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14:08 Uhr - 14.06.2017

Der Hype um Bitcoin nimmt kein Ende

Bitcoin und andere Kryptowährungen klettern auf Rekordstände. Was Anleger zu den Chancen und den Risiken solcher Investments wissen müssen.

Auf einmal lieben alle Bitcoin. Am Sonntag ist nun auch die Marke von 3000 $ gefallen. Die hohen Kursgewinne sorgen für Aufsehen. Auch Anleger, die sonst höchstens in Aktien und Obligationen investieren, haben aufgehorcht. In einem Umfeld, das neben Minizinsen nur durchschnittliche Renditen verspricht, fällt eine Vervielfachung des Kurses umso mehr auf. Darin sieht Luzius Meisser, Ökonom und Gründer der Bitcoin Association Switzerland, einen der Hauptgründe für die explodierenden Notierungen: «Der Kurssprung ist von der Marktpsychologie getrieben.»

Auch andere Marktteilnehmer registrieren ein rasant gestiegenes Interesse von Anlegern. Die Bank Vontobel (VONN 63.2 2.51%), die vor elf Monaten ein Bitcoin-Tracker-Zertifikat herausgegeben hatte, erhöhte im März das Emissionsvolumen auf mehr als das Doppelte. Anfang Woche gab die Zuger Crypto Fund zudem bekannt, auf Ende Jahr einen regulierten, passiven kotierten Anlagefonds (ETF) auf Kryptowährungen herauszugeben.

Doch ist der Hype um Bitcoin und Co. bloss eine Blase? Oder haben Digitalwährungen weiteres Kurspotenzial? «Finanz und Wirtschaft» hat die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema zusammengetragen:

» Weshalb steigt der Preis für Bitcoin von Rekord zu Rekord?
» Gibt es noch weitere Gründe?
» Wo liegen die Risiken?
» Welche Digitalwährungen gibt es neben Bitcoin?
» Bei welchen Digitalwährungen könnte sich ein Investment lohnen?
» Wie kann man in Digitalwährungen investieren?
» Wie sicher sind meine gekauften Bitcoin?
» Gibt es alternative Möglichkeiten, in Bitcoin oder andere Digitalwährungen zu investieren?
» Gibt es auch kostengünstige ETF?
» Weshalb gibt es digitale Währungen?
» Werden Digitalwährungen zu einer neuen Anlageklasse?
» Was kann ich in der Schweiz mit Bitcoin kaufen?

Weshalb steigt der Preis für Bitcoin von Rekord zu Rekord?

Einzig und allein wegen der hohen Nachfrage. Digitalwährungen haben keinen inneren Wert. Auch ökonomisch lässt sich kein Preis ermitteln, der einen Anhaltspunkt für die faire Höhe ermöglichen würde. Der Kurs ist deshalb davon getrieben, wie viele Anleger Bitcoin kaufen wollen. Solange die Nachfrage hoch bleibt, wird der Bitcoin-Preis weiter steigen. Denn die Angebotsseite ist limitiert. Ein grosser Teil der Bitcoin-Einheiten ist geschaffen worden, im Jahr 2130 wird Bitcoin wegen der regelmässigen Halbierung des Emissionsvolumens voraussichtlich das Maximum von 21 Mio. Einheiten erreichen.

Gibt es noch weitere Gründe?

Die Akzeptanz von Bitcoin nimmt fortlaufend zu. So hat Japan im April Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel zugelassen. Auch in Australien soll Bitcoin per 1. Juli zugelassen werden. In China wird ebenfalls über eine Regulierung diskutiert. Das sind alles Anzeichen, dass sich die Digitalwährung in Richtung einer breiteren Akzeptanz entwickelt. Das zeigt sich auch an der massiven Zunahme der Bitcoin-Transaktionen. In den vergangenen zwölf Monaten wurden 100 Mio. Bitcoin-Transaktionen durchgeführt. Das ist fast die Hälfte sämtlicher Transaktionen, die seit 2009 gemacht wurden. Je beliebter Bitcoin als Zahlungsmittel wird, desto stärker steigt die Nachfrage. Dies wiederum treibt den Preis weiter an.

Wo liegen die Risiken?

Es gibt zwei Hauptrisiken: Niemand weiss heute, welche Bedeutung Bitcoin in fünf oder zehn Jahren haben wird. Das zeigt allein schon die Entwicklung in diesem Jahr: Hatte Bitcoin Anfang Jahr bei Digitalwährungen noch einen Marktanteil von 90%, ist er bis heute auf die Hälfte geschrumpft. Das liegt vor allem am schnellen Wachstum der Konkurrenzwährung Ether. Im schlimmsten Fall kann dem Anleger deshalb ein Totalverlust des Einsatzes drohen.

Welche Digitalwährungen gibt es neben Bitcoin?

Weltweit existieren derzeit über 800 Kryptowährungen. Am bekanntesten ist das Projekt Ethereum, dessen Währung Ether heisst. Streng genommen ist das keine Kryptowährung, sondern eine Plattform zur Abwicklung sogenannt intelligenter Verträge (Smart Contracts). Ebenfalls stark aufgekommen ist Ripple. Das dahinterstehende Netzwerk ist als Kombination aus Handelsplatz und Zahlungsnetzwerk gedacht. Im Gegensatz zu Bitcoin können Ripple nicht vom Nutzer geschürft werden. Der Wert aller Kryptowährungen hat inzwischen die Schwelle von 100 Mrd. $ überwunden. Das entspricht dem Börsenwert von UBS (UBSG 15.83 0.51%) und ABB (ABBN 24.59 0.65%).

Bei welchen Digitalwährungen könnte sich ein Investment lohnen?

