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14:30 Uhr - 27.01.2015

«Auf Unternehmen mit Preismacht setzen»

Cédric de Fonclare, Manager des Jupiter European Opportunities Sicav für Jupiter Asset Management, verrät, in welche europäischen Titel er investiert und was er von Schweizer Aktien nach der Frankenaufwertung hält.

Herr de Fonclare, als wie gross stufen Sie die Gefahr des «Grexit» – des Austritts Griechenlands aus der Eurozone – ein, und wie sähen die konkreten Folgen aus?
Das grösste Risiko sind nicht die direkten Auswirkungen, sondern die mögliche Ansteckung anderer Europeripheriestaaten. Das scheint aber nicht unbedingt dem Szenario zu entsprechen, das der Markt für wahrscheinlich hält – was sich daran ablesen lässt, dass sich griechische Bonds von Staatsanleihen anderer europäischer Länder entkoppelt haben. Zudem dürfte es die Europäische Zentralbank dazu zwingen, in der Geldpolitik noch interventionistischer zu reagieren als bisher. Die Griechenlandkrise könnte damit indirekt sogar als positiver Faktor interpretiert werden.
Zur PersonCédric de Fonclare ist Manager des Jupiter European Oporunities SICAV für Jupiter Asset Management.
Wie stufen Sie denn die jüngste Entscheidung der Europäischen Zentralbank zur weiteren quantitativen Lockerung ein?
Ich habe so meine Zweifel, dass die Massnahmen zur Realwirtschaft durchdringen. Der ganze Prozess dürfte erst am Anfang stehen. Die quantitative Lockerung in den USA hat bewiesen, dass solche Schritte mehrfach wiederholt werden müssen.

Längerfristig müssen nun zwingend strukturelle Verbesserungen folgen. Wie stufen Sie den aktuellen Stand in der europäischen Reformagenda ein?
Angesichts der Komplexität Europas wird jeglicher Fortschritt nur langsam ablaufen. Das Hauptproblem stellen die geringe Flexibilität des Jobmarktes und die hohe Arbeitslosigkeit dar. Die Länder haben allerdings gar keine andere Wahl: Sie müssen zwingend an Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen.

Das ist auch ein Problem grosser EU-Kernstaaten. Denken Sie, dass etwa die französische Bevölkerung bereit ist, reformbedingte Einschnitte zu akzeptieren?
Eine kleine Gruppe von Gewerkschaften, die in ihrer Reformkritik vor allem eigene Interessen vertreten, ist in den französischen Medien sehr präsent. Ich glaube allerdings nicht, dass diese Schlagzeilen die Meinung der Mehrheit abbilden.

Haben die europäischen Unternehmen denn adäquat auf die schwierigen Jahre reagiert und sich fit getrimmt?
Meiner Meinung nach haben die meisten Konzerne ihre Hausaufgaben gemacht. Sie haben sowohl den Cashflow erhöht und die Kostenbasis reduziert als auch Aktienrückkäufe und Dividenden ausgeweitet. Grundsätzlich sind sie gut geführt und präsentieren sich in gesunder Form.

Wo orten Sie in der Unternehmenslandschaft denn die grössten Risiken?
Ein Problem sind Branchen, die mehr oder weniger von der Politik kontrolliert werden. Herausfordernd sind hier sowohl die geringe Visibilität als auch unerwartete Entscheidungen, die jeglicher Logik entbehren. Denken Sie etwa an die jüngsten Diskussionen in Frankreich: Plötzlich wurde debattiert, privat geführte Autobahnen wieder zu verstaatlichen, die Besteuerung zu erhöhen oder auf die Gebührenpolitik der Betreiber einzuwirken.

Während Europa die quantitative Lockerung forciert, wollen sich die USA schrittweise aus der expansiven Geldpolitik zurückziehen. Welche Wirkung hat diese Divergenz auf den Aktienmarkt?
In den USA notieren sowohl die Bewertungen als auch die Gewinne auf oder nahe einem Allzeithöchst. In Europa liegen wir dagegen noch immer deutlich unter den früheren Spitzen. Ich bin skeptisch gegenüber amerikanischen Unternehmen eingestellt, die ihren Umsatz primär ausserhalb der USA erzielen – auch weil sich der starke Dollar noch nicht in einer Revision der Gewinnschätzungen niedergeschlagen hat. Nehmen Sie etwa Coca-Cola (KO 43 -0.72%): Die Aktien haben noch nicht gelitten, dürften aber gerade wegen ihrer hohen Bewertung in Gegenwind geraten.

Wie präsentiert sich die Situation für europäische Unternehmen?
In Europa ist es genau umgekehrt. Das Bewertungsniveau ist nicht gerade anspruchsvoll. Trotzdem gibt es erfolgreiche Unternehmen, die global agieren und kaum dem Binnenmarkt ausgesetzt sind. Aus Anlegersicht ist es wichtig, sich auf Gesellschaften zu konzentrieren, die im deflationären Umfeld die Preismacht wahren können. Also Konzerne, die etwa den Fall in den Rohmaterialkosten nicht an ihre Kunden weiterreichen müssen, sondern ihre Margen erhöhen können.

