Im Januar übernimmt ein schottisches Eigengewächs den Chefposten von Unilever. Viel Vertrauensvorschuss hat Alan Jope von der Börse nicht bekommen.
Ein schottisches Eigengewächs mit persönlichem Draht zu US-Präsident Donald Trump – das ist der neue CEO von Unilever. Alan Jope wird den Chefposten des niederländisch-britischen Konsumgüterriesen per Januar vom 62-jährigen Paul Polman übernehmen. Der Niederländer – 2006 bis 2009 Finanzchef von Nestlé (NESN 85.24 0.05%) – wird Jope noch ein halbes Jahr als persönlicher Berater zur Seite stehen. Nötig hat Jope das eigentlich nicht. Denn er arbeitet schon mehr als dreissig Jahre für Unilever, einen Konzern mit rund 400 Marken, darunter so bekannten wie Knorr, Lipton und Ben & Jerry oder Dove, Axa und Omo.
Der 54-jährige Schotte ist seit 2014 für die Sparte Körperpflegemittel (Personal Care) verantwortlich, die schneller wächst und profitabler ist als die übrigen Konzernteile wie etwa die Lebensmittelprodukte. Die Division ist mit 20 Mrd. € Jahresumsatz die grösste Sparte des Unternehmens.
Der Rücktritt von Paul Polman überrascht nicht. In einem Interview mit der Zeitung «Algemeen Dagblad» hatte er bereits angekündigt, dass er «maximal zehn Jahre» Unilever-Chef bleiben werde. Ausserdem verkehrte Unilever unter seiner Leitung zuletzt in heftigen Turbulenzen.
Anfang 2017 wurde Unilever durch eine unfreundliche Übernahmeofferte des US-Branchenkonkurrenten Kraft Heinz (KHC 51.19 0.02%) aufgeschreckt. CEO Polman wehrte den Versuch ab. Daraufhin änderte Polman, der im vergangenen Jahr knapp 12 Mio. € verdient hat, die Strategie. Er verkaufte die Keimzelle des Unilever-Konzerns, die Margarinesparte, an die US-Investmentgesellschaft KKR für 6,8 Mrd. € und erfreute die Anleger mit einer kräftigen Dividendenerhöhung, finanziert mit den Einnahmen aus dieser Transaktion. Zur einstigen Margarinesparte gehören Marken wie Calvé, Blue Band, Zeeuws Meisje, Bona und Becel. Sie war der Kern von Unilever, die 1930 aus der Fusion der niederländischen Margarine Unie mit der britischen Lever Brothers zur heutigen Unilever-Gruppe entstand. Der Rücktritt Polmans ist aber auch die Folge davon, dass es ihm nicht gelungen ist, in den Niederlanden die Abschaffung der Dividendensteuer durchzusetzen.
Die hatte ihm sein Freund, der amtierende Haager Ministerpräsident Mark Rutte, versprochen. Doch obwohl die christlich-liberale Regierung die Abschaffung der Steuer bereits beschlossen hatte, musste Rutte sie unter dem Druck der Opposition und der Öffentlichkeit zurücknehmen. Polman reagierte und blies die geplante Verlegung der Konzernzentrale von London nach Rotterdam ab.
Alan Jope dürfte den von Polman eingeleiteten Strategiewechsel fortsetzen und sogar beschleunigen. Alles spricht dafür, dass er die Personal-Care-Division ausbauen wird. Akquisitionen liegen in der Luft. Vor allem die USA, Asien und hier China und Thailand, Afrika und der Nahe Osten, wo Jope als Unilever-Manager jahrelang arbeitete, dürften im Visier sein. Verwaltungsratspräsident Marijn Dekker jedenfalls lobte Jope vor dessen Amtsantritt als neuer CEO bereits für die «grossen Verdienste» für die Körperpflegesparte. Auch das lässt darauf schliessen, dass Personal Care zügig expandieren soll.
Jope selbst kommentierte seine Berufung zum Chef mit den Worten: «Es ist ein Privileg, Unilever leiten zu dürfen.» Seine Vergütung umfasst ein jährliches Fixum von 1,45 Mio. € plus Boni von 150% des Jahresgehalts. An der Börse gaben die Aktien allerdings leicht nach. Anleger hatten wohl erwartet, dass ein Manager von aussen berufen wird, der den Konzern radikal neu ausrichtet oder Unilever sogar aufspalten könnte – in eine Lebensmittel- und eine Personal-Care-Gesellschaft. Ob Alan Jope das wagt, ist offen.
Unilever-Mitarbeiter bezeichnen Alan Jope als «offen und zugänglich». Er scheint zudem einen persönlichen Draht zu US-Präsident Donald Trump zu haben. Denn bevor Trump Präsident wurde, war Alan Jope Jurymitglied in der einstigen Trump-TV-Show «The Apprentice».
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