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15:06 Uhr - 26.02.2016

Strähle: «Im aktuellen Umfeld ist Plan A absolut valid»

Joachim Strähle, Chef des Vermögensverwalters EFG, über einen möglichen Kulturschock durch die Übernahme von BSI, ihre ehemalige Besitzerin BTG und den Standort Lugano.

Herr Strähle, EFG hat weniger als 1 Mrd. Fr. Börsenwert, muss aber mehr als 1 Mrd. für BSI aufbringen. Wie wird die fusionierte Bilanz der beiden Häuser am Ende aussehen?
An Kundenvermögen weisen wir per Ende 2015 rund 170 Mrd. Fr. aus. Die Bilanzplanung läuft erst an, und wie die Eröffnungsbilanz der kombinierten Gruppe aussehen wird, wissen wir erst bei Abschluss der Transaktion. Bis dahin brauchen wir nun erst einmal noch die Zustimmung der Regulatoren in mehr als dreissig Ländern, in denen wir auch in Zukunft aktiv sein wollen. In sechs bis neun Monaten soll das stattfinden.

Das ist ein ambitionierter Zeitplan.
Ich habe schon andere Fusionen erlebt, bei denen wir das in drei bis sechs Monaten geschafft haben. Mein Eindruck ist, dass die Regulatoren dem Deal wohlwollend gegenüberstehen. Darum glauben wir, dass wir die Sache zügig beenden können.

Die EFG-Aktien haben seit Bekanntgabe des Deals rund 10% an Wert verloren. Muss der Kaufpreis nun angeglichen werden?
Nein, der Kaufpreis besteht aus der festgelegten Anzahl der EFG-Aktien in Höhe von 52,6 Mio. Stück und 975 Mio. Fr. in bar. Jedoch besteht im Zusammenhang mit der Bezugsrechtsemission ein begrenzter Verwässerungsschutz für BTG, der garantieren soll, dass BTG mindestens 20% an EFG (EFGN 6.11 6.26%)/BSI halten wird.

Warum ist die Aktie von EFG so schwach?
Das müssen Sie den Markt fragen. Grundsätzlich sind ja die meisten Finanzwerte zurzeit schwach. Zudem schlägt sich in unserem Fall die Verwässerung durch die geplante Kapitalerhöhung im Kurs nieder. Der Mehrwert dieser Transaktion muss am Markt auch noch besser verstanden werden.

Was wird die maximale Verwässerung sein?
Das kann ich Ihnen noch nicht sagen. Das kommt auf viele Faktoren an, z.B. auf die Marktkonditionen und die definitive Finanzierungsstruktur, also ob wir den Deal so durchführen können, wie wir das vorgesehen haben.

Falls der Kapitalmarkt nicht mitspielt, wollen Sie die Transaktion allein mit der Hilfe der EFG-Besitzerfamilie Latsis und des BSI-Eigentümers BTG Pactual stemmen. Ist dieser Plan B im heutigen Umfeld nicht eigentlich schon der Plan A?
Überhaupt nicht. Wir haben eine Verpflichtung von mehreren globalen Investmentbanken, ein Volumen von 375 Mio. Fr. der geplanten Bezugsrechtsemission zu zeichnen. Darüber hinaus wird sich der Hauptaktionär mit mindestens 125 Mio. Fr. daran beteiligen. Im aktuellen Umfeld ist Plan A absolut valid.

Ab welchem Kurs Ihrer Aktie wird Plan A unmöglich?
Das kann man so nicht sagen. Ob Plan A attraktiv genug sein wird, hängt nicht nur von unserem Kurs, sondern auch vom Marktkontext und von den Konditionen ab. Im Moment geht es mir darum, die Finanzierung nach Plan A hinzubekommen. Jedoch ist es gut, einen Plan B zu haben, das gibt uns und dem Markt zusätzliche Transaktionssicherheit.

Wer sind die drei beteiligten Investmentbanken?
Ich darf die Namen nicht nennen. Aber sie gehören zu den üblichen namhaften.

Und die werden die 375 Mio. Fr., die nicht von der Familie Latsis übernommen werden, auf jeden Fall zeichnen?
Wenn unsere Generalversammlung die Kapitalerhöhung beschliesst, sind die Banken schriftlich zur Übernahme dieses Volumens verpflichtet.

BTG ist nicht nur Verkäufer, sondern bleibt mit mindestens 20% an Bord. Warum war eigentlich kein BTG-Vertreter an der Medienkonferenz, als der Deal verkündet wurde?
BTG hat diesen Wunsch nicht geäussert. Für uns war es wichtig, BSI dabei zu haben, als künftigen wesentlichen Teil der kombinierten Bank.

Wie viele Vertreter schickt BTG in den gemeinsamen Verwaltungsrat?
BTG hat voraussichtlich einen Sitz. Wer der Generalversammlung vorgeschlagen wird, steht noch nicht fest.

