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13:00 Uhr - 30.07.2019

GAM hat auch mit neuem CEO noch einen langen Weg vor sich

Der Asset-Manager präsentiert nach der Liquidation seiner Krisenfonds einen Verlust und empfindlich tiefere Kundenvermögen.

Der krisengeschüttelte Asset-Manager GAM (GAM 4.366 5.71%) hat einen neuen CEO. Mit Peter Sanderson stösst ein Managing Director des Fondsriesen BlackRock (BLK 478.41 0.02%) ab September zur Gesellschaft. Der 41-jährige Brite ist bei BlackRock seit 2012 «Head of Financial Services Consulting» in der Region Europa, Naher Osten und Afrika (Emea) und Mitglied der Emea-Geschäftsleitung.

«Eine Fondsgesellschaft hat er gemäss Lebenslauf noch nicht geleitet», kommentieren die Analysten der Zürcher Kantonalbank. «Immerhin hat er – im Gegensatz zu Vorgänger Friedman – Erfahrung im operativen Bereich.» Friedman musste nach Ausbruch der Turbulenzen 2018 den Hut nehmen, Verwaltungsrat David Jacob übernahm als Interims-CEO.

Sanderson sei «die erste Wahl» gewesen, sagt Jacob im Gespräch mit «Finanz und Wirtschaft». Er bringe die richtigen Eigenschaften mit, um das Geschäft auf den Wachstumspfad zurückzuführen. Jacob selbst wechselt im Oktober an die Spitze des Verwaltungsrats, Präsident Hugh Scott-Barrett tritt nach zehn Jahren zurück. Jacob will sich weiterhin für die Gesellschaft engagieren und damit ein «Zeichen der Verbundenheit» setzen.

Massive Abflüsse

Wie GAM bereits zur Monatsmitte mitteilte, präsentierte der Asset-Manager am Dienstag ein Semesterminus von gut 14 Mio. Fr. nach einem Gewinn von knapp 25 Mio. Fr. im Vorjahreshalbjahr. Verantwortlich dafür sind unter anderem Sonderaufwendungen für die Liquidation der ARBF-Fonds, die GAM vor rund zwölf Monaten in die Krise gestürzt hatten. Die Fonds wurden in die Auflösung geschickt, als GAM deren Manager Tim Haywood wegen schweren Fehlverhaltens suspendiert hatte. 2018 schloss GAM mit einem Jahresverlust von fast 930 Mio. Fr.

11 Mrd. Fr. an Kundenvermögen verlor GAM durch die Liquidation, die nun abgeschlossen ist. Im Schnitt wurden 100,5% des Werts der Fondsvermögen an die Kunden zurückgezahlt. Zudem zogen Kunden bis heute rund 20 Mrd. Fr. aus anderen Vehikeln ab, rund 7,6 Mrd. Fr. davon im ersten Halbjahr 2019. Im so wichtigen Geschäftsbereich Investment Management sanken die Vermögen im Vorjahresvergleich von 84,4 Mrd. Fr. auf 52,1 Mrd. Fr.

Durch die verringerte Ertragsbasis und einen empfindlichen Rückgang der Margen brach der Ertrag nach den ersten sechs Monaten knapp 41% auf 171,1 Mio. Fr. ein. Zuversichtlich stimmt, dass das Management seit Juni wieder einen leichten Nettovermögenszufluss verzeichnete, der sich nach Abschluss der Liquidation im Juli normalisiert habe, sagt Jacob.

Kosten sollen weiter sinken

Dennoch bleibt dem Vermögensverwalter aufgrund der verminderten Ertragsbasis nichts anderes übrig, als Kosten zu sparen. Bis 2020 soll der Aufwand 40 Mio. Fr. weniger betragen. Damit würde das Kosten-Ertrags-Verhältnis aber immer noch ungesunde rund 80% betragen, weshalb die Unternehmensführung weitere Einsparungen erzielen will. Das betreffe auch die Entlohnung des Managements, die man zusammen mit den Aktionären überprüfen will, wie Jacob sagte.

Um Kosten zu sparen und auf das aktive Wachstumsgeschäft zu fokussieren, prüft GAM zudem weiter den Verkauf von Fonds vor allem passiver Natur. Am Dienstag meldete die Gesellschaft den Verkauf von vier börsengehandelten Edelmetallfonds mit Vermögen von 1,8 Mrd. Fr. und Geldmarktfonds mit 0,4 Mrd. Fr. zu einem Kaufpreis von 14 Mio. Fr. an die Zürcher Kantonalbank.

Dazu, dass GAM laut einer Bloomberg-Meldung aus dem April den eigenen Verkauf prüfe, sagte Jacob lediglich zum wiederholten Mal, man würde grundsätzlich alle Möglichkeiten ausloten, um den Aktionärswert zu steigern. Man wolle auf Wachstum, Profitabilität und die Zukunft fokussieren. Dazu gehört auch, dass sich das Management mit dem geschassten Tim Haywood geeinigt hat, dass keine der beiden Seiten nach der Trennung rechtliche Schritte einleiten werde.

Nach dem schlechten ersten Semester erwartet «Finanz und Wirtschaft» für 2019 ein weiteres Verlustjahr. Frühestens für 2020 kann wieder mit einem Gewinn gerechnet werden. Aber auch gemessen daran sind die Titel mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 28 nicht günstig. Eine kleine Dividende von wenigen Rappen pro Aktie könnte vielleicht schon wieder für 2019 fliessen, nachdem die Ausschüttung für 2018 ausblieb. GAM richtet die Dividende am Gewinn vor Sonderaufwendungen (wie die besagte Liquidation) aus. Zum Halbjahr stand hier ein Verlust von knapp 2 Mio. Fr., für das Gesamtjahr könnte laut Analysten in Plus von knapp 3 Mio. Fr. resultieren.

Dennoch hat GAM noch einen langen Weg zu gehen. Die Aktien werden frühestens dann wieder interessant, wenn die Gesellschaft den Vermögensabfluss nachhaltig stoppen, substanzielles Neugeld anziehen und auch inklusive Sondereffekten einen ordentlichen Gewinn erzielen kann. Bis dahin stufen wir die Titel weiterhin mit «Verkaufen» ein.

Die komplette Historie zu GAM finden Sie hier. »

 

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