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11:25 Uhr - 27.08.2014

Flughafen holt Kommerzspezialisten an die Spitze

Der Betreiber des Airport Zürich hebt den Kommerzverantwortlichen Anfang 2015 auf den Chefsessel – und hebt den Ausblick leicht an. Die Titel avancieren.

Ende vergangenes Jahr hat sich Thomas Kern schon Gedanken um seinen Rücktritt an der Spitze des Flughafen Zürich (FHZN 594 1.02%) gemacht. Im Interview mit «Finanz und Wirtschaft» sprach er von der «Saat» für die nächste Führungsgeneration. «Mich beschäftigt deshalb mehr die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für einen Generationenwechsel als die meines Ruhestands.» Dieser Zeitpunkt ist gekommen. Kern, geboren 1953, übergibt Ende Jahr an Stephan Widrig, Jahrgang 1972. Der Generationenwechsel folgt in einer Phase, in der die Kommerzaktivitäten des Flughafens wichtiger werden. Und Widrig ist ausgewiesener Kommerzexperte aus dem eigenen Haus.

Die Passagierzahlen am Flughafen Zürich wachsen nur noch in bescheidenem Rahmen. Laut Halbjahresbericht, den die Gesellschaft zusammen mit der Meldung des Führungswechsels am Mittwoch publiziert hat, nutzten von Januar bis Juni 11,9 Mio. Passagiere den Flughafen Zürich als Ausgangs-, Umsteige- oder Zielort ihrer Flugreise. Das entspricht einem bescheidenen Plus von 0,5%. Gegenüber der Vergleichsperiode des Vorjahres erhöhte sich die Anzahl Lokalpassagiere 4,1%. Die Zahl der Transferpassagiere ging 6,6% zurück. Dabei spielen für die Kommerzaktivitäten die heimischen Passagiere eine wichtigere Rolle: Sie geben mehr aus als die Gäste auf Durchreise. Im ersten Halbjahr waren es pro Passagier im Schnitt 43,30 Fr., ein leichtes Minus von 0,6%.

Der neue CEO kam 1999

Widrig kennt sich mit solchen Fragen bestens aus. Er arbeitet seit 1999 für den Flughafen, stieg also noch vor dem Börsengang dort ein. Der studierte Politik- und Wirtschaftswissenschaftler der Universität St. Gallen arbeitete zunächst bei der Flughafen Immobilien Gesellschaft (FIG). Nach seinem Einsatz im Privatisierungsteam im Vorfeld der Volksabstimmung leitete er eine Frontorganisation des Flughafenbetriebs und ab 2002 das Immobiliengeschäft. Von 2005 bis 2008 arbeitete er als Chief Financial und Chief Commercial Officer am Bengaluru International Airport im südindischen Bangalore. Seit seiner Rückkehr in die Schweiz gehört er der Geschäftsleitung des Flughafens an und verantwortet derzeit als Chief Commercial Officer die kommerziellen Belange der Gesellschaft sowie Entwicklung, Bau und Betrieb aller Gebäude und Anlagen.

In dieser Funktion zeichnete er auch für das wichtigste Projekt des Flughafens Verantwortung, den Circle. Der Startschuss für den Bau des Kommerz- und Dienstleistungscenter in Flughafennähe soll nächstes Jahr erfolgen. «Der Circle wird zum globalsten Ort der Schweiz und eine Atmosphäre ausstrahlen, die für die Schweiz einzigartig ist», schwärmt Widrig in einer Werbepublikation des Flughafens für das Projekt. Noch allerdings ist die Vorvermietung nicht abgeschlossen. Pascal Furger, Analyst von Vontobel (VONN 33.9 0%), schätzt, dass derzeit Verträge für 36% der Immobilie geschlossen sind. Der Flughafen hat sich selbst bis Ende Jahr das Ziel gesetzt, um die 50% zu erreichen, damit der Spatenstich im nächsten Jahr erfolgen kann.

Hoffnung auf Kommerz im Circle

Der Circle soll die Kommerzaktivitäten der Flughafengesellschaft ankurbeln. Im ersten Halbjahr stiegen die Erträge aus dem Nichtfluggeschäft 1% auf 184,8 Mio. Fr. Das leichte Plus resultiert vor allem aus einer Zunahme der Parkgebühren von 7,4% – auch dies dank lokaler Passagiere. Die Erträge im Fluggeschäft reduzierten sich 6,1% auf 268,8 Mio. Fr., vor allem aufgrund der Sistierung des Lärmfünflibers per 1. Februar.

Für die Gesellschaft resultierte im ersten Halbjahr ein Umsatzminus von 3,4% auf 453,7 Mio. Fr. Der Betriebsgewinn vor Amortisationen und Abschreibungen (Ebitda) sank 1,9% auf 240,6 Mio. Fr. Die Ebitda-Marge erhöhte sich 0,7 Basispunkte auf 53%. Unter dem Strich – beim Gewinn – standen 89,6 Mio. Fr. Wegen der Restrukturierung langfristiger Finanzverbindlichkeiten war im vergangenen Jahr ein Minus angefallen.

Ausblick leicht erhöht

Der Flughafen Zürich geht nach wie vor für 2014 von einem Passagierwachstum von 1% aus. Die Zahl der Flugbewegungen wird stabil erwartet. Das Jahresergebnis werde über demjenigen des Vorjahres liegen, teilte die Gesellschaft mit. Der Flughafen erhöht den Ausblick und erwartet nun einen um 20 bis 25% höheren Jahresgewinn als 2013. Zuvor hatte das Unternehmen mit einem Plus zwischen 15 und 20% gerechnet. Auch die Ebitda-Marge soll höher ausfallen, zuvor war von «etwas höher» die Rede.

Die Aktien des Flughafen Zürich sind eine solide Wahl für langfristig orientiere Anleger. Die Titel stehen kurz unter ihrem Allzeithoch von 600 Fr. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis 2015 liegt bei 17 – und damit unter dem vergleichbarer europäische Wettbewerber. Der Bewertungsabschlag scheint nicht gerechtfertigt, vor allem mit Blick auf das Projekt Circle, das der neue CEO vorantreiben wird. Eine leichte Unsicherheit bringen die Flughafengebühren ins Spiel, um die sich der Flughafen Zürich mit den wichtigsten Fluglinien vor Ort gerade vor dem Bundesverwaltungsgericht streitet. Kern erwartet eine Entscheidung noch 2014 oder Anfang 2015. Die Dividendenrendite erreicht 1,7%. Die Aktien bleiben spannend.

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