Der Dichtungshersteller konzentriert sich auf seine profitabelsten Bereiche: Er verkauft die Sparte, welche Elastomerprofile für Tunnel und Gleisbau herstellt.
Dätwyler (DAE 167.8 2.57%) schreitet mit der Bereinigung des Geschäftsportfolios zügig voran. Erst vor vier Monaten hatte das Unternehmen bekannt gegeben, dass das gesamte Elektronikhandelsgeschäft abgestossen wird. Nun folgt der nächste Schritt: Das Tiefbaugeschäft (Civil Engineering), das Elastomerprofile für den Tunnel- und Gleisbau herstellt, wird an Mitglieder des bestehenden Managements verkauft. Vollzogen werden soll der Verkauf am 4. Mai.
Zum Verkaufspreis wurde Stillschweigen vereinbart. Das Unternehmen teilt lediglich mit, dass das Management Buy-Out von der Hamburger Beteiligungsgesellschaft BPE unterstützt werde. Diese sei seit über 20 Jahren auf Transaktionen im deutschen Mittelstand spezialisiert. Vontobel-Analyst Michal Lichvar hält fest, dass das Management früher mitgeteilt habe, dass der Verkauf nur zu einem fairen Preis erfolge.
Kleiner Umsatzanteil
Mit dem Tiefbaugeschäft, das etwa 180 Mitarbeitende beschäftigt, erwirtschaftete Dätwyler rund 40 Mio. Fr. an Umsatz pro Jahr. Gemessen am gesamten Umsatz des fortgeführten Geschäfts von rund 1100 Mio. Fr. entspricht das nur 3,5%. Der Anteil am Gewinn dürfte noch kleiner sein.
Zwar ist nicht offiziell bekannt, wie profitabel das Tiefbaugeschäft war. Aus Marktkreisen heisst es aber, dass es sich um die am wenigsten profitable Sparte des Dichtungsgeschäfts handle. Mit Dichtungskomponenten für den Gesundheitsmarkt, die Autoindustrie sowie für Nespresso erwirtschaftet Dätwyler folglich eine bessere Marge.
Andere Produktionstechnologie
Sinnvoll ist der Verkauf auch, weil das Tiefbaugeschäft mit dem übrigen Dichtungssegment nur wenig gemein hat. «Es handelt sich zwar um denselben Werkstoff: Elastomer. Die Produktionstechnologie ist aber eine völlig andere», sagt Dätwyler-Sprecher Guido Unternährer. Während das übrige Dichtungsgeschäft kleine Komponenten herstellt, produziert die Tiefbausparte Elastomerprofile, die etwa Tunnel gegen den Wasserdruck abdichten.
Auch die Marktstruktur sei eine andere, sagt Unternährer. Beim übrigen Dichtungsgeschäft gebe es langjährige Kundenbeziehungen. Beim Tunnelbau handle es sich hingegen um ein Projektgeschäft mit wechselnden Kundenkonstellationen. Zudem gestaltet sich der Verkauf einigermassen einfach, da das gesamte Tiefbaugeschäft an einem Standort konzentriert ist: im deutschen Waltershausen.
Erklärte Strategie
Es ist die erklärte Strategie von Dätwyler, sich auf jene Geschäftsbereiche mit dem besten Wachstums- und Margenpotential zu konzentrieren. Das am wenigsten profitabelste Geschäft des Unternehmens war der Elektronikhandel. Dätwyler hatte daher Ende Dezember mitgeteilt, dass dieser abgespalten wird.
Zwei der drei Elektronikhandelsmarken, Distrelec und Nedis, wurden bereits verkauft. Sie schrieben höchstens knapp schwarze Zahlen. Für die dritte Marke Reichelt, die im Gegensatz zu den beiden anderen eine branchenübliche Marge erzielt, wird noch nach einem Käufer gesucht. Das Unternehmen hatte angekündigt, sich dafür Zeit zu nehmen, um einen ansprechenden Preis zu erzielen. Angesichts des Tempos, das derzeit angeschlagen wird, könnte aber auch eine Veräusserung von Reichelt schon bald anstehen.
Der Verkauf des Tiefbaugeschäfts ist für Anleger eine gute Nachricht. Die Profitabilität des gesamten Unternehmens steigt. «Finanz und Wirtschaft» rät Anlegern jedoch, vorerst noch abzuwarten. Verglichen mit anderen Industriewerten haben Dätwyler nicht stark korrigiert. Das Minus seit Anfang Jahr beträgt lediglich 12%. Angesichts der kaum abschätzbaren Folgen der Coronapandemie und der schon zuvor schwachen Entwicklung im Automobilmarkt sind weitere Enttäuschungen möglich.
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