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10:57 Uhr - 31.03.2017

Vergütungsmodelle besser erklären

Unternehmen sollten Mechanismen für die Entlohnung verständlicher machen. Doch auch Investoren sind gefordert.

Vergütungsbeträge für die Geschäftsleitung und den Verwaltungsrat mögen in Relation zu anderen Kostenfaktoren eines Unternehmens als nicht sehr relevant erscheinen, emotional gesehen sind sie es allemal. Das zeigt die öffentliche Aufmerksamkeit, die das Thema jedes Jahr in der Generalversammlungssaison hat.

Zur Autorin Barbara Heller ist CEO des Schweizer Stimmrechtsberaters und Corporate-Governance-Spezialisten SwipraObjektiv betrachtet sind sowohl finanzielle als auch nichtfinanzielle Anreize auf allen Stufen eines Unternehmens wichtig, besonders in Verbindung mit strategischer Zielsetzung, Unternehmenskultur und effektivem Erfolg in der langen Frist. Deshalb bilden Vergütungssysteme und Vergütungen zentrale Bausteine der Corporate Governance eines Unternehmens. Die verschiedenen Anspruchsgruppen wollen entsprechend verstehen, welche Zielsetzungen in welchem Ausmass die effektive Vergütung des Managements bestimmen (Pay-for-Performance) und welche Prozesse im Verwaltungsrat den vergütungsrelevanten Entscheidungen zugrunde liegen.

zoomBei der Aussagekraft der Offenlegung leistungsabhängiger Vergütungen gehen die Meinungen von Investoren und Unternehmen jedoch auseinander: In der Swipra Corporate-Governance-Umfrage 2016 waren mehr als die Hälfte der Investoren mit der Nachvollziehbarkeit der Pay-for-Performance klar unzufrieden, nur gerade knapp 10% waren zufrieden, und – dies ist bemerkenswert – keiner der internationalen institutionellen Anleger war mit der Offenlegung bei Schweizer Unternehmen zufrieden. Doch genau diese Gruppe von Aktionären beeinflusst die Entscheidungen an den Generalversammlungen von Schweizer Unternehmen erheblich.

zoomGleichzeitig signalisierte mehr als die Hälfte der institutionellen Investoren die Bereitschaft, die in bindenden Abstimmungen beantragten Vergütungsbeträge abzulehnen, sollten diese als unangemessen wahrgenommen werden. Dies spiegelt einen markanten Stimmungswechsel bei den Anlegern im letzten Jahr mit potenziell weitreichenden Konsequenzen für die Unternehmen.

Eigenheiten berücksichtigen

GovernanceGrundsätze der guten und verantwortungsvollen Unternehmensführung, subsumiert unter dem Begriff Corporate Governance, betreffen jeden Aktionär. «Finanz und Wirtschaft» publiziert regelmässig Artikel zu Corporate Governance in Schweizer Unternehmen. Die Beiträge in dieser Rubrik stammen vom Aktionärsdienstleister zRating sowie neu auch von der Anlagestiftung Ethos und vom Schweizer Stimmrechtsberater und Corporate-Governance-Spezialisten Swipra. Die Meinung des Autors muss nicht mit derjenigen der Redaktion übereinstimmen. Eine verbesserte Offenlegung der Unternehmen allein reicht nicht aus. Die Marktteilnehmer, Aktionäre, Stimmrechtsberater, Medien und die allgemeine Öffentlichkeit, müssen bemüht sein, verschiedenste Vergütungssysteme und Vergütungsbeträge zu verstehen. Verallgemeinerte Pay-for-Performance-Analysen, beispielsweise im relativen Vergleich zu anderen Unternehmen, oder sonstige Best-Practice-Ansätze für alle Unternehmen gleichermassen anzuwenden, ist zwar effizient, aber keinesfalls zielführend. Es gibt nicht «die» Strategie oder «die» Unternehmenskultur, entsprechend gibt es nicht «das» Vergütungssystem.

