Zurück zur Übersicht
08:45 Uhr - 28.11.2014

IFZ-Professor Lengwiler: «Eine Bankkarriere ist etwas vom Besten»

Christoph Lengwiler, Leiter des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern, sagt im Interview, wo es im Banking gute Jobaussichten gibt.

Der Finanzsektor ist in Bewegung. Neue Geschäftsmodelle, Regulierungen, Kundenbedürfnisse und Digitalisierung stellen erhöhte Anforderungen an die Beschäftigten – eine Steilvorlage für Aus- und Weiterbildung, würde man meinen. Doch so einfach ist es nicht. Wohl steigt das Angebot, «aber vieles ist eher fürs Schaufenster, die Nachfrage nach Weiterbildung in Banking & Finance stagniert», sagt Christoph Lengwiler, Leiter des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern.Zur PersonChristoph Lengwiler (55) leitet das IFZ seit 1997. Das Fachhochschulinstitut bietet die Studien Finance & Banking, Controlling & Accounting und Immobilien im Bachelor der Hochschule Luzern an, dazu zwei konsekutive Master (Banking & Finance und International Financial Management) sowie sieben Master of Advanced Studies. Rund 500 Studierende nutzen das Weiterbildungsangebot. Seminare, Beratung und Forschungsprojekte runden das Programm ab. Lengwiler hat an der Uni Zürich promoviert. Er ist u. a. Vizepräsident der Luzerner Kantonalbank, Mitglied des SNB-Bankrats und Vizepräsident des Vereins SwissVR.Bildungsangebote im ÜberblickSchweizer Bildungsinstitute halten mit der raschen Entwicklung und dem Umbruch im Finanzbereich Schritt. Das zeigt allein der Blick aufs immer grösser werdende Angebot.

Herr Lengwiler, wie nehmen Sie als Leiter des grössten Schweizer Fachhochschulinstituts für den Finanzbereich den Strukturwandel im Bankensektor wahr?
Den Wandel erleben wir seit siebzehn Jahren, seit es unser Institut gibt, nur jetzt einfach stärker. Wir passen unsere Themen an und entwickeln neue Studiengänge: Compliance zum Beispiel schon vor fünfzehn Jahren, weil wir gesehen haben, dass sich da ein neues Thema im Bankensektor entwickelt. Und wir spüren, wie sich die Nachfrage nach Lehrgängen und nach Weiterbildung insgesamt verändert.

Wie sieht das konkret aus?
Bei den Ausbildungen zum Bachelor und zum Master wächst die Nachfrage, wobei jedoch eher weniger Studierende die Vertiefung Banking & Finance wählen. In einem unsicheren Umfeld ziehen es viele Studierende vor, im Bachelorstudium nicht nur auf die Karte Bank zu setzen, sondern fachlich etwas breiter aufgestellt zu sein. Bei der Weiterbildung stellen wir fest, dass nach neuen Sparrunden im Bankensektor die Nachfrage jeweils vorübergehend sinkt. Demgegenüber nimmt das Weiterbildungsangebot der Fachhochschulen im Finanzbereich von Jahr zu Jahr zu, nicht nur zu neuen, sondern oft auch zu schon bestehenden Themen.

Ist Konkurrenz nicht gut fürs Geschäft?
Wenn die Nachfrage stagniert und das Angebot steigt, sinkt in den Lehrgängen die durchschnittliche Zahl der Studierenden. Die Schulen gehen dann bei den Aufnahmebedingungen Kompromisse ein. Um die Kosten zu senken und den Kundenbedürfnissen besser zu entsprechen, werden die Lehrgänge modularisiert. Dadurch wird eine grosse Zahl an neuen Zertifikatskursen angeboten, die zu Diplom- und Masterabschlüssen kombiniert werden können. Konkurrenz belebt also tatsächlich das Geschäft, hat aber für die Schulen auch Schattenseiten.

Bei den wachsenden beruflichen Anforderungen würde man meinen, dass die Nachfrage wächst. Hat der Bankberuf wie die Branche Reputationsprobleme?
Das glaube ich nicht. Es sind eher die Jobaussichten und die wachsende Regulierungsdichte, die junge Leute beschäftigen und sie in ihrer beruflichen Entwicklung einschränken. Deshalb wählen viele eine Vertiefung im Bereich Immobilien, Rechnungswesen und Controlling oder Marketing, wo sie sich nach dem Studium breitere Jobmöglichkeiten erhoffen.

Würden Sie Ihren Kindern eine Banklaufbahn empfehlen?
Absolut. Eine Banklehre oder der Einstieg nach der Fachhochschul- oder der Universitätsausbildung ist etwas vom Besten, was man machen kann. Jüngere Bankangestellte und Nachwuchskräfte werden systematisch gefördert, es gibt spannende Auslandaufenthalte und Kontakte mit Leuten aus aller Welt und allen Fachgebieten.

Wie verhalten sich die Arbeitgeber?
Sie sind im Clinch, brauchen gute Leute, aber Aus- und Weiterbildung verursachen  immer auch Kosten: Abwesenheit und Schulgebühren. Die Initiative zur Weiterbildung geht oft von den Mitarbeitenden aus, und diese streben häufig andere Lehrgänge an, als das Unternehmen es möchte. Generell hat die finanzielle Unterstützung nachgelassen, und auch die Reduktion des Arbeitspensums geht nicht selten zulasten der Angestellten. Es gibt Arbeitgeber, die den Eindruck haben, das Weiterbildungsangebot sei zu gross, mit Lehrgängen, die es aus Unternehmenssicht gar nicht braucht.

