Die Frühindikatoren aus der Industrie haben sich nach einer temporären Erholung erneut verschlechtert. Zu den positiven Ausnahmen zählt die Schweiz.
Das neue Jahr beginnt, wie das alte geendet hat: Während sich die Aktienmärkte nahe ihren Höchst bewegen, sorgen die Konjunkturindikatoren für Enttäuschung. Mit 50,1 notiert der globale Einkaufsmanagerindex (Purchasing Managers Index, PMI) der Industrie nur noch knapp über der Wachstumsschwelle von 50. Die Hoffnung auf eine nachhaltige Bodenbildung der Weltwirtschaft hat damit einen Dämpfer erhalten.
Gerade in der Eurozone scheint die Schwäche des verarbeitenden Gewerbes noch nicht ausgestanden zu sein: Nachdem der PMI der Währungsunion zwei Monate in Folge zulegen konnte, ist er zum Jahresende von 46,9 auf 46,3 gesunken. Die Eintrübung hat dabei praktisch alle Länder erfasst. Von den acht Nationen, für die der Datendienstleister IHS Markit die Frühindikatoren erhebt, vermochte einzig Österreich den PMI auf dem Niveau des Vormonats halten.
Wachstum verzögert sich
«Die Rückkehr auf den Wachstumspfad dürfte noch lange auf sich warten lassen», kommentieren die IHS-Markit-Analysten die Ergebnisse aus der Eurozone. «Der Bestellungseingang sinkt mit einer der stärksten Raten der letzten sieben Jahre.» Weiterhin schwierig präsentiere sich die Lage bei den Herstellern von Investitionsgütern und Zwischenerzeugnissen. Dagegen konnten zumindest die Produzenten von Konsumgütern erstmals seit August eine leichte Belebung feststellen.
Ein durchzogenes Bild gibt Deutschland ab. Zwar fiel der Einkaufsmanagerindex nicht ganz so schlecht aus, wie es die provisorische Erhebung (Flash PMI) vor zweieinhalb Wochen andeutete. Mit 43,7 verharrt die grösste Volkswirtschaft Europas aber weiterhin tief in der Kontraktionszone. «Das verarbeitende Gewerbe bleibt ein Stachel in der deutschen Wirtschaft», schreiben die Analysten von IHS Markit. Dass es in den Belegschaften verstärkt zu einem Stellenabbau kommt, erhöhe zudem das Risiko, dass die bislang noch soliden Konsumausgaben unter Druck geraten werden.
An Schwung eingebüsst hat ebenfalls die französische Industrie: Konnte sich das verarbeitende Gewerbe im Vormonat mit einem PMI von 51,7 von der Kontraktionsgrenze entfernen, ist der Frühindikator im Dezember auf 50,4 abgesackt. Enttäuschend präsentieren sich auch Italien und die Niederlande: In beiden Staaten sind die Einkaufsmanagerindizes auf neue Achtzig-Monate-Tiefst gefallen. In den Niederlanden hat das produzierende Gewerbe zum ersten Mal seit rund fünf Jahren wieder Stellen abgebaut.
Verschlechtert hat sich die Situation auch in Grossbritannien. Laut IHS Markit wurde der Industrieausstoss dabei unter anderem dadurch belastet, dass die im Zusammenhang mit den Brexit-Turbulenzen angehäuften Lagerbestände reduziert wurden. Mit 47,5 notiert der PMI nur noch minimal über dem niedrigsten Stand seit über sieben Jahren.
Mit guten Nachrichten kann dagegen die Schweizer Wirtschaft aufwarten: Trotz der fortgesetzten Schwäche der bedeutenden Handelspartner wie etwa Deutschland ist der lokale PMI über die Kontraktionsschwelle von 50 geklettert. Gegenüber dem Vormonat resultiert ein deutliches Plus von 1,4. Von den einzelnen Indexkomponenten konnte vor allem der Auftragsbestand überzeugen, der auf dem höchsten Wert seit Februar notiert.
Auf eine sich eintrübende Konjunktur weist derweil der PMI der USA hin: Der vom Institute for Supply Management (ISM) erhobene Index ist gegenüber dem Vormonat von 48,1 auf 47,2 gefallen und notiert damit auf dem niedrigsten Stand seit Juni 2009. Das Bild ist allerdings nicht eindeutig. Der alternative US-PMI von IHS Markit, der sich in der Gewichtung der Komponenten sowie in der Auswahl der Gesellschaften unterscheidet, notiert mit 52,4 weiter in der Expansionszone.
Erfreuliche Signale aus China
Relativ solide zeigt sich China: Der offizielle Industrie-Einkaufsmanagerindex des Statistikbüros notiert unverändert bei 50,2 und damit knapp in Expansionsterrain. Der PMI, den IHS Markit zusammen mit dem Medienunternehmen Caixin publiziert, ist im Dezember dagegen geringfügig gesunken. Mit einem Indexstand von 51,5 bleibt er aber weiterhin klar über der Schwelle von 50. «Mit dem Phase-1-Abkommen zwischen China und den USA sollte sich die Zuversicht in den Unternehmen verbessern, was wiederum der Wirtschaft helfen sollte», schreibt IHS Markit.
Skeptischer ist Julian Evans-Pritchard von Capital Economics: «Die Exporte könnten weiterhin von einer Erholung der globalen Nachfrage profitieren, und – in kleinerem Umfang – von der Reduktion der US-Strafzölle.» Chinas Industrie dürfte aber an einer fortgesetzten Abkühlung der Binnennachfrage leiden. Das Schlimmste sei deshalb noch nicht überstanden.
In anderen Schwellenländern haben sich die Indikatoren ebenfalls tendenziell verschlechtert – so etwa in Brasilien. Relativ lange konnte sich das Land aus dem Gröbsten heraushalten. Zum Jahresende ist der PMI jedoch von 52,9 auf 50,2 eingebrochen. Besonders schwach fiel die Indexkomponente der neuen Exportaufträge aus, die auf den niedrigsten Stand seit über zehn Jahren fiel. Zu den spärlichen Lichtblicken gehört derweil Indien: Der PMI, der sich seit rund zweieinhalb Jahren in expansivem Terrain halten kann, erhöhte sich von 51,2 auf 52,7.
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.