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12:37 Uhr - 04.10.2018

Wie gut ist meine Pensionskasse?

Auf welche Parameter ist zu achten? Wohin soll der Ertrag fliessen, wenn die erwartete Rendite übertroffen wird? Wie vorsichtig muss eine Kasse kalkulieren, und wie können Systemfehler in der beruflichen Vorsorge behoben werden?


Vier Fragen an vier Experten

1 Woran misst sich die Qualität einer Pensionskasse, welches ist das wichtigste Kriterium?

2 In den letzten Jahren haben die meisten Pensionskassen die erwartete Rendite übertroffen. Kalkulieren Vorsorgeeinrichtungen zu vorsichtig?

3 Was hat Priorität: Guthabenzins oder Umwandlungssatz optimieren?

4 Welches ist die grösste Herausforderung, um Sicherheit und Tragbarkeit der beruflichen Vorsorge in der Schweiz langfristig zu erhalten?


Für mich sind zwei Kriterien zentral: der Deckungsgrad, der aber immer im Zusammenhang mit dem angewandten technischen Zins zu betrachten ist, und die jährliche Sollrendite, die nötig ist, um den Deckungsgrad stabil zu halten.

Nein, eine Pensionskasse muss in ihren Annahmen immer von der durchschnittlich zu erwartenden Rendite ihrer Anlagestrategie ausgehen. Diese beträgt in unserem Fall zurzeit 2,7%. Von dem her waren die Renditen in den Jahren 2016 respektive 2017 mit 3 bzw. 8,4% sicherlich überdurchschnittlich. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es auch wieder Jahre wie 2008 geben wird, als unsere Pensionskasse einen Verlust von über 14% erlitten hatte. Da ist ein Airbag in Form von Wertschwankungsreserven absolut zentral.

In erster Instanz ist der Umwandlungssatz zu optimieren. Nur so kann die für die zweite Säule systemfremde Umverteilung zwischen den Erwerbstätigen, also den aktiv Versicherten, und den Rentnern gestoppt werden. Wir haben das in unserer Pensionskasse mit der Senkung des Umwandlungssatzes auf 5% im Alter 65 per 1. Januar 2017 umgesetzt. Jetzt sind wir in der Lage, in positiven Jahren den Guthabenzins zu optimieren. So konnten wir beispielsweise die Sparkapitalien der aktiv Versicherten im Jahr 2017 mit 2% verzinsen – das heisst einen Prozentpunkt höher als der BVG-Mindestzins.

Wünschenswert wäre eine Entpolitisierung der technischen Parameter wie Mindestzins und Umwandlungssatz. Nur das ermöglicht die Sicherstellung des langfristigen Gleichgewichts einer Pensionskasse. Wir sollten in der aktuellen Diskussion auch nicht vergessen, dass eine Pensionskasse über Generationen hinweg Bestand haben soll und nicht auf dem Rücken einiger weniger Jahrgänge in Schieflage geraten sollte.


Es gibt nicht ein einzelnes Qualitätskriterium, anhand dessen eine faire Beurteilung möglich ist. Die Kerntätigkeit jeder Pensionskasse ist das Management der versicherungstechnischen Risiken und der Anlagerisiken. Nur das Beherrschen dieser Risiken ermöglicht es, langfristig ein gutes Verhältnis zwischen Beiträgen und den daraus resultierenden Leistungen zu erreichen.

Wir hatten das Glück, dass nach dem Katastrophenjahr 2008 eine Reihe von überdurchschnittlichen Anlagejahren folgte. Entsprechend weist die Tatsache, dass die Renditen die ursprünglich erwarteten Werte übertroffen haben, nicht auf eine zu defensive Kalkulation hin. Im Gegenteil, alle Anleger sollten sich über die letzten zehn Anlagejahre freuen, sich aber davor hüten zu denken, solch gute Märkte seien der Normalfall.

Bei der Pensionierung ergibt sich die Rente aus der Multiplikation des Sparkapitals – und damit der Verzinsung – mit dem Umwandlungssatz. Entsprechend sind beide Faktoren wichtig. Ein junger Versicherter wird tendenziell eher eine hohe Verzinsung präferieren, da damit auch seine Freizügigkeitsleistung steigt und er auf den Zinseszinseffekt hofft. Für einen älteren Versicherten ist ein hoher Umwandlungssatz attraktiv, besonders wenn man die Stelle nicht mehr wechseln will. Für die Pensionskasse ist wichtig, dass alle Anspruchsgruppen eine faire Leistung erhalten und die ungewollte Umverteilung minimiert wird. Heikel an einem zu hohen Umwandlungssatz ist, dass daraus hohe garantierte Renten entstehen, die eine hohe Umverteilungskomponente beinhalten.