Welche Punkte halten Sie sonst für wichtig?
Wir konzentrieren uns bei Unternehmen vor allem auf die Fähigkeit, Cashflow zu generieren – und nicht unbedingt auf den Gewinn, der sich leichter schönen lässt. Das wird besonders im US-Aktienmarkt sichtbar, wo Aktienrückkäufe zur Steigerung des Profits eingesetzt werden.

Wie hat sich Ihre positive Einschätzung zu Schweizer Aktien wie Sika nach dem Mindestkursentscheid der SNB verändert?
Viele Schweizer Unternehmen, die ihre Geschäftszahlen in Franken ausweisen, ihre Einnahmen aber international erwirtschaften – wie Sika (SIK 2963 -0.87%) und Aryzta (ARYN 68.6 0.73%) –, werden vom SNB-Entscheid tangiert. Allerdings gehen wir grundsätzlich Unternehmen aus dem Weg, bei denen eine signifikante Diskrepanz zwischen Erlös- und Kostenbasis existiert. In den meisten unserer Beteiligungen war eher ein Translations- denn ein Transaktionseffekt zu spüren.

In Ihrem Fonds nimmt der Finanzsektor die grösste Position ein. Worauf stützen Sie diese Übergewichtung?
Der Finanzsektor ist zwar die grösste Position im Fonds, wird allerdings schwächer gewichtet als in der Benchmark. Unser Anlageentscheid gründet vor allem in der günstigen Bewertung sowie den erfolgreich umgesetzten Bilanzsanierungen.

Vertrauen Sie denn den Resultaten des letztjährigen Stresstests, der vielerorts als reine Alibiübung kritisiert worden ist?
Jetzt, wo die EZB als Aufsichtsbehörde agiert, werden die Anforderungen stetig steigen. Man sollte deshalb selektiv vorgehen. Manche Banken werden dazu gezwungen sein, neues Kapital aufzunehmen. Es gibt jedoch viele etablierte Institute – wie etwa die skandinavischen Banken SEB, SHB und Nordea –, die 50 bis 70% ihres Gewinns als Dividende auszahlen können. Sie wachsen zwar nicht unbedingt, bieten aber einen stetigen Strom an Ausschüttungen. Zudem haben es viele Manager verstanden, dem Wunsch der Investoren zu folgen – also die Geschäftszweige abzubauen, die die grösste Volatilität verursachen. Dazu gehört auch die UBS (UBSG 15.33 -1.22%), die wir im Portfolio führen.

Was spricht sonst für Banken?
In einem Umfeld mit tiefen Zinsen werden solide Dividenden honoriert. In dieser Position befindet sich etwa ING, an der wir eine hohe Beteiligung halten. Das Unternehmen hat eine erfolgreiche Transformation hinter sich. Grosses Sparpotenzial bergen etwa neue Technologien, dank denen der Bedarf an Zweigstellen sinkt.

Sie gehen also nicht davon aus, dass der technologische Wandel und der Markteintritt neuer Konkurrenten disruptiv wirken?
Sicher befindet sich der Bankensektor im Wandel. Aber am Ende werden die Kunden bekannten Marken vertrauen. Die Loyalität zu den etablierten Banken dürfte bestehen bleiben, selbst wenn die Konkurrenz aus dem Internet wächst.

Welche Wertpapiere aus anderen Sektoren können Sie sonst empfehlen?
Wir halten eine grosse, aktive Position in der Fluggesellschaft Ryanair (RYAAY 68.13 -0.97%). Treibstoff macht einen bedeutenden Teil der Kosten aus. Die Kunden erwarten aber nicht unbedingt, dass sich die gesunkenen Ölnotierungen in deutlich tieferen Ticketpreisen niederschlagen. Gleichzeitig profitiert der Konzern vom globalen Trend des stetig wachsenden Personenverkehrs.

Sehen Sie weitere attraktive Valoren?
Ähnliches wie für Ryanair gilt auch für Zodiac Aerospace – einen wichtigen Zulieferer für die Flugzeugbauer aus Frankreich. Wegen strikter Sicherheitsvorgaben sind die Markteintrittsbarrieren ziemlich hoch. Zodiac erwirtschaftet einen stattlichen Cashflow. Das erlaubt es ihr, kleine Akquisitionen durchzuführen und die Marktposition weiter auszubauen. Zudem dürfte sie vom starken Dollar profitieren.

Welche Aktienempfehlung können Sie sonst noch abgeben?
Attraktiv wirkt ebenfalls der dänische Schmuckproduzent Pandora (PNDORA 460.6 -0.78%). Er hat den Umsatz seit 2008 organisch rund versechsfacht. Auch hier kommt die Preismacht zum Tragen. So sind die Silbernotierungen seit letztem Sommer um 30% gefallen. Das wird die Gewinnmargen ankurbeln. Klar handelt es sich bei Pandora um eine Modemarke, was immer ein gewisses Risiko darstellt. Das Unternehmen konnte die Kundenbasis bislang aber sowohl geografisch als auch mit neuen Produkten erfolgreich erweitern.

 

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