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17:05 Uhr - 08.06.2017

Pictet: Ein klares Votum für Aktien

Nicht vor nächstem Jahr und womöglich erst gegen Ende 2018 sei es Zeit, sich über das Ende der Aktienhausse Gedanken zu machen.

Was er zurzeit für die grössten Anlagerisiken halte, wurde der Chefstratege von Pictet Asset Management, Anastassios Frangulidis, am traditionellen Finanzmarktausblick der Genfer Privatbank gefragt.

Die ungewisse politische Zukunft Italiens und ein Impeachment von US-Präsident Donald Trump, antwortete er. Nicht einen abrupten Zinsanstieg, ein Abflauen der Weltkonjunktur, nachlassende Unternehmensgewinne und überbewertete Aktienmärkte betrachtet Frangulidis als grösste Gefahren, wie es manche seiner Berufskollegen tun.

«Überbewertet sind die Staatsanleihen der Industrieländer», hält er mit Nachdruck fest. Überhaupt seien Obligationen nicht mehr attraktiv, mit Ausnahme von Anleihen aus Schwellenländern. Ihre Renditedifferenz zu US-Treasuries bewegt sich im historischen Mittel um 4%. Zurzeit sind es in Lokalwährung über 5%, eine mehr als genügende Risikoprämie, wie Frangulidis anfügt.

Die Aktienrally setzt sich fort

Sein Wirtschaftsausblick ist positiv. Erstmals seit zehn Jahren, seit Ausbruch der Finanzkrise, wächst die Weltwirtschaft synchron. Am Anfang des Aufschwungs stand der Konsum, nun kommen mehr und mehr die Investitionen hinzu, was Frangulidis in der Ansicht bestärkt, dass die globale Besserung sich fortsetze und eine Rezession in weiter Ferne sei.

In den USA werde Trumps Fiskalprogramm nicht mehr in diesem, aber im nächsten Jahr das Wachstum stimulieren. In Europa vermittelten die Stimmungsindikatoren ein rosiges Bild wie schon lange nicht mehr, und in Asien habe die expansive Fiskalpolitik Chinas eine noch stärkere Verlangsamung des Wachstums verhindert.

«All das sind gute Aussichten für Aktien», fährt Frangulidis fort. Das Fundament für höhere Unternehmensgewinne und damit für weiter feste Börsen sei vorhanden und solid. Auch wenn an den Aktienmärkten eine Korrektur jederzeit möglich sei, hält er sich einen (kleinen) Ausweg offen, so sprächen doch fast alle Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Kursaufschwungs.

Die Erholung der Unternehmensgewinne gehe weiter, ja die Gewinnschätzungen der Analysten seien noch immer zu niedrig. Für die Eurozone sagen sie für 2017 eine durchschnittliche Gewinnsteigerung von 12% voraus. Das Pictet-Modell sieht ein Plus von 20%, was Frangulidis zur Überzeugung bringt, «dass wir in Europa noch sehr positive Gewinnüberraschungen sehen werden».

Selbst für 2018 seien die Aussichten positiv. Dafür verantwortlich macht Frangulidis nicht zuletzt die Europäische Zentralbank, die im September das Tapering, die schrittweise Abkehr von ihren massiven Anleihenkäufen, zwar ankündigen, aber erst nächstes Jahr damit beginnen werde. Die Zinsen blieben tief und die Konjunktur stark genug, sodass die Staatsschulden, die seit der Finanzkrise noch gestiegen sind, refinanziert werden könnten.

Die Eurokrise sei vorerst überstanden, und Europas Banken seien insgesamt auf gutem Weg. Das sehe man auch daran, dass die Kreditausleihungen wieder zunähmen, was der Wirtschaft zusätzlich helfen werde. Den Euro sieht Pictet stabil. Zum Franken werde er sich zwischen 1.06 und 1.10 Fr./€ bewegen. Der Dollar bleibe mittelfristig stark, könne seine «klare Überbewertung» auf Dauer aber nicht halten.

Japan im Auge behalten

In der Aktienselektion ist Frangulidis insofern beim Konsens, als er den US-Markt ebenfalls als teuer einstuft. Die US-Börsen würden hinter dem globalen Markt zurückbleiben, glaubt er, der europäische Aktienmarkt werde hingegen aufholen.

Optimistisch – hier weicht er eher von der allgemeinen Meinung ab – ist er für japanische Aktien gestimmt. Japans Notenbank hält die Zinsen, kurze und lange, bewusst tief. In den USA hingegen findet eine schrittweise Rückkehr zu normaleren Sätzen statt.

Pictet erwartet für dieses und das nächste Jahr je zwei Leitzinssteigerungen des Fed. Das bedeutet eine Ausweitung der Zinsdifferenz zulasten des Yens, und eine schwächere japanische Währung war stets ein Antriebsmotor für Aktien des exportlastigen Inselreichs.

Gleiches erwartet Frangulidis auch dieses Mal: «Japan entwickelt sich im Schlepptau der US-Zinsen.» Den Yen müsse man jedoch auf jeden Fall absichern.

In der Sektorallokation orientiert sich Pictet an unterschiedlichen Bewertungsfaktoren, die langfristig verglichen werden. Im zwanzigjährigen Vergleich sind die günstigsten Aktiensektoren weltweit zurzeit Telecom, Energie, Finanz und Pharma. «Am günstigsten ist Pharma», schiebt Frangulidis nach, was nicht zuletzt die Investoren am Schweizer Markt zur Kenntnis nehmen. Umgekehrt sind Industriewerte am teuersten und – auch das dürften Schweizer Anleger notiert haben – Konsumtitel.

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