Die Versicherten und die Politik wünschen sich gleichzeitig hohe und sichere Renten. Das bedingt einen hohen Anlageertrag ohne Risiko, was natürlich ein Widerspruch ist. Die politisch definierten Rahmenbedingungen – Umwandlungssatz etc. – sind nur bei einem deutlich höheren Zinsniveau als heute realistisch. Höchste Priorität hätte daher, dass die politischen Rahmenbedingungen nicht weiter ein Wunschzettel der Politik sind, sondern realistische, auch für rentnerlastige und im obligatorischen Bereich tätige Pensionskassen tragbare Mindestziele.


Pensionskassen sind zu unterschiedlich, als dass es ein einziges Kriterium gäbe, mit dem die Qualität einer PK abschliessend beurteilt werden könnte. Für den Laien bilden die Entwicklung des ökomischen Deckungsgrads – je höher, umso besser – und die Differenz zwischen dem technischen Zins und der Rendite zehnjähriger Bundesobligationen – je kleiner, umso besser – erste gute Anhaltspunkte. Daten wie zum Beispiel der risikotragende Deckungsgrad würden zusätzliche Informationen liefern, sind aber selten verfügbar.

Wurde die erwartete Rendite nach wissenschaftlichen Grundsätzen bestimmt, sagt eine höhere Gesamtrendite als erwartet nur aus, dass die realisierte Rendite der Assetklassen, in die die Pensionskasse investiert hat, höher war als die erwartete Rendite. Tatsächlich haben sich die Anlagemärkte in den vergangenen Jahren erheblich besser entwickelt, als zumeist erwartet worden war.

Der Zins auf dem liquiden Guthaben einer Pensionskasse hat meistens nur schon wegen der Grössenordnung eine untergeordnete Bedeutung. Den Umwandlungssatz zu optimieren, macht im Allgemeinen auch wenig Sinn. Eine Pensionskasse muss – unter Berücksichtigung von vielen Faktoren – im Gleichgewicht sein, damit sie die Renten- und Kapitalverpflichtungen langfristig erfüllen kann.

Die berufliche Vorsorge kann nur überleben, wenn endlich Transparenz geschaffen wird und wenn die Prinzipien der kapitalgedeckten Vorsorge – im Besonderen wahre und faire Buchführung und keine systematische Umverteilung, wie sie heute von den Erwerbstätigen zu den Rentnern und von den hohen Einkommen zu den tiefen stattfindet – eingehalten werden.


Einschätzungen zur Qualität können Kennzahlen bieten, so der ökonomische Deckungsrad. Allerdings sind solche Zahlen alle nur Momentaufnahmen der finanziellen Situation. Letztlich sind es «nur» Prognosen, ob eine genügend hohe Wahrscheinlichkeit besteht, die versprochenen Leistungen bei Fälligkeit zu erbringen. Der abschliessende Test kommt oft erst viel später.

Keineswegs, im Gegenteil, in der Tendenz rechnen die meisten Kassen zu grosszügig. Es ist sinnvoll, auf lange Sicht vorsichtig zu kalkulieren. Pensionskassen müssen langfristig planen und auch tiefere oder negative Renditen in ihre Überlegungen einbeziehen.

Aus Sicht des Stiftungsrats und der Geschäftsführung gilt es zuerst, die verwendeten Umwandlungssätze versicherungstechnisch korrekt einzustellen. So entstehen keine Pensionierungsverluste und damit keine ungewollte Umverteilung zwischen aktiven Versicherten und Rentnern. Weiter müssen die technischen und die Wertschwankungsreserven voll aufgefüllt werden. Periodisch stellt sich auch die Frage, ob die Struktur der eingegangenen Risiken noch stimmt. Erst in letzter Priorität kann der Stiftungsrat daran denken, Überschüsse zu verteilen, etwa in Form einer höheren Verzinsung.

Die Umverteilung in der zweiten Säule beträgt aktuell rund 7 Mrd. Fr. pro Jahr. Den aktiven Versicherten wird dieser Betrag zugunsten der Pensionierten entzogen. Die Risiken sind ungleich verteilt. Auch ist es nicht nachhaltig, dass der Gesetzgeber die Leistungen, etwa die BVG-Minimalverzinsung oder den BVG-Mindestumwandlungssatz, vorschreibt. Diese Parameter werden durch den Markt – die Verzinsung – und das sozioökonomische Umfeld – die Lebenserwartung – bestimmt und sollten von den Kassen festgelegt werden können. Wenn der Gesetzgeber die Leistungsversprechen selbst festsetzt, müsste er auch die Mittel zu ihrer Finanzierung zur Verfügung stellen. Das ist heute nicht der Fall, was bedeutet, dass die Kassen im jetzigen Umfeld ein erhebliches Risiko ungewollter Nachfinanzierungen darstellen. Das wird nicht entschädigt, sodass die klassischen Pensionskassen tendenziell zugunsten anderer Vorsorgemodelle, etwa von 1e-Plänen, unattraktiver werden.

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