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07:45 Uhr - 20.04.2022

Credit Suisse im Tiefflug

Die Bank kündigt für das erste Quartal wegen Rechtsrückstellungen einen Verlust an. Dies deutet auf eine markante Abschwächung im operativen Geschäft hin.

Es überrascht nicht wirklich, dass Credit Suisse (CSGN 7.18 -1.37%) im ersten Quartal eine Reihe von Sonderbelastungen abrechnen muss. Zusätzliche Rückstellungen für hängige Gerichtsfälle und für verschärfte Kreditrisiken im Zusammenhang mit dem Krieg sowie ein Abschreiber auf die Allfunds-Beteiligung lagen in der Luft. Erschreckend ist aber, wie schnell Credit Suisse rote Zahlen schreibt. Vor einem Jahr brauchte es dafür die gigantische 4,4 Mrd. Fr. teure Pleite des Hedgefunds Archegos. Diesmal reicht eine Sonderbelastung von netto schätzungsweise rund 900 Mio. Fr., zuzüglich Restrukturierungskosten, und schon macht CS einen Quartalsverlust.

Das deutet darauf hin, dass die Bank beim Umbau ihrer Geschäfte (Verkleinerung der Investmentbank und Ausstieg aus dem Prime Brokerage) und bezüglich Marktstellung weniger robust ist als erwartet. Die Bank schreibt, im bisherigen Jahresverlauf seien die zugrundeliegenden Ergebnisse auch durch einen Rückgang der Kapitalmarktemissionen und eine geringere Geschäftsaktivität negativ beeinflusst worden.

Ein Drittel weniger Umsatz?

Genaue Zahlen will CS nächste Woche bei der ordentlichen Veröffentlichung des Quartalsresultats liefern. Stand heute ist plausibel, dass der Nettoertrag der Gruppe noch maximal 4,9 Mrd. Fr. betragen hat und damit mindestens ein Drittel unter dem Wert des (sehr guten) Vorjahresquartals liegen könnte.

Wie Credit Suisse in ihrer Vorinformation zum Quartalsabschluss schreibt, wird sie die Rückstellung für laufende Rechtsstreitigkeiten um 600 Mio. Fr. erhöhen, und sie erwartet, aus diesem Grund einen Verlust auszuweisen. Die Gesamtrückstellung für Rechtsfälle werde sich auf etwa 700 Mio. Fr. stellen. CS schreibt von einer «Reihe» von Rechtsangelegenheiten, die alle mehr als ein Jahrzehnt zurückliegen.

In den letzten Monaten haben sich mehrere langjährige Rechtsfälle für CS ungünstig entwickelt: etwa die Schadenersatzklage des ehemaligen georgischen Ministerpräsidenten Bidsina Iwanischwili sowie ein Betrugsfall in Mosambik. Zum Vergleich: Im 2021 betrugen die Rückstellungen für bedeutende Rechtsfälle 1,1 Mrd. Fr. Der Skandal um die gescheiterten Greensill-Lieferkettenfonds hat bisher noch keine Rechtsrückstellungen ausgelöst.

Nicht berücksichtigt ist in der Vorabmeldung der Einfluss von Restrukturierungskosten auf das Ergebnis. Sie werden im Gesamtjahr gemäss früheren Angaben um 400 Mio. Fr. steigen.

Krieg bringt Kreditrisiken

Wegen der Auswirkungen des russischen Angriffs auf die Ukraine muss CS zudem auf ihre Gegenparteien und Kreditrisiken negative Erträge und Rückstellungen für Kreditverluste im Betrag von 200 Mio. Fr. vorsehen.

Das Ergebnis werde ausserdem von Verlusten in der Höhe von 350 Mio. Fr. wegen der Wertminderung der Allfunds-Beteiligung belastet, wo sich das Blatt gewendet hat. An Allfunds hält CS 8,6%. Das Beispiel zeigt, wie CS ihr Tafelsilber nutzt. Sie hat ihre über Jahre selber aufgebaute Fondsplattform an Allfunds veräussert und dafür eine Allfunds-Beteiligung erhalten. 2021 wurden Gewinne von 602 Mio. Fr. wegen der Höherbewertung der Allfunds-Aktien verbucht. Dieses Jahr sind die Kurse nun gefallen.

Teilweise ausgeglichen würden die Verluste durch die Auflösung von nicht mehr notwendigen Rückstellungen im Zusammenhang mit Archegos (170 Mio. Fr.) und die Verbuchung von Verkaufsgewinnen auf Immobilien (160 Mio. Fr.). 2021 hatte CS 232 Mio. Fr. Gewinne aus Immobilienverkäufen realisiert.

Die Ankündigung hat die Aktien von Credit Suisse am Mittwoch gegenüber einem freundlichen Markt belastet. Die Papiere scheinen mit einer Bewertung von weniger als 50% des Buchwerts ausserordentlich günstig. Aufgrund von vielen unerfreulichen Einzelmeldungen lassen sich die Titel aber nur sehr risikofreudigen oder konträr denkenden Investoren empfehlen.

 

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