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07:14 Uhr - 29.12.2015

Bilanzieren nach Schweizer Art wird beliebter

Immer mehr Schweizer Unternehmen wechseln vom internationalen Rechnungslegungsstandard IFRS zu Swiss GAAP FER. Das Ziel ist, die Komplexität zu verringern und Kosten zu sparen.

Der Trend bei kleineren und mittelgrossen Unternehmen, zum Rechnungslegungsstandard Swiss GAAP FER zu wechseln, hält an. Im November teilte die Industriegruppe Looser (LOHN 42.05 4.6%) mit, von den IFRS-Regelungen auf den Schweizer Standard Swiss GAAP FER umzustellen, und kurz vor Weihnachten beschloss Ascom (ASCN 15.6 0%) den Wechsel. Der Telecomausrüster kritisierte, die Anwendung des Rechnungslegungsstandards IFRS sei in den vergangenen Jahren zunehmend komplex und restriktiv geworden. Demgegenüber orientiere sich Swiss GAAP FER an einem «pragmatischeren Ansatz», der die Bedürfnisse mittelgrosser internationaler Unternehmen wie der Ascom-Gruppe vollumfänglich erfülle.

Spielraum für kleinere Unternehmen

Der Rechnungslegungsstandard IFRS (International Financial Reporting Standards) muss seit 2005 in EU-Staaten für sämtliche kotierten Unternehmen gesetzlich angewendet werden. Auch in der Schweiz wurde er gleich nach der Einführung übernommen. Unternehmen im SIX-Hauptsegment müssen seit 2005 ihren Konzernabschluss gemäss den IFRS-Regelungen oder dem amerikanischen Standard US-GAAP darstellen. Schweizer Gesellschaften im Nebensegment dürfen dagegen auf die Rechnungsregelung Swiss GAAP FER ausweichen.

Tatsächlich ist die Rechnungslegung nach Swiss GAAP FER für kleine bis mittelgrosse kotierte Unternehmen mit weniger finanziellem und organisatorischem Aufwand verbunden, als dies mit IFRS der Fall wäre. So umfasst das Swiss-GAAP-FER-Werk um die 150 Seiten, während die IFRS einen Umfang von 4300 Seiten haben. Dazu kommt: Die auf Jahresbeginn 2015 festgelegten Änderungen nehmen bei Swiss GAAP FER vier Seiten ein. Die IFRS dagegen benötigen für die darin angesprochenen Themen weit über 200 Seiten, wie Stephan Glanz von Dr. Glanz & Partner im Fachmagazin «Rechnungswesen & Controlling» erläutert. Glanz weist ausserdem darauf hin, dass Unternehmen, die mit Swiss GAAP FER arbeiten, durchaus über Freiräume in Bezug auf Bilanzierungs- und Bewertungsregeln verfügen – auch wenn viele Anwender angeben, dass sie das IFRS-Transparenzniveau beibehalten wollen.

Aus diesen Gründen haben in den letzten zehn Jahren zahlreiche Schweizer Gesellschaften beschlossen, auf Swiss GAAP FER umzusteigen. Die meisten sind kleinere Unternehmen – einige aber auch grosse Fische wie Georg Fischer (FI-N 675 0%), Dorma + Kaba (KABN 680 0.44%) und Swatch Group (UHRN 67 0.83%) (UHR 347.4 0.55%) (vgl. Tabelle). Von den gut 220 im Swiss Performance Index (SPI (SXGE 9012.57 0.4%)) kotierten Gesellschaften setzen derzeit rund 60 auf das Schweizer Modell.

Komplex und restriktiv

Von einem katastrophalen Überregulierungswahn sprach Swatch-CEO Nick Hayek, als sich sein Unternehmen von IFRS lossagte. Zu theoretisch, zu wenig praxisnah sei das System. Obwohl er im Hauptsegment kotiert ist, wurde dem Uhrenhersteller eine Ausnahme gewährt. Seitdem bilanziert Swatch Group nach Swiss GAAP FER.

Ähnliche Argumente nennen andere Gesellschaften, die ihre Rechnungslegung von IFRS auf Swiss GAAP FER umgestellt haben. Der Elektrodienstleister Burkhalter (BRKN 107.4 -0.28%) begründete den Wechsel mit dem stetig wachsenden Regelumfang von IFRS. Der Werkmaschinenhersteller Tornos (TOHN 2.91 -2.68%) wiederum hob die Vorteile des Schweizer Standards hervor, der «weniger Komplexität respektive Kosten» nach sich ziehe. Dass sich für Umsteller kaum Nachteile ergeben, unterstreicht auch Stephan Glanz: Trotz einer eventuellen Herabstufung vom SIX Main Standard in den Domestic Standard hatte der Wechsel auf Swiss GAAP FER nirgends einen nachhaltigen Effekt auf die Liquidität des Titels, die Kapitalkosten oder den Börsenkurs.

Spannend wird es, sollten nach Swatch Group weitere Blue Chips einen Wechsel in Betracht ziehen. Nicht nur drohen ihnen der Rausschmiss aus dem SMI (SMI 8739.36 0.39%) und die Kotierung im Domestic Standard. Er würde auch die Vergleichbarkeit mit anderen international agierenden Firmen einschränken und Fragen nach der Transparenzwilligkeit aufwerfen – letztlich würde die Attraktivität für Anleger leiden. Somit ist nicht damit zu rechnen, dass weitere Gesellschaften aus dem Hauptsegment ihre Rechnungslegung anpassen wollen werden. Doch mittelgrosse Unternehmen dürften diesem Pfad weiter munter folgen.

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