Eine Managementtransaktion sorgt beim Biopharmaunternehmen für Gewinnmitnahmen. Davor hat sich der Wert der Titel vervielfacht.
Zuerst steil rauf, jetzt wieder steil nach unten: Der Kursverlauf von Relief Therapeutics (RLF 0.401 -42.71%) zeigt in den vergangenen Tagen markante Ausschläge. Am Dienstag sorgte wohl die Meldung der Schweizer Börse SIX über den Verkauf von 2 Mio. Aktien durch ein exekutives Verwaltungsrats- oder Geschäftsleitungsmitglied für einen Absturz um knapp die Hälfte auf noch 35 Rp.
Nach der jüngsten Avance waren die veräusserten Titel am Verkaufstag (7. August) rund 1 Mio. Fr. wert. Beim Verkäufer handelt es sich gemäss Angaben von Relief-Verwaltungsrat Tomaz Burckhardt um Yves Sagot. Der Mitbegründer und langjährige wissenschaftliche Direktor habe aus privaten Gründen einen Teil seiner Aktien verkauft. Gemäss Geschäftsbericht für 2019 war er davor im Besitz von fast 176 Mio. Aktien, was rund 10% des gesamten Kapitals entspricht.
Sagot hatte in den vergangenen Jahren relativ geringe Beträge zur Entlöhnung erhalten, 2019 waren es 50’000 Fr. Auf Basis des zuletzt erreichten Aktienhochs würde er für dieses Jahr ein Vermögen von rund 150 Mio. Fr. versteuern. Voraussichtlich wird er nur schon deswegen weitere Aktien verkaufen müssen.
Vergangene Woche war der Aktienkurs von Relief Therapeutics förmlich explodiert. Am vergangenen Dienstag berichtete die Gesellschaft über gute erste Resultate von Versuchen mit ihrem Entzündungshemmer Aviptadil. Am Freitagmorgen kosteten die Papiere zwischenzeitlich 80 Rp. bevor sie wieder etwas zurückgekommen sind. Am Montag davor lag der Preis bei etwas mehr als 3 Rp.
Der Treiber für diesen kometenhaften Anstieg heisst Aviptadil. Es ist ein vasointestinales Peptid, also eine relativ kurze Aminosäurenkette. Das Mittel kann Prozesse des Immunsystems beeinflussen, wird unter anderem aber auch für Erektionsstörungen eingesetzt. Wegen der entzündungshemmenden Eigenschaften hat Relief sein Produkt an Coronapatienten ausprobiert.
Erste Daten zum Einsatz von Reliefs Aviptadil sehen sehr vielversprechend aus. Demnach haben siebzehn von zwanzig schwerstkranken Coronapatienten überlebt. Das ist umso erstaunlicher, als es Patienten sind, die das Mittel unter dem «compassionate use program» erhalten haben. Das heisst, sie waren zu krank, um an einer regulären Studie teilzunehmen. Allerdings ist bei solchen ersten Daten mit nur wenigen Patienten Vorsicht geboten. Ob Aviptadil tatsächlich einen Vorteil bietet, ist nicht gesichert. Resultate aus einer regulären Phase-II/III-Studie zu dem Mittel werden demnächst erwartet. Sie umfasst aber ebenfalls nur rund achtzig Patienten.
Anfang Jahr wurden die Titel noch regelmässig für 0,1 Rappen gehandelt. Der diesjährige Kursanstieg beträgt denn auch schwindelerregende 60’000%. Das Handelsvolumen hat sich in den letzten Tagen vervielfacht. An einigen Tagen haben mehr als 300 Mio. Aktien die Hand gewechselt, rund zehnmal mehr als an den meisten Tagen zuvor. Das Unternehmen ist nun an der SIX mit gut 750 Mio. Fr. bewertet. Die extreme Kursreaktion auf den Verkauf durch Sagot zeigt, wie volatil die Papiere sind und dass das Vertrauen ins Unternehmen nicht allzu gross sein kann.
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