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13:43 Uhr - 03.08.2018

GAM-CEO: «Wir erwarten keine weiteren Probleme»

Alexander Friedman, Chef des Vermögensverwalters GAM, erläutert, wie es mit den geschlossenen ARB-Funds weitergehen soll und inwiefern das übrige Geschäft betroffen ist.

Die Aktien von GAM (GAM 8.725 2.23%) haben in der zu Ende gehenden Woche rund ein Viertel ihres Werts verloren. Auslöser war die Meldung, dass der Vermögensverwalter seinen Fondsmanager Tim Haywood suspendieren und von ihm verantwortete Fonds vom Handel aussetzen musste. CEO Alexander Friedman stellt sich in einem schriftlich geführten Interview den Fragen der FuW. Zur Zukunft von ihm selbst als CEO und zur Gefahr einer Übernahme des Unternehmens wollte er allerdings nicht Stellung nehmen.

Herr Friedman, GAM hat diese Woche entschieden, die Absolute Return Bond Funds (ARBF) mit einem Volumen von 7,3 Mrd. Fr. zu schliessen. In welchem Ausmass haben Kunden bisher Anteile zurücknehmen wollen?
Zunächst möchte ich klarstellen, dass GAM die Absolute-Return-Bond-Fonds (ARBF) nicht geschlossen hat. Die Verwaltungsräte der betreffenden Fonds haben jedoch, wie von GAM empfohlen, beschlossen, Zeichnungen und Rücknahmen für diese Fonds bis auf weiteres auszusetzen. Diese Entscheidung wurde aufgrund der hohen Rücknahmen getroffen, die eingegangen sind seit der kürzlich vermeldeten Suspendierung von Tim Haywood, dem Investment Director der ARBF-Fonds.

Sind es mehr als die 10%, die gewöhnlich eine solche Suspendierung des Fondshandels auslösen?
Sie haben recht, dass über 10% ein übliches Niveau ist, welches Fondsverwaltungsräte in Betracht ziehen, aber dies hängt in der Regel auch von den spezifischen Umständen und den jeweils betroffenen Fonds ab. Wir sind davon überzeugt, dass die Aussetzung des Handels in diesem Fall die Gleichbehandlung aller Anleger gewährleisten und ihre Interessen schützen wird. Unsere Teams fokussieren sich nun auf die Zusammenarbeit mit den Fondsgremien, um die Situation für unsere Investoren so schnell wie möglich zu lösen.

Welche Performance weisen die betreffenden Fonds seit Jahresbeginn auf, haben sie sich besser als der Benchmark entwickelt?
Die Performance der ARBF-Fonds ist seit Jahresbeginn leicht rückläufig, was generell im Einklang mit der Entwicklung bei den relevanten Vergleichsfonds ist. Bei einer längerfristigen Betrachtung sieht man jedoch, dass diese Fonds seit der Auflegung gute Renditen für ihre Investoren geliefert haben. Ich möchte hier nochmals klarstellen, dass unsere interne Untersuchung keinerlei Abweichungen von einer legitimen Anlagestrategie aufzeigt hat. Die Strategie ist solide und wir haben ein starkes Team von zwanzig sehr talentierten und erfahrenen Anlageexperten, die diese Fonds verwalten. Daher suchen wir nach alternativen Strukturen für Kunden, die mit dem ARBF-Team investiert bleiben möchten.

Sind ausser Tim Haywood weitere Mitarbeiter von Untersuchungen oder einer Suspendierung betroffen?
Keine weiteren Mitarbeiter von GAM sind in Bezug auf diese Angelegenheit untersucht worden. Der forensische Teil der Untersuchung ist weitgehend abgeschlossen, und wir erwarten nicht, dass weitere Probleme auftauchen werden.

Wie geht es weiter mit den betroffenen Fonds? Werden sie liquidiert?
Die Fondsverwaltungsräte prüfen alle möglichen Szenarien, einschliesslich der Liquidation von Fonds. Unser Fokus liegt auf dem Schutz der Anlegerinteressen. Daher betrachten wir alle Optionen hinsichtlich der Maximierung von Wert und Liquidität für Investoren sowie alternative Strukturen für unsere Kunden.

Wie lange müssen die Kunden nun auf eine Auszahlung warten?
Dies hängt davon ab, was die zuständigen Fondsverwaltungsräte für die beste Vorgehensweise halten, und wir arbeiten eng mit ihnen zusammen, um mögliche Optionen zu überprüfen. Wir bleiben in ständigem Kontakt mit unseren Kunden, um sie über den Fortschritt auf dem Laufenden zu halten. Wir tun alles, um die Situation so schnell wie möglich zu lösen.

