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01:10 Uhr - 22.05.2015

Dollarschwäche beruhigt das Fed nicht

Der Greenback notiert wieder etwas tiefer. Dennoch fürchtet die US-Notenbank, dass der Aufwertungsschock bleibende Schäden hinterlassen hat.

Normalerweise äussert sich das Federal Reserve nicht zum Dollar. Der Wechselkurs fällt in die Domäne des Schatzamts, dem die US-Notenbank ungern in die Quere kommt. Die Turbulenzen am Devisenmarkt sind derzeit aber so heftig, dass sich das Fed nicht zurückhalten kann.

Avancierte der Greenback zu Jahresbeginn noch kräftig, dreht er sich nun rasch abwärts. Seit Mitte März hat er zum Euro fast 6% an Wert verloren und zum Franken gut 7% eingebüsst.

In der US-Notenbank sorgt das für Gesprächsstoff. «In der Diskussion um den globalen Konjunkturausblick hielten mehrere Teilnehmer fest, dass der Dollarkurs etwas gesunken ist», heisst es im Protokoll zur letzten Fed-Sitzung von Ende April. Dennoch notiere die US-Valuta nach wie vor «signifikant» höher als Mitte 2014 und «bleibt voraussichtlich ein Faktor, der die Exporte und das Wirtschaftswachstum in den USA einschränken werde», halten die Sitzungsunterlagen fest, die diese Woche veröffentlicht wurden.

Yellen in ungemütlicher Lage

Das Dollar-Problem bringt Fed-Präsidentin Janet Yellen in eine ungemütliche Lage. Anfang Jahr war sie überzeugt, dass die Wirtschaft auf einem robustem Expansionskurs sei, und stimmte Investoren auf die erste Zinserhöhung seit der Finanzkrise ein. Im Gegensatz dazu kündigte die Europäische Zentralbank ein massives Stimulusprogramm und rund um den Globus folgte eine Zinssenkung der anderen.

Das gab dem Dollar entsprechend Auftrieb. Gemessen an den wichtigsten Währungen wertete er sich innerhalb von acht Monaten um annähernd 26% auf, was dem stärksten Rally seit vier Jahrzehnten entsprach.

Dieser Trend hat nun gekehrt. Die US-Wirtschaft ist im ersten Quartal einmal mehr eingeknickt und wohl sogar leicht geschrumpft. Eine rasche Erholung ist nach zuletzt schwachen Daten aus Industrie und Konsum fraglich. Entsprechend sorgt das im Devisenhandel für Bewegung. «Der Dollar hat den Höhepunkt überschritten und steht jetzt unter Druck», meint David Rosenberg, Stratege von Gluskin Sheff.

Weniger Wetten auf festeren Dollar

Zufall oder nicht: Zeitlich fällt der Wendepunkt eng mit der Sitzung der US-Notenbank von Mitte März zusammen, an der sie den Konjunkturausblick deutlich dämpfte. An der Terminbörse ICE hatten Investoren vor diesem Fed-Treffen eine Rekordzahl von netto 81 210 Kontrakten auf einen festeren Dollar ausstehend. Derzeit sind es nur noch 55 300.

An eine Zinserhöhung zur Jahresmitte glaubt so gut wie niemand mehr. Yellen will sich zunächst sicher sein, dass sich die Lage am Devisen- und Bondmarkt beruhigt (vgl. Hauptartikel). Doch das wird nur solange möglich sein, bis sie eine Straffung der geldpolitischen Zügel erneut in Angriff nimmt.

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