BTG ist in Finanznot und noch nicht stabilisiert, ein denkbar schlechter Ankeraktionär. Hätten Sie nicht eine Lösung anstreben sollen, bei der BTG ganz aussteigt?
Es war schlicht ein wesentlicher Teil des Deals, dass BTG beteiligt bleibt. Dadurch hat sie weiterhin einen Fuss im internationalen Private Banking und kann an den Chancen partizipieren.

Die Familie Latsis ist nun nicht mehr allein Herr im Haus. Was wird sich strategisch dadurch ändern?
Ich denke, nichts. Die Familie ist nach wie vor stark im Verwaltungsrat vertreten. Und mit mindestens 35% klarer Hauptaktionär. Wir erwarten, dass BTG ein stiller Investor sein wird.

Was ist mit den unterschiedlichen Kulturen innerhalb der beiden Banken? Wer wird sich durchsetzen?
Wenn wir mit BSI reden, sprechen wir die gleiche Sprache, nämlich Private Banking. Das war bei den einstigen BSI-Besitzern Generali (G 12.23 2.09%) und BTG nicht so umfassend der Fall. Die Kulturen unterscheiden sich im Wesentlichen nicht. In beiden Häusern wird man am Neugeld und an der Profitabilität gemessen. Wenn das in Lugano anders wäre, könnten wir noch einen gewissen Einfluss nehmen. Aber man muss sehen: Im Tessin ist EFG nicht vertreten. Hingegen findet rund die Hälfte des Geschäfts von BSI dort statt. Das wollen wir weiterführen. Und in Asien und Lateinamerika haben wir sowieso die gleiche Kultur. In Spanien und Grossbritannien ist EFG allein. In Monaco, wo rund 160 EFG- und BSI-Leute zusammenkommen, gibt es auch eine ähnliche Kultur. Einen Kulturschock befürchte ich nicht.

BSI hat aber noch ein Retail- und Corporate-Geschäft. Wird das beibehalten?
Das Retailgeschäft bei BSI besteht aus einer Abteilung mit ca. 35 Leuten. Es ist volumenmässig relativ klein, aber ertragsmässig bedeutend. Wir werden das beibehalten. Der Fokus von BSI liegt aber weiterhin klar auf dem Private Banking.

Der Standort Lugano wird also nicht angefasst?
Wir stehen ganz klar zu dem Standort. BSI wird dort auch als Marke weiterbestehen. Sie haben sehr gute Dienstleistungen dort, die wir nicht im gleichen Umfang haben, beispielsweise den Trading Floor. Insgesamt werden wir eine grössere Flexibilität haben, um die Vorteile aller drei Standorte Zürich, Genf und Lugano zu nutzen.

Wenn es um die Wahl der Bankensoftware geht, hat Temenos, die von EFG genutzt wird, nicht Probleme, das Retailgeschäft abzubilden?
Nein.

Spricht also alles für Temenos, wenn man betrachtet, dass Avaloq von BSI das ältere System ist und das Softwareunternehmen jetzt schon mit dem neuen System für Raiffeisen in Verzug ist?
Dazu will ich mich noch nicht äussern, da müssen wir erst noch Gespräche führen.

Wenn BSI aus Avaloq aussteigen würde, wer zahlt für die Vertragsauflösung?
Das müssen Sie BTG oder BSI fragen.

Die Migration auf eine Plattform preisen Sie als grossen Synergieeffekt an. Kommen so zwei Banken mit einem Kosten-Ertrags-Verhältnis von je über 80% auf ein gesünderes Niveau?
Beide Banken müssen da etwas tun, da kommen wir nicht darum herum. 185 Mio. Fr. werden wir durch die Fusion einsparen können, wesentlich durch die IT. Ich glaube, am Ende könnte es sogar mehr sein. Der Rest kommt durch die Zusammenlegung der Standorte und Stellenabbau zustande, der aber noch nicht konkret feststeht. Die Planung dafür wird bald durch ein Integrationsprojekt aufgenommen, in dem beide Banken gleichberechtigt vertreten sind. EFG hat vergangenes Jahr bereits bekannt gegeben, dass wir 200 Stellen und 30 Mio. Fr. einsparen, das gilt nach wie vor. Ich will grundsätzlich das Beste aus beiden Banken zusammenführen.

Mit wie viel Vermögensabfluss rechnen Sie während des Zusammengehens?
Wir können nicht ausschliessen, dass wir einen Vermögensabfluss haben. Wir nehmen an, dass er zwischen 5 und 10% liegen könnte. Das ist bewusst relativ hoch angesetzt, genauso wie übrigens die Integrationskosten von 200 Mio. Fr.

BSI ist in den Geldwäschereiverdachtsfall beim malaysischen Staatsfonds involviert. Wie sieht es mit den Risiken dort aus?
Wir sind abgesichert. Darauf haben wir Wert gelegt. Für etwaige Zahlungen liegen zudem erhebliche Mittel auf einem gesperrten Treuhandkonto in der Schweiz bereit.

Wie hoch sind diese Mittel?
Das darf ich nicht sagen.

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