Davon ausgehend, dass GAM weitere 7 Mrd. Fr. in anderen Absolute-Return-Strategien verwaltet: Welche Performance weisen sie aus, und gibt es auch bei diesen nun höhere Rücknahmen?
Unsere anderen Absolute-Return-Produkte sind nicht mit ARBF verbunden. Wir haben mehrere andere Absolute-Return-Strategien in Aktien und auch in festverzinslichen Anlagen. Ich möchte betonen, dass die potenziellen Bedenken hinsichtlich Risikomanagementverfahren und Dokumentationpflichten in Bezug auf die Suspendierung dieses einen Investmentmanagers nicht mit unseren anderen Produkten oder Investmentteams bei GAM oder unseren Drittverwaltern zusammenhängen. Diese verwalten wie üblich weiterhin die Portfolios ihrer Kunden. Unser Absolute-Return-Equity-Team in Lugano zum Beispiel hat in diesem Jahr sehr erfolgreich die Volatilität an den Märkten navigiert. Seine Strategie basiert auf der Analyse, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass Unternehmen die Gewinnschätzungen übertreffen. Es nimmt Long-Positionen in Unternehmen ein, für die seine Fundamentalanalyse die Wahrscheinlichkeit anzeigt, dass die in den nächsten 12 bis 18 Monaten gemeldeten Gewinne über dem Konsens der Analystenschätzungen liegen, und Short-Positionen, wenn seine Analyse das Gegenteil ergibt.

GAM fehlen nun die Verwaltungsgebühren aus den geschlossenen Fonds, was geschätzt auf Jahresbasis rund 45 Mio. Fr. ausmacht. Wie wollen Sie dies kompensieren?
Das ist natürlich ein Rückschlag für das Unternehmen, aber wir sind heute in einer besseren Position, um dies zu überstehen als vor drei oder fünf Jahren. Unsere Strategie in den letzten Jahren bestand darin, unser Geschäft kontinuierlich zu diversifizieren, und wir haben einige ermutigende Ergebnisse daraus erzielt. Ja, ARBF ist eine unserer grösseren Strategien, aber wir haben viele andere differenzierte Strategien in spezialisierten Anleihen-, Aktien- und systematischen Segmenten, die ein grosses Kundeninteresse auf sich ziehen. Wir suchen auch ständig nach neuen Möglichkeiten in Bereichen, die eine klare Diversifizierung gegenüber traditionellen Anlageklassen und breiten Markttrends bieten.

Generell betrachtet hat sich bei GAM der Anteil der verwalteten Vermögen, die sich gleich oder besser entwickeln als der jeweilige Benchmark, von 77% per Ende 2017 auf 56% per Ende Juni verschlechtert. Auch die renditeabhängigen Gebühren haben sich deutlich verringert. Hat GAM seine Fähigkeit verloren, den Markt zu schlagen?
Ich glaube nicht, dass wir unsere Fähigkeit zur Outperformance verloren haben. Es stimmt, dass einige unserer Fonds in der ersten Hälfte dieses Jahres etwas mit dem Marktumfeld zu kämpfen hatten. Der Rückgang der Performance gegenüber den jeweiligen Benchmarks ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass drei grössere Fonds im ersten Halbjahr unterdurchschnittlich abschnitten. Aber mehr als 75% unserer Fonds haben in den letzten drei und fünf Jahren eine Outperformance gegenüber ihren Vergleichsgruppen erzielt, und das ist ziemlich beeindruckend. Wie bereits erwähnt, ist das Produktangebot von GAM sehr breit und daher können je nach den verschiedenen Faktoren einige Strategien in einem bestimmten Zeitraum besser abschneiden als andere und umgekehrt. Gerade in unserer Branche, in der es nicht immer leicht ist, den Lärm auf den Märkten zu durchschauen, ist es daher unerlässlich, einen langfristigen Horizont zu wahren.

Die jüngsten Entwicklungen dürften es GAM erschweren, Neugeld zu generieren. Muss GAM nun seine Ziele anpassen?
Wir haben keine Ziele für Nettozuflüsse. Es ist klar, dass das Umfeld für Asset-Manager allgemein schwieriger geworden ist. Das können wir auch an den Meldungen von unseren Wettbewerbern erkennen. Natürlich hilft uns die Tatsache, dass wir einen Investmentmanager suspendieren mussten, nicht. Aber wir setzen auf solide Anlage- und Risikomanagementprozesse im gesamten Unternehmen und tun alles Notwendige, um sicherzustellen, dass unsere Kunden weiterhin mit Vertrauen mit uns investieren können.

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