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11:41 Uhr - 20.01.2015

Collardi: «Position der Schweiz ist gefährdet»

In seiner Funktion als Präsident der Vermögensverwaltungsbanken ist Bär-CEO Boris Collardi verhalten optimistisch für die Branche. Die Schweiz könne an der Spitze bleiben – aber nur, wenn Banken und Regulatoren ihre Hausaufgaben machen.

Der Global Financial Centres Index zeigt für Boris Collardi klar, dass die Schweiz nach wie vor attraktive Rahmenbedingungen für Finanzdienstleister bietet. Aber: «Aus der Rangliste geht auch hervor, dass die Position des Schweizer Finanzplatzes gefährdet ist und wir in einem intensiven Konkurrenzkampf stehen», sagte er am Dienstag an der Jahrespressekonferenz der VAV (Vereinigung Schweizerischer Assetmanagement- und Vermögensverwaltungsbanken) in Bern.

Denn Zürich und Genf wurden im vergangenen Jahr von konkurrierenden globalen Finanzzentren überholt. «Dies hängt teilweise mit den Folgen der Wirtschaftskrise von 2008, aber auch mit dem steigenden politischen und regulatorischen Druck zusammen», ist Collardi überzeugt.

Ohne Gegenmassnahmen sinkende Margen

Das Private Banking ist das Segment mit der grössten Bedeutung. 2013 generierte es bei 3080 Mrd. Fr. verwalteten Vermögen über 26,5 Mrd. Fr. Ertrag. «Das sind fast 50% aller Erträge im Bankgeschäft und damit eine unabdingbare Stütze für die Wertschöpfung im Bankensektor», rechnete der Verbandspräsident vor.

Bis 2018 werden von dritter Seite eine Steigerung der verwalteten Vermögen von 2,8% pro Jahr und eine Erhöhung des jährlichen Bruttoertrags auf 30,3 Mrd. Fr. erwartet. Doch ist das realistisch? «Unsere Branche sieht sich mit beträchtlichen und steigenden administrativen Kosten konfrontiert, die auf neue regulatorische Vorgaben zurückzuführen sind», warnt Collardi. Ohne Gegenmassnahmen werde das «unweigerlich» zu sinkenden Margen führen.

Mehr noch: «Zudem könnte unsere Branche in den nächsten Jahren mögliche Zusatzopportunitäten verpassen, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen nicht stimmen.»

Konkurrenz holt auf

Die Ausgangslage im Vermögensverwaltungsgeschäft ist seiner Ansicht nach «ausgezeichnet». Die Schweiz sei mit einem globalen Marktanteil von 25% nach wie vor der mit Abstand grösste Private-Banking-Finanzplatz für die grenzüberschreitende Vermögensverwaltung. 2013 betrugen die grenzüberschreitend verwalteten Vermögen 2110 Mrd. Fr.

Für Boris Collardi ist aber klar, dass sich die Mitspieler nicht auf den Lorbeeren ausruhen dürfen. «Konkurrierende Finanzplätze aus Amerika, Asien und den britischen Inseln holen mit zum Teil deutlich höheren Wachstumsraten auf.»

Für die Schweizer Banken seien deshalb die Beachtung des Level Playing Field in regulatorischen und steuerlichen Fragen sowie ein freier Marktzugang in der Europäischen Union und in Drittstaaten von entscheidender Bedeutung. «Denn wir müssen künftig imstande sein, Finanzdienstleistungen nach Europa und anderen strategisch wichtigen Destinationen reibungslos zu exportieren. Nur so können wir die produzierenden Arbeitsplätze in der Schweiz erhalten und ausbauen.»

Anspruchsvollere Kunden

Anspruchsvoller werden gemäss Boris Collardi auch die Kunden. «Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung und des damit verbundenen Zugangs zu hochmodernen IT-Plattformen werden sie zunehmend selbständig.» Diese Trends, die die Branche disruptiv verändern, dürfe die Branche nicht verschlafen, appelliert Collardi an den gesamten Finanzplatz.

Sicher ist für ihn, dass der strukturelle Kostendruck und die benötigte kritische Masse einer Bank zunehmen und die Konsolidierung im Private Banking weiter anhält. «Die Konsolidierung wird aber nicht nur kleine Institute betreffen, sondern auch grosse, die mit ihrer Kapitalbasis nicht mehr in der Lage sein werden, die gleiche Vielzahl an Geschäften zu betreiben wie vor der Finanzkrise», ist er überzeugt.

«Nicht mehr für kleine Kunden»

Kleinere Institute, die sich auf eine ertragsbringende Nische fokussieren, werden seiner Meinung nach weiterhin ihren Weg finden. «Zudem korreliert eine sinkende Anzahl von Bankinstituten nicht mit der Grösse der verwalteten Vermögen und bedeutet daher nicht zwingend eine Reduktion der Arbeitsplätze, wenn der adäquate Marktzugang gewährleistet wird», ist Collardi überzeugt.

Optimistisch für die weitere Entwicklung des Private Banking stimmt seiner Meinung nach vor allem die weltweite Zunahme der privaten Vermögen um jährlich über 5%. «Von dieser Entwicklung müssen und werden wir auch profitieren, wenn unsere Branche strategisch richtig positioniert und aufgestellt ist und die Rahmenbedingungen stimmen», ist Collardi überzeugt. Es sei aber gleichzeitig erkennbar, dass die Schweiz für ausländische Anleger mit geringeren Vermögen früher oder später nicht mehr attraktiv sein werde.

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