Wie wählt man aus dem riesigen Angebot eines aus, dessen Qualität stimmt, das einen weiterbringt und wo man nicht einfach «abgezockt» wird?
Zuerst ist immer die Frage: Was reizt mich inhaltlich, was eröffnet mir neue Horizonte? Dann gilt es abzuklären, ob ein Lehrgang nur ausgeschrieben oder bereits schon erfolgreich durchgeführt wurde. Nicht jeder neu ausgeschriebene Lehrgang findet auch wirklich statt. Und drittens ist abzuklären, ob der Anbieter eine Schule mit Erfahrung ist, mit eigenem Lehrpersonal und der nötigen Qualitätssicherung. Es lohnt sich auch, Referenzen zu verlangen und sich bei aktuellen Studierenden oder Ehemaligen des Studiengangs zu erkundigen.

Was braucht es für einen erfolgreichen Abschluss?
Selbst wenn man das Zeitbudget selbst etwas steuern kann, muss man sich reinknien, denn letztlich geht es darum, Leistungsnachweise zu erbringen, in Form von Prüfungen, Fallstudien, Arbeiten etc. Werden diese Voraussetzungen erfüllt, ist gerade bei den Weiterbildungslehrgängen die Erfolgsquote relativ hoch. Prüfungen kann man wiederholen und Arbeiten nachbessern. Das System ist nicht darauf ausgerichtet, dass möglichst viele scheitern, sondern dass sie ihr Ziel erreichen und gefördert werden.

Unter anderem als VR-Vizepräsident der Luzerner Kantonalbank und als Bankrat der Schweizerischen Nationalbank sind Sie mit der Praxis gut vertraut. Wo im Banking sehen Sie die besten Jobaussichten für Einsteiger und Weiterbildungsabsolventen?
Man muss nicht meinen, weil alles von Compliance spricht, gebe es nur da gute Jobaussichten. Stark gefragt sind beispielsweise auch kompetente Kundenbetreuer – für Firmen- und Gewerbekunden, für Privatkunden und im Private Banking. Interessante Stellen gibt es auch in den Fachzentren für Kreditrisikomanagement und Anlagen. Es ist immer noch so, dass mehr Leute Kunden betreuen als eine Kontrollfunktion wahrnehmen.

Was zeichnet gute Beratung aus, und wie weit ist Beratungskompetenz erlernbar?
Dank Internet, Medien und Informationskampagnen der Branche wissen die Kunden über Finanzdienstleistungen viel besser Bescheid als früher. Da sind gute Produkt- und Fachkenntnisse absolut zentral, aber auch in Compliance-Fragen muss ein Berater heute sattelfest sein. Dann braucht es Sozialkompetenz, die wir beim Bachelor und beim Master mit Themen wie Kommunikation – mündlich und schriftlich, deutsch und fremdsprachig – und Ethik hoch gewichten.

Geht der Trend nicht in Richtung Fachwissen, hin zur Spezialisierung?
Querbeet braucht es in der Wirtschaft ausser Fachkompetenz Leadership und Kommunikationsfähigkeit. Auch der Wirtschaftsprüfer, der Controller und der Compliance Officer müssen gut kommunizieren und überzeugend auftreten, wenn sie im Job Erfolg haben wollen.

Wird die Wirklichkeit diesem Anspruch auch in den höheren Etagen gerecht?
Wir haben in der Schweiz sehr gut qualifizierte Leute, auf allen Ebenen. Bei der Besetzung von Positionen auf Geschäftsleitungs- und Verwaltungsratsebene wird stark darauf geachtet, ob die Kandidaten neben Know-how und Erfahrung auch Leadership-Fähigkeiten besitzen. Ich erlebe viele Manager als charismatische und beeindruckende Persönlichkeiten  oder eben als echte Leader-Typen.

Oft rekrutieren vor allem grosse Unternehmen Manager im Ausland. Hat es in der Schweiz zu wenig fähigen Nachwuchs, was man auch auf die Ausbildung zurückführen könnte?
Überhaupt nicht. Vielleicht hat es damit zu tun, dass im Ausland die Auswahl grösser ist und dass sich viele Schweizer zu bescheiden verkaufen. Es gibt in unserem Land genügend fähige Nachwuchsleute. Ich meine sogar, dass Swissness im Management ein Vorteil sein kann, beispielsweise für Banken, die auf den Heimmarkt fokussiert sind. Aber auch international aktive Schweizer Konzerne müssen darauf achten, dass in der Chefetage genügend Kräfte vertreten sind, die mit unserem gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Umfeld vertraut sind.

Wie stellen Sie sich den Bildungsmarkt in zehn Jahren vor?
Die Bachelor- und vor allem die Masterprogramme werden sich an den Fachhochschulen etabliert haben. Und fürs Doktorat gelten für  Fachhochschulabsolventen die gleichen Bedingungen wie für    Universitätsabgänger. Heute müssen sie an die Uni wechseln, wo ihnen zahlreiche und teils ungerechtfertigte Auflagen gemacht werden.

Bildungsangebote im ÜberblickSchweizer Bildungsinstitute halten mit der raschen Entwicklung und dem Umbruch im Finanzbereich Schritt. Das zeigt allein der Blick aufs immer grösser werdende Angebot.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.