Die Teuerung in den USA steigt auf 7,5%. Das macht eine schärfere Reaktion des Fed immer wahrscheinlicher.
Die Inflation in den USA ist im Januar auf 7,5% im Vorjahresvergleich gestiegen. Erwartet wurden 7,2%. Gemäss dem Statistikbüro BLS (GBB17WCN2 0.3000 +0.00%) sind die Preise weiter auf breiter Front avanciert, nachdem die Teuerung im Dezember bereits 7% erreicht hatte. Schon damals herrschte in den USA die höchste Inflation seit vierzig Jahren.
Abermals sind die Preise für Energie (+27%) gestiegen, vor allem für Heizöl (+46,5%) und Benzin (+40%). Auch Autos (+12,2%) und Gebrauchtwagen (+40,5%) sind teurer geworden. Die Kosten für Unterkunft – die Mieten und äquivalente Ausgaben für den Immobilienbesitz einschliessen – haben 4,4% zugenommen.
Die letzteren beiden machen 40% der Kerninflationsrate aus, die Preise des Nahrungs- und des Energiesektors ausschliesst, da sie meist volatiler sind. Dennoch ist auch die Kerninflation auf 5,9% gestiegen. Im Dezember lag sie noch bei 5,5%.
Die Preise steigen, weil eine höhere Nachfrage nach Gütern – gestützt durch Covid-Hilfsgelder während der Pandemie – auf ein gedämpftes Angebot aufgrund von ebenfalls coronabedingten Lieferkettenengpässen trifft. Personalmangel fast in der ganzen US-Wirtschaft spielt hier eine wichtige Rolle.
Dieser lässt zudem die Löhne kräftig steigen, was ebenfalls zur Inflation beitragen kann. Frische Arbeitsmarktzahlen in der vergangenen Woche haben das nochmals nahegelegt, auch wenn laut den Analysten von Goldman Sachs (GS 374.53 +1.20%) noch keine Lohn-Preis-Spirale sichtbar ist, die die Inflation weiter nach oben schnellen lassen könnte.
Die US-Notenbank Fed glaubt immer noch, die Inflation werde im zweiten Halbjahr unter 4% zurückfallen. Die Pandemie werde bis dahin endemisch sein, die Nachfrage werde sich wieder hin zu mehr Dienstleistungen verlagert haben, und die Lieferketten würden sich auch dank einer besseren Personalsituation bis dahin entspannen.
Die Inflationserwartungen des Marktes liegen zwar etwas höher, tendieren aber dazu, dem Fed zu folgen. Der Höhepunkt der Teuerung wird für den Februar prognostiziert. Der monatliche Trend lässt eine Entspannung der Teuerung aber noch kaum erahnen. Fast alle Kategorien sind im Januar gegenüber Dezember gestiegen. Nur Heizöl, Energie, Rohstoffe und damit verbundene Dienstleistungen haben leicht nachgelassen.
So hat Fed-Chef Jerome Powell bereits signalisiert, dass die Notenbank an ihrer nächsten Zinssitzung im März die Zügel anziehen will. Der Markt erwartet für dieses Jahr bereits fünf bis sechs Zinsschritte à 25 Basispunkte (Bp). Die Analysten von Bank of America (BAC 49.28 -0.20%) (BofA) halten sogar sieben für möglich. Bis vor kurzem noch eine Minderheitsmeinung wird einem Zinsschritt von gleich 50 Bp im März bereits eine Chance von rund 50% eingeräumt. Ein weiterer kritischer Arbeitsmarkt- und Inflationsbericht im März könnte dem ein noch grösseres Gewicht geben.
Vor dem Hintergrund der höher als erwartet ausgefallenen Inflationszahlen und in Erwartung einer strafferen Geldpolitik eröffnete der US-Aktienmarkt am Donnerstag mit Verlusten. Die laufende Berichtssaison ist geprägt von gemischten Ergebnissen. Einige Unternehmen scheinen die Margenexpansion ausgereizt zu haben. Die Aktien der Gesellschaften, die schwächere Zahlen oder Ausblicke liefern, werden in diesem volatilen Umfeld teilweise hart abgestraft. Auch der Anleihenmarkt hat erwartungsgemäss reagiert. Die Zinsen auf zehnjährige US-Staatsanleihen sind auf knapp unter 2% gestiegen.
Die BofA-Analysten erwarten, dass, wenn das Fed in den mittlerweile arg überbewerteten US-Aktienmarkt hinein die Zinsen erhöht, der breite Index S&P 500 bis Ende Jahr markant an Wert verlieren werde. Hingegen sagen die Analysten von JPMorgan, das Fed werde am Markt nicht für einen Schock sorgen, der S&P 500 werde das Jahr im Plus abschliessen. Experten wie Ed Yardeni gehen davon aus, die Inflation werde im Laufe des Jahres nachlassen und das Fed müsse am Ende gar nicht so stark wie erwartet die Geldpolitik straffen.
Tom Porcelli, Chefökonom von RBC Capital Markets, sagte gegenüber Bloomberg: Als im Januar Omikron wütete, hätte die starke Nachfrage nach Gütern die Inflation weiter angeheizt. In den kommenden Monaten, in denen weitere Öffnungsschritte in vielen US-Bundesstaaten folgten, würde durch die Verlagerung von einer Güter- hin zu einer Dienstleistungsnachfrage die Preise markant sinken.
Die Analysten von TS Lombard weisen ebenfalls darauf hin, dass die Inflation ein Indikator ist, den man im Rückspiegel betrachtet. Nach vorne geblickt sei zu erkennen, dass sich die Wirtschaftsleistung abschwäche, was ebenfalls dazu beitragen werde, dass sich die Preisdynamik abkühle.
Larry Summers, ehemaliger US-Finanzminister, sagt, Inflation verschwinde nicht einfach von selbst, ohne dass das Fed rasch und fühlbar für den Markt agiere. Die Analysten von BCA Research weisen auf die gestiegenen Energiepreise hin und wie eine Eskalation der Ukrainekrise diese weiter vorantreiben könnte. Gary Shilling, Gründer der gleichnamigen Wirtschaftsberatung, betont, dass auf elf der vergangenen zwölf Phasen der Fed-Zinsanhebungen eine Rezession folgte.
Es braucht wohl weitere Daten in den kommenden Monaten, um zu entscheiden, wer am Ende recht behält. In dieser unsicheren Zeit empfehlen viele Analysten defensive Aktien, Value- und Dividendentitel. BCA hebt die Branche der Basiskonsumgüter als den defensivsten Sektor hervor. Für Anleger bietet ebenfalls ein Blick in die Geschichte weitere Anhaltspunkte, wie sich der Markt in Zeiten von Fed-Zinszyklen und einem Zwischenwahljahr in den USA verhält.
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