagt der Headhunter.
Diese von Schilling so genannte Gender-Diversity-Pipeline wird mit aufsteigender Hierarchie aber immer schmaler: Liegt in der Belegschaft der Anteil bei 38% Frauen, so sind es im mittleren Management nur noch ein Viertel, im Topmanagement 16% um dann zuoberst in den Geschäftsleitungen bei nur noch einen Zehntel zu liegen. Auffällig ist zudem, dass 61% der Managerinnen, die in eine GL-Funktion nachrücken, intern befördert wurden.
Auch im Vergleich zu Deutschland liegt die Schweiz im Rückstand. In den Vorständen der Dax-Konzerne sind 15% Frauen, in jenen des SMI (SMI 9693.08 -4.44%) 12%. Doch die SMI-Konzerne könnten bald aufholen: In der Schweiz wurde 2019 jede dritte GL-Vakanz mit einer Frau besetzt, im Dax (DAX 11500.64 -3.72%) war es nur jede fünfte.
VRs international im Hintertreffen
Auch in den Verwaltungsräten verschiebt sich das Geschlechterverhältnis zugunsten der Frauen. Zuletzt wurden 23% aller VR-Posten durch Frauen besetzt, im Vorjahr waren es 21%. Geht es in diesem Tempo weiter, werden bis 2024 mehr als 30% der Schweizer Verwaltungsräte Frauen sein.
Trotz positiver Tendenz, im Vergleich zum Ausland sind Schweizer Verwaltungsräte nach wie vor im Hintertreffen. Hierzulande erhöht sich der Frauenanteil hierzulande mit 2% im Jahr, so ist das Tempo in Ländern wie Irland (7%) oder Kroatien (10%) deutlich höher.
Auch in Deutschland, wo eine Frauenquote in den Aufsichtsräten von 30% vorgeschrieben ist, erhöhte sich der Anteil 2019 von 33% auf 36% schneller als in der Schweiz. Im SMI stieg der Anteil in derselben Periode von 24 auf 26%.
Stabiler Ausländeranteil
Der Ausländeranteil in den Verwaltungsräten steht derzeit bei 37%. Gemäss Schilling dürfte sich das Verhältnis weiterhin zwischen 36 und 39% bewegen. In den Geschäftsleitungen bewegte sich der Anteil in den letzten vier Jahren zwischen 43 und 45% und ist damit ebenfalls relativ stabil.
Gemäss Schilling sei jedoch auffällig, dass zwei Drittel der Ausländer eigentlich «inländische Ausländer sind». Das heisst sie waren bereits in der Schweiz oder in einem Schweizer Unternehmen tätig bevor sie in eine GL eines Schweizer Konzerns berufen wurden.
Lediglich 13% seien als «echte Ausländer» zu bezeichnen, die direkt aus dem Ausland in einen Schweizer Konzern geholt wurden und noch nie für ein Schweizer Unternehmen gearbeitet haben.
Trotz diesem relativ tiefen Anteil direkt importierter ausländischer Manager zeigt sich Schilling überzeugt, dass Schweizer Konzerne weiterhin auf die Zuwanderung ausländischer Toptalente angewiesen sein werden.
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.