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09:51 Uhr - 11.05.2016

Die neue Hand am wichtigsten Ölhahn der Welt

Der erfahrene Aramco-Manager Khalid al-Falih wird neuer Energieminister von Saudi-Arabien.

Einer der einflussreichsten Posten im globalen Ölgeschäft ist seit letztem Wochenende frisch besetzt: Neuer Energieminister Saudi-Arabiens ist Khalid al-Falih. Der 1960 in der Hauptstadt Riad geborene Saudi tritt die Nachfolge von Ali al-Naimi an, der zwei Jahrzehnte das Bild der Opec (Organisation erdölexportierender Länder) geprägt hatte.

Es sind herausfordernde Zeiten, in denen Khalid al-Falih an die Spitze des Ministeriums vorrückt. Nicht nur muss Saudi-Arabien einen Mittelweg zwischen Förderkürzungen und dem globalen Überangebot finden, das noch immer auf dem Ölpreis lastet. Auch hat sich das Königreich in der jüngst publizierten «Vision 2030» das ambitionierte Ziel gesetzt, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern.

Zu den Reformplänen, die vor allem Kronprinz Muhammad Bin Salman al-Saud zuzuschreiben sind, zählt etwa, den staatlichen Ölgiganten Saudi Aramco an die Börse zu bringen. Selbst wenn nur 1% der Anteile angeboten würde, wäre dies das grösste Aktienmarktdebüt aller Zeiten.

Dass sich die Prioritäten des Königreichs verschoben haben, wird auch an einer Namensänderung ersichtlich: Al-Falih wird künftig nicht einfach dem Ölministerium, sondern einem eigentlichen «Superministerium» für Energie, Industrie und Ressourcen vorstehen – das neuerdings auch die Verantwortung für die Elektrizitätsversorgung umfasst.

Grosse Änderungen in der saudischen Ölpolitik sind vorerst aber nicht zu erwarten. Bereits im Januar hatte sich al-Falih am Weltwirtschaftsforum in Davos zur Ausrichtung seines Landes geäussert – und sich dabei als Befürworter der aktuellen Politik und der Reformpläne des Königshauses gezeigt.

Einen Tag nach seiner Ernennung erklärte al-Falih zudem offiziell, Saudi-Arabien werde die bestehende Ölpolitik fortführen – was bedeutet, tendenziell an den hohen Fördermengen festzuhalten und damit auf eine Preisstützung zu verzichten. Dies entspricht auch dem Konsens der Analysten.

Wie sein Vorgänger al-Naimi hat auch al-Falih den grössten Teil seiner beruflichen Karriere bei Saudi Aramco durchlaufen. Bereits 1979 stieg er – noch nicht einmal zwanzigjährig – in den staatlichen Ölgiganten ein, wo er über die folgenden Jahre kontinuierlich die Karriereleiter emporstieg. Parallel dazu schloss er an der Texas A&M University ein Bachelor-Studium in Maschinenbau ab, dem er später einen MBA (Master of Business Administration) an der King Fahd University of Petroleum and Minerals im saudischen Dhahran folgen liess.

Einen weiteren Karriereschritt machte al-Falih 2004, als er in den Verwaltungsrat von Saudi Aramco vorrückte. Fünf Jahre später übernahm er als CEO die operative Leitung. Die Ernennung zum Verwaltungsratspräsidenten 2015 wurde als klares Signal aufgefasst, dass er definitiv als Nachfolger von al-Naimi gesetzt ist – auch wenn al-Falih dabei gleichzeitig noch die Aufgabe erhielt, als Gesundheitsminister das marode Gesundheitswesen zu reformieren.

Al-Falih verfügt laut Marktbeobachtern über genügend Branchen- und Managementerfahrung, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern. Dass der als besonnen und weltmännisch beschriebene Saudi in der Energiebranche geschätzt wird, belegt auch der Preis, der ihm zu Jahresbeginn verliehen wurde. So erkoren ihn hochrangige Branchengenossen zum «Energy Intelligence Petroleum Executive of the Year» – eine Ehre, die 2013 beispielsweise auch dem Schweizer Peter Voser, damals CEO von Royal Dutch Shell (RDSB 1728 -0.23%), zuteilwurde.

In der Laudatio für al-Falih wurden seine starken Führungsqualitäten in turbulenten Zeiten hervorgehoben – Fähigkeiten, die ihm in den kommenden Monaten definitiv zugutekommen dürften. Seinen ersten Belastungstest erlebt er am 2. Juni, wenn er Saudi-Arabien erstmals am nächsten Opec-Zusammentreffen in Wien vertritt.

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