Der Milchverarbeiter erwartet für das erste Halbjahr ein positives Betriebsergebnis. Welchen Effekt Corona dabei hat, ist indes unklar.
Für einmal überrascht Hochdorf (HOCN 64.2 4.22%) mit guten Nachrichten: Der Milchverarbeiter erwirtschaftete im ersten Halbjahr auf Stufe Ebitda einen Gewinn, und selbst nach Abschreibungen und Amortisationen (Ebit) resultierte noch ein leichtes Plus, wie das Luzerner Unternehmen am Mittwochabend in einer Vorankündigug der Halbjahreszahlen meldete.
Damit liegt das Jahresziel, einen positiven Ebitda zu erwirtschaften, in Griffnähe, und auch die Auflagen der kreditgebenden Banken werden nicht verletzt. Gemäss dem Geschäftsbericht für 2019 gilt «die Finanzkennzahl Verschuldungsfaktor per 30. Juni 2020 als verletzt, wenn der um Sondereffekte korrigierte Ebitda für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2020 weniger oder gleich null beträgt.»
Gerade der positive Ebit ist eine solide Leistung, dürften die ordentlichen Abschreibungen wegen der neuen Produktionsanlage in Sulgen im Vergleich zur ersten Hälfte 2019 doch deutlich gestiegen sein.
Dass sich das miserable Vorjahresergebnis – auf Stufe Ebit ein Fehlbetrag von mehr als 50 Mio. Fr. – indes nicht wiederholen würde, war klar gewesen. Im ersten Halbjahr 2019 hatten Wertberichtigungen den Gewinn belastet. Und das Unternehmen hat in der Zwischenzeit defizitäre Tochtergesellschaften veräussert und die Kosten weiter gesenkt.
Unklarer Effekt der Coronakrise
Unklar bleibt jedoch, inwiefern es von einem positiven Sondereffekt profitiert hat. Denn Hochdorf könnte zu den Gewinnerinnen der Coronakrise gehören: Schon früh war sie als systemrelevante Grundversorgerin bestätigt worden. Das Unternehmen wollte sich am Donnerstag gegenüber FuW nicht dazu äussern, es wird anlässlich der Präsentation der Halbjahreszahlen am 17. August detailliert informieren.
Das positive Ergebnis sollte denn auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Luzerner noch einen langen Weg vor sich haben. Nach dem Verkauf der Uckermärker Milch wird der Nettoerlös aus dem herkömmlichen Geschäft mit Milchpulver für die Nahrungsmittelindustrie (Dairy Ingredients) mit 190 bis 210 Mio. Fr. noch circa halb so hoch ausfallen wie im vergangenen Geschäftsjahr.
Verlustbringendes Geschäft ist verkauft
Immerhin: Damit fällt auch ein grosser Teil des Verlusts weg. 2019 betrug das operative Minus aus dem fortgeführten Geschäft gut 7 Mio. Fr. Die damals bereits nicht mehr zum Kerngeschäft zählenden und mittlerweile grösstenteils verkauften Tochtergesellschaften wiesen einen Fehlbetrag von knapp 21 Mio. Fr. aus.
Profitabel wachsen will Hochdorf im Bereich Säuglingsnahrung. Entscheidend dafür ist es, dass dem Unternehmen endlich eine Markenregistration und die erste Lieferung in China gelingen. Dazu wird kräftig in ein entsprechendes «China-Kompetenzteam» investiert. Seit Jahren arbeitet man bei Hochdorf am Durchbruch im Fernen Osten.
Unter anderem damit soll auch der vergangenes Jahr mit Verzögerung fertiggestellte Sprühturm in Sulgen mittelfristig ausgelastet werden. Ob dies gelingt, ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer abschätzbar. 2020 soll der Umsatz in diesem Bereich 90 bis 110 Mio. Fr. betragen, nach knapp 73 Mio. im vergangenen Jahr. Und es dürfte noch bis zu fünf Jahre dauern, bis das Unternehmen unter dem Strich wieder Aktionärswert schafft.
Die Anleger reagieren am Donnerstag erleichtert: Der Aktienkurs zieht in einem seitwärts tendierenden Gesamtmarkt mehr als 4% an. Seit Monaten pendelt er jedoch zwischen 60 und 70 Fr. Anders als diejenigen der Nahrungsmittelhersteller Nestlé (NESN 111.16 1.57%) und Emmi (EMMN 840 1.08%) notieren die Titel deutlich unter dem Niveau von Anfang Jahr. Sie haben sich seit dem Ausbruch der Coronapandemie nicht mehr erholt.
Geringe Kursfantasie
Kontrolliert wird Hochdorf mittlerweile von drei Grossaktionären, die mehr als 50% des Aktienkapitals auf sich vereinen. Sie kontrollieren seit der Generalversammlung vor wenigen Wochen ebenfalls die Mehrheit im Verwaltungsrat. Auch operativ und finanziell hat sich die Lage beim Milchverarbeiter deutlich entspannt, nachdem er noch vor einem Jahr mit dem Rücken zur Wand stand.
Für Kleinanleger gibt es im Nahrungsmittelsegment mit Nestlé und Emmi interessantere Optionen. Sie wachsen schneller und haben sich – insbesondere im Fall von Emmi – in den vergangenen Jahren in lukrativen Nischen bereits etabliert. Etwas, was Hochdorf zuerst noch gelingen muss – und selbst dann bliebe die Kursfantasie in den Valoren gering.
Die komplette Historie zu Hochdorf finden Sie hier. »
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