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11:03 Uhr - 10.05.2016

Privatbanken: Stark in stürmischen Zeiten

Trotz schwierigem Umfeld schlagen sich die kotierten Schweizer Privatbanken mehrheitlich wacker.

Das Marktumfeld für die grossen kotierten Schweizer Vermögensverwalter Julius Bär (BAER 39.37 1.6%), Vontobel (VONN 40.65 1.62%) und EFG (EFGN 5.94 0.68%) International könnte besser sein. Das Geschäft lief zum Jahresende 2015 ernüchternd. Die Entwicklung setzte sich zum Jahresstart 2016 fort. Doch zwei von drei schlagen sich wacker.

FuW-Beilage «Private Banking»Dieser Beitrag ist Teil der Private-Banking-Beilage von «Finanz und Wirtschaft». Weitere Beiträge und Interviews der Publikation  vom 30. April 2016 befassen sich mit der Zukunft des Finanzplatzes Schweiz, dem Wandel im Banken- und Vermögensverwaltungsgeschäft, der Frage nach dem gläsernen Kunden auch in der Schweiz und diversen Analysen zur Anlagestrategie. Die gesamte Beilage ist als PDF unter www.fuw.ch/Magazine abrufbar.Die Bruttomarge ist bei allen ein Problem. Sie zeigt an, wie viel Ertrag die Privatbanken aus den ihnen anvertrauten Vermögen für sich selbst herausholen. Das vergangene Jahr begann gut, doch dann kühlte sich die Handelsaktivität der Kunden aufgrund eines geringeren Risikoappetits in der zweiten Jahreshälfte merklich ab. Der Margenschwund – ein hartnäckiges Phänomen seit der Finanzkrise – setzte sich fort.

Vontobel war die Erste, die jüngst über die Geschäftsentwicklung im ersten Quartal 2016 informierte. «Respektabel» sei die Bank ins Jahr gestartet, sagte CEO Zeno Staub an der Generalversammlung. Die betreuten Kundenvermögen betrugen per Ende März 142,3 Mrd. Fr. und lagen damit über den durchschnittlichen Kundenvermögen 2015.

zoomDie Paradedisziplin der Privatbank ist allerdings nicht das lange Zeit schon schwächelnde Private Banking, sondern das Asset Management. Hier verwaltet Vontobel den Grossteil ihrer Kundenvermögen. Über 60% des Vorsteuergewinns kommen mittlerweile aus dieser Division. Einen Dämpfer hat das Geschäft allerdings unlängst durch den Abgang des Starmanagers Rajiv Jain erlitten. Nachdem die «Quality Growth»-Boutique in New York zum Jahreswechsel noch knapp 50 Mrd. $ verwaltet hatte, waren es Ende März nur noch 44,4 Mrd.$. Weitere Abflüsse sind wahrscheinlich. Der Aktienkurs hat sich allerdings rasch stabilisiert. Es gibt ein Leben nach Jain, schreiben die Analysten der Zürcher Kantonalbank.

Die Perle Deritrade

Das Standbein wird zu alter Stärke zurückfinden. Unter dem Gesichtspunkt einer klaren Fokussierung wäre die Entwicklung hin zu einem puren AssetManager begrüssenswert. Doch diesem Planspiel erteilt Zeno Staub regelmässig eine klare Absage. Die unterschiedlichen Standbeine würden das Geschäft optimal diversifizieren.

Ausser dem Private Banking schwächelt zurzeit auch die Investmentbank, aufgrund geringerer Nachfrage nach strukturierten Produkten. Vontobels Marktplatz für Derivate, Deritrade, ist dennoch eine Perle der Privatbank. Dort vergleichen Investoren bislang Angebote von sieben Emittenten, die ihre Produkte selbst konstruieren. Im Laufe des Jahres wird Vontobel auch für Anbieter, die keine technische Infrastruktur besitzen, Produkte strukturieren. Damit entsteht ein Konkurrent zu Leonteq (LEON 66.65 5.04%) und vielleicht ein zukünftiger Kandidat für einen Börsengang.

