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06:58 Uhr - 05.08.2016

«Brexit» hebt alle Boote

Die Börsen haben den Brexit-Schock locker weggesteckt. Seit der Abstimmung über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU haben risikobehaftete Anlagen stattliche Kursgewinne verbucht.

Man soll kaufen, wenn die Kanonen donnern, lautet eine Börsenweisheit. Und am 24. Juni war das Donnern an den Finanzmärkten nicht zu überhören: Das Vereinigte Königreich sprach sich überraschend für den Austritt aus der Europäischen Union aus und erwischte die Anleger damit auf dem falschen Fuss.

Die Aktienmärkte brachen ein, während sich Marktbeobachter und Analysten gegenseitig mit pessimistischen Einschätzungen und warnenden Kommentaren überboten. Die Gegenwinde für die Weltwirtschaft bliesen stärker.

Doch wer sich nicht beirren liess und die Panikstimmung als Kaufgelegenheit nutzte, darf sich heute freuen: Seit dem Brexit-Votum verzeichneten praktisch alle Anlageklassen satte Kursgewinne. Ob Aktien aus Schwellenländern, Europa oder den USA – sie alle notieren heute deutlich über ihren Juni-Tiefs (vgl. Grafik).

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Angeführt wird die Liste ausgerechnet von Aktien aus dem Vereinigten Königreich, die doch besonders unter der wirtschaftspolitischen Unsicherheit leiden müssten. Was auf den ersten Blick paradox erscheinen mag, hat eine einfache Erklärung: Das britische Pfund hat gegenüber den Währungen der wichtigsten Handelspartner fast 10% an Wert eingebüsst. Das erhöht die von den Unternehmen im Ausland erzielten Umsätze – der Anteil liegt bei den grossen Konzernen bei rund 80% – und Gewinne in Pfund gerechnet automatisch.

Doch auch Hochzinsanleihen, Schwellenländerbonds und Gold bereiteten den Anlegern Freude. Nur wer auf weiter steigende Rohölnotierungen setzte, wurde enttäuscht. Um in den letzten sechs Wochen an den Märkten kein Geld zu verdienen, hätte man sich richtig anstrengen müssen.

Einmal mehr hat sich nämlich die Hoffnung durchgesetzt, dass es die Notenbanken schon richten werden. Die durch die Brexit-Furcht noch weiter gefallenen Zinsen befeuerten rasch wieder die Jagd nach Rendite, was (bislang) stärker wog als die Verunsicherung über die langfristigen wirtschaftlichen Konsequenzen eines britischen EU-Austritts.

Doch nicht nur seit der Korrektur haben die meisten Anlagen zugelegt. Auch seit dem 23. Juni – dem Tag, bevor das Abstimmungsresultat bekannt wurde – wurden mutige Investoren belohnt. Einzig Rohöl, europäische Aktien und kleinkapitalisierte Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich (gemessen am FTSE 250) notieren unter den damaligen Kursen (vgl. Grafik).

Damit zeigt sich einmal mehr, dass sich Anleger nicht allzu sehr vom täglichen Nachrichtenfluss beeinflussen lassen sollten. Denn wie ein weiteres Bonmot weiss, haben politische Börsen oftmals kurze Beine.

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