Nur die drei beliebtesten Digitalwährungen – Bitcoin, Ether und Ripple – weisen eine Marktkapitalisierung von 10 Mrd. $ und damit eine genügend hohe Liquidität auf. Platzhirsch ist weiterhin Bitcoin, dicht gefolgt von Ether. Gemäss vielen Krypto-Anhängern gehört der vom Zuger Start-up Ethereum herausgegebenen Währung die Zukunft. Hinter Ethereum steckt der 23-jährige Russe Vitalik Buterin. Jüngst hat sich gar Russlands Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen am St. Petersburger Wirtschaftsforum für Ether als künftige virtuelle Währung interessiert. Nicht zuletzt deshalb hat sich Ether allein dieses Jahr um 5000% verteuert.

Wie kann man in Digitalwährungen investieren?

Der übliche Weg läuft über einen der zahlreichen Online-Handelsplätze. Er ist oftmals aufwendig und dauert mehrere Tage. Die meisten Möglichkeiten bietet Bitcoin. An den Börsen stellen die Besitzer ihr Angebot ein – ähnlich wie auf einer eBay-Plattform. Der Käufer kann sich für das attraktivste Angebot entscheiden. Anschliessend muss er den Gegenwert auf das Bankkonto des Anbieters überweisen. Zu den bewährten Börsen gehört beispielsweise Bitstamp aus Luxemburg, die weltweit das zweithöchste Handelsvolumen aufweist. Grundsätzlich lohnt es sich, nur bei den Börsen mit hohem Handelsvolumen Bitcoin zu kaufen.

Wie sicher sind meine gekauften Bitcoin?

Wer seine Bitcoin sicher aufbewahren will, muss die Dienste eines Wallet-Anbieters wie zum Beispiel Ledger oder Trezor in Anspruch nehmen. Dies entspricht einem digitalen Portemonnaie. Darin werden streng genommen nicht die Bitcoin, sondern der digitale Schlüssel gespeichert, um auf die eigenen Bitcoin zugreifen zu können. Wer seine Bitcoin nicht sichert, läuft Gefahr, sein Geld bei einem Hackerangriff auf eine Börse teilweise oder ganz zu verlieren.

Gibt es alternative Möglichkeiten, in Bitcoin oder andere Digitalwährungen zu investieren?

Bislang gibt es kaum Anbieter, die entsprechende Produkte herausgegeben haben. Vorreiter ist die Bank Vontobel, die vor einem Jahr ein Tracker-Zertifikat auf den Markt gebracht hat. Damit partizipieren Anleger an der Entwicklung des in Dollar gehandelten Bitcoin-Kurses. Es ist wie alle strukturierten Produkte kein Fonds, sondern eine Schuldverschreibung. Der Anleger ist Gläubiger und trägt das Gegenparteirisiko des Emittenten Bank Vontobel. Die Laufzeit beträgt zwei Jahre. Da die Nachfrage hoch ist, dürfte Vontobel ein Nachfolgeprodukt ausgeben.

Gibt es auch kostengünstige ETF?

Seit Jahren versuchen die Gebrüder Winklevoss in den USA, einen Bitcoin-ETF aufzulegen. Bislang hat die US-Börsenaufsicht SEC ihren Segen noch nicht erteilt. Nun versucht in der Schweiz ebenfalls ein Anbieter sein Glück. Die Zuger Crypto Fund will bis Ende Jahr den weltweit ersten zugelassenen ETF auf Kryptowährungen anbieten. Allerdings wird das Produkt vorerst institutionellen Anlegern vorbehalten sein. CEO Jan Brzezek schliesst gegenüber «Finanz und Wirtschaft» nicht aus, dass der ETF bereits nächstes Jahr auch Privatanlegern zur Verfügung stehen wird.

Weshalb gibt es digitale Währungen?

Der Ursprung liegt in der Finanzkrise von 2007. Die zunehmende Verschuldung der Staaten hat dazu geführt, dass institutionell unabhängige Währungen konzipiert wurden. Bitcoin und Co. werden über ein dezentrales Netzwerk herausgegeben und gesteuert. Es basiert auf der Blockchain-Technologie und kann weder von Unternehmen noch vom Staat beeinflusst werden.

Werden Digitalwährungen zu einer neuen Anlageklasse?

Die Meinungen darüber sind geteilt. Nicht alle sind überzeugt, dass sich Digitalwährungen langfristig durchsetzen werden. Dennoch befassen sich immer mehr Vermögensverwalter mit dem Thema, weil sie von ihren Kunden darauf angesprochen werden. «Allein in den vergangenen zwölf Monaten sind die Bilanzen der Zentralbanken weltweit um 2 Bio. $ gestiegen. Da machen sich Anleger Gedanken, wohin das führen kann», sagt Stephen Jones, Anlagechef des britischen Vermögensverwalters Kames Capital. Dass in einem solchem Umfeld Bitcoin Zuspruch erhalte, sei nicht weiter verwunderlich.

Was kann ich in der Schweiz mit Bitcoin kaufen?

In Bezug auf Digitalwährungen ist die Schweiz ein Entwicklungsland. «Das starke Banking in der Schweiz limitiert den Einsatz von Bitcoin», sagt Brzezek von Crypto Fund, selbst ein Ex-UBS-Banker. Zwar sind im Zuger «Crypto Valley» zahlreiche Blockchain- und Kryptowährungs-Start-ups angesiedelt. Allerdings ist der Einsatz von Digitalwährungen in der Schweiz noch sehr beschränkt. Landesweit gibt es nur ein paar Dutzend Geschäfte, die Zahlungen mit Bitcoin akzeptieren. Die SBB ermöglicht zwar an jedem Billettautomaten zu relativ hohen Kosten den Bezug von Bitcoin, als Zahlungsmittel haben die Bahnen die Digitalwährung aber noch nicht zugelassen.

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