Das Geschäft von Vontobel ist solide und unaufgeregt. Das Team setzt auf organisches Wachstum, unterstützt durch punktuelle ergänzende Zukäufe. Die Bank ist gut kapitalisiert und die Dividendenrendite ansehnlich. Ein Einstieg in die Titel dürfte sich daher lohnen.

Stark in schwierigen Zeiten zeigt sich auch Julius Bär. Vor allem die Präsenz in Asien verspricht für die Zukunft einen ansehnlichen Neugeldzuflus . Wobei hier natürlich das Risiko besteht, bei einer harten Landung der chinesischen Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen zu werden.

Bär verfolgt eine klare Wachstumsstrategie, auch über Zukäufe. Der Vermögensverwalter hat vergangenes Jahr die Integration des internationalen Vermögensverwaltungsgeschäfts von Merrill Lynch abgeschlossen. Und die Bären befinde sich schon in der nächsten Bieterrunde für das asiatische Private Banking der britischen Grossbank Barclays (BARC 162.3 2.46%).

Wenn es auf dem Markt etwas zu holen gibt, dann ist Bär meistens dabei. Man verstehe sich auf dem Schweizer Finanzplatz als Käufer Nummer eins, sagte CEO Boris Collardi unlängst «Finanz und Wirtschaft». Das birgt natürlich auch das Risiko, einmal zu viel für Kundenvermögen zu zahlen oder sich vergiftete Assets ins Haus zu holen. Den Steuerstreit mit den USA hat Bär zu Jahresbeginn beigelegt.

Bei der Jahresmedienkonferenz hat die Vermögensverwalterin zudem ihre Kapitalmanagementstrategie bekannt gegeben. Die Dividende soll mindestens bei 40% des Gewinns liegen. Sonderdividenden oder Aktienrückkäufe werden vom Management erwogen. Die Analysten von Berenberg bescheinigen der Privatbank eine «operationelle Überlegenheit» gegenüber ihren Konkurrenten. Die Aktie scheint vor diesem Hintergrund einen Kauf wert. Zwar sinken die Bruttomargen seit Jahren, doch prognostizieren die Experten von Berenberg eine Stabilisierung. Der letzte Margenschwund ist klar den sich abkühlenden Marktbedingungen zuzurechnen, die Situation wird sich also wieder verbessern, wenn die Stimmung am Markt sich aufhellt.

Der Husarentritt von EFG

Zuletzt das Sorgenkind unter den drei grossen kotierten Schweizer Privatbanken. EFG International befindet sich unter CEO Joe Strähle seit längerer Zeit in einem Turnaround-Prozess. Sparmassnahmen wurden angekündigt. Die Zahlen für 2015 waren enttäuschend. Sie wurden allerdings überlagert von der gleichzeitigen Ankündigung, die Tessiner Privatbank BSI zu übernehmen. Die grössere BSI (88 Mrd. Fr. Kundenvermögen gegenüber 84 Mrd. Fr.) übernehmen zu wollen, ist ein gewagtes Unterfangen.

Der Markt zeigt sich ob der Pläne skeptisch. Die Aktien haben seit Anfang des Jahres rund 40% an Wert verloren. EFG hat keine grosse Erfahrung, wenn es um erfolgreiche Grossübernahmen geht, zudem ist die erwähnte Performance von EFG schwach und bedürfte eigentlich der Aufmerksamkeit des Managements. Ausserdem haben die beiden Banken unterschiedliche Kulturen, was für Schwierigkeiten während des Zusammengehens sorgen kann. EFG selbst rechnet mit bis zu 10% Abflüssen an Kundenvermögen. Vor diesem Hintergrund ist von den Titeln der Privatbank abzuraten.

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