Auch sind in erster Linie nicht die Gesamtbeträge der Vergütung relevant, sondern ihre Zusammensetzung. So haben leistungsabhängige Vergütungselemente und Haltefristen an Bedeutung gewonnen. Konkret entspricht der in einem Vergütungsbericht offengelegte Betrag nicht dem effektiven Verdienst, sondern dem jeweiligen Fair Value einer möglichen Vergütung. Im Vergütungsbetrag enthaltene, leistungsabhängige Vergütungselemente gelangen je nach Vergütungssystem und Leistung möglicherweise gar nicht zur Auszahlung. Umso wichtiger ist es, nachvollziehen zu können, wann leistungsabhängige Vergütungen erfolgen und wie sie sich über die Zeit entwickeln.

Vergütungsabstimmungen sind seit dem Inkrafttreten der Verordnung gegen übermässige Vergütungen in der Schweiz (VegüV) im Jahr 2014 im Durchschnitt eher unproblematisch verlaufen. Man findet aber durchaus einzelne kritische Fälle, auch im Ausland. So lehnten an der Generalversammlung des britischen Energiekonzerns BP im vergangenen April rund 60% der Aktionäre den Vergütungsbericht in einer nichtbindenden Abstimmung ab. Trotz Rekordverlust war eine massiv ansteigende Managementvergütung vorgesehen. Solche Fälle mögen Ausnahmen darstellen, können aber aufgrund ihrer oft grossen öffentlichen Aufmerksamkeit zu weiteren Regulierungsbestrebungen führen, wie sich aktuell in Grossbritannien und der EU zeigt (vgl. Textbox unten).

Einfluss auf die Schweiz

Jede regulatorische Entwicklung in Grossbritannien oder der EU hat einen Einfluss auf den Schweizer Markt. Viele gewichtige Aktionäre von Schweizer Unternehmen kommen aus dem angelsächsischen Raum und bestimmen die Corporate-Governance-Landschaft in der Schweiz aktiv mit. Wo noch nicht geschehen, sollten Unternehmen deshalb ihre Vergütungssysteme, die zugehörige Offenlegung und Kommunikation dahingehend verbessern, dass «Pay» und «Performance» im Rahmen der strategischen Zielsetzung zusammengeführt und der Zusammenhang zur langfristigen Entwicklung des Unternehmenswerts verdeutlicht werden.

Damit verbunden ist das Anliegen, ein breiteres Verständnis für vergütungsrelevante Themen zu erreichen. Eine weitere Regulierung oder Standardisierung im Bereich der Vergütungen, wie von einigen Marktteilnehmern gefordert, ist nicht zielführend und aus ökonomischer Sicht zu vermeiden.

Pläne in EU und Grossbritannien Im November 2016 hat die britische Regierung ein Konsultativverfahren gestartet. Die «Greenpaper Corporate Governance Reform» fokussiert in erster Linie auf die Managementvergütung. Befürworter argumentieren mit einem weitgehend fehlenden Zusammenhang von Vergütung und Leistung bei britischen Unternehmen, einer kurzfristigen, nicht am langfristigen Unternehmenswert orientierten Denkweise sowie der fehlenden Akzeptanz in der Öffentlichkeit. Auch könne ein Imageschaden für den Standort Grossbritannien entstehen, lautet die Befürchtung.

Offizielle Erkenntnisse aus der Konsultation liegen noch nicht vor. Die britischen Vorschläge sehen unter anderem neue Anforderungen an die Mitglieder der Vergütungsausschüsse vor. Auch sollen die Aktionärsrechte im Bereich der Vergütung erweitert werden. Unternehmen müssten künftig vergütungsrelevante Zielgrössen offenlegen. Letzteres erfolgte bisher auf freiwilliger Basis, sowohl in Grossbritannien als auch in der Schweiz. Das qualitativ unterschiedliche Niveau an Informationen führte aber zur Kritik von Investoren, die Nachvollziehbarkeit von performanceabhängiger Vergütung sei allgemein zu wenig gegeben.

In diesem Monat hat auch die EU-Kommission eine neue Direktive verabschiedet, mit ähnlichen Bestrebungen wie in Grossbritannien. Die EU Shareholders’ Rights Directive beinhaltet aber noch weitere Regulierungsvorschläge für institutionelle Anleger und Stimmrechtsberater. Dazu zählen beispielsweise Offenlegungen über Investitionsstrategien, über das Engagement mit Unternehmen und das Abstimmungsverhalten Institutioneller Investoren sowie das Recht der Unternehmen, ihre Aktionäre identifizieren zu können.

 

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