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16:26 Uhr - 26.10.2018

Aryzta-CEO: «Mit 800 Mio. € erledigen wir den Job»

Kevin Toland, CEO von Aryzta, sagt, warum der Backwarenkonzern von seinen Aktionären nicht mehr und nicht weniger als 800 Mio. € für eine Sanierung erbittet.

An der Generalversammlung am Donnerstag, 1. November, wird die Führung von Aryzta (ARYN 8.994 3.64%) die Aktionäre darum ersuchen, ihr zu Sanierungszwecken neue Mittel von 800 Mio. € zu geben. Der Antrag ist umstritten. Die Fondsgesellschaft Cobas als grösste Aktionärin will nur eine Kapitalerhöhung um 400 Mio. € , weitere Mittel zur unumgänglichen Schuldenreduktion soll sich der Backwarenhersteller über Verkäufe holen.

Herr Toland, Cobas und weitere Grossaktionäre werden gegen eine Kapitalerhöhung um 800 Mio. € stimmen. Befürchten Sie, dass Aryztas Antrag abgelehnt wird?
Seitdem wir am 1. Oktober den Jahresabschluss präsentiert haben, spreche ich täglich mit Aktionären, kleineren und grossen. Ich glaube, ich habe ein gutes Gefühl dafür erhalten, wie sie denken. Man darf ein Ja nie als selbstverständlich nehmen, und unglücklicherweise hat unser grösster Aktionär eine andere Sichtweise als wir. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir nächste Woche die nötige Unterstützung für unseren Antrag erhalten.

Ihre plötzliche Kehrtwende hat Befremden ausgelöst. Bis August negierten sie die Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung. Nun ­erbitten Sie einen enormen Betrag. Haben die kreditgebenden Bank Druck gemacht?
Nein. Aber wir müssen unsere Bilanz sanieren, und unsere bisherigen Schritte reichen dazu nicht aus. Auch weil wir unser Verkaufsprogramm nicht so umsetzen konnten wie geplant und der Ebitda tiefer ist als antizipiert. Wir, das neue Managementteam und ich, sagten uns, dass wir ein Verständnis davon brauchen, wie ein normales Unternehmen in unserer Industrie  zu sein hat. Es würde, nebst einem Kreditrating auf Investment Grade, ein Verhältnis von Nettoschulden zu Ebitda von 2,5 bis 3 haben. Wobei die Hybridanleihen, die in unserer Bilanz im Eigenkapital verbucht sind, zu den Schulden hinzugezählt werden müssen. Sicher ist, wir müssen unsere Schulden rasch senken, und wir können nicht warten, bis uns Verkäufe gelingen. Und ich glaube wirklich, dass wir die Aktionäre nur einmal um Geld bitten können, nicht zwei-, dreimal.

Sie sagten, ohne die 800 Mio. € gäbe es für Aryzta ein signifikantes finanzielles Risiko. PwC erwähnt im Prüfbericht nicht, dass
es ohne neue Mittel zu einer erheblichen ­Unsicherheit betreff Fortführung des Geschäfts käme. Dramatisieren Sie die Lage?
Nicht im Geringsten, glauben Sie mir. Wir sind bei der Zusammenstellung unseres Pakets besonnen vorgegangen, und die Banken unterstützen uns. Auch wenn wir die neuen Mittel erhalten, hat das Management immer noch einen harten Job zu erledigen. Denn selbst nach der Kapitalerhöhung würde das Verhältnis von Nettoschulden zu Ebitda, die Hybridanleihen eingerechnet, immer noch mit einer Zahl von 5 beginnen.

Was sehr hoch ist …
… immer noch hoch, aber nicht exzessiv hoch. Denn es gibt einen klaren Pfad, wie wir die Schulden weiter senken.

Wollten Sie mit der Erwähnung eines signifikanten finanziellen Risikos andeuten, dass ohne die Zufuhr von neuem Geld ein Bankrott möglich wäre?
Wir quantifizieren die Risiken nicht. Mit den kreditgebenden Banken haben wir die Kreditklauseln so angepasst, dass wir etwas Atem haben, auch wenn unser Antrag abgelehnt würde. Aber das wäre eine sehr schlechte Sache. Dann könnten wir das Geschäft nicht wie gewünscht voranbringen, wir würden mehr Zeit verlieren, es würde weitere Diskussionen auslösen, es gäbe noch mehr Unsicherheiten, bei allen Stakeholdern, Kunden, Zulieferern, Banken.

Die Meinungen zur Kapitalerhöhung divergieren enorm. Manche sagen, 800 Mio. € seien zu viel. Andere meinen, selbst dieser Betrag sei zu gering, um Aryzta dauerhaft zu sanieren. Was antworten Sie Letzteren?
Ich höre auf die Leute, die mir sagen, wenn Aryzta schon um Geld bittet, dann besser nur einmal. Aber wir haben unsere Annahmen und Prognosen genau geprüft und einem Stresstest unterworfen, um ­sicherzustellen, dass sie haltbar sind.

Können Sie versichern, dass eine Kapitalerhöhung um 800 Mio. € reicht, selbst wenn sich das Umfeld verschlechtert?
Es ist nicht möglich vorherzusagen, was eine Rezession auslösen würde. Aber unser Finanzchef, Frederic Pflanz, und ich können den Aktionären mit gutem Gewissen sagen: Vertraut uns. Wenn wir die 800 Mio. € erhalten, werden wir den Job erledigen.

Warum lassen Sie nicht zu, dass an der GV auch über den Gegenvorschlag von Cobas zu einer Kapitalerhöhung um 400 Mio. € abgestimmt werden kann?
Ich respektiere das Recht der Aktionäre, Wahlmöglichkeiten zu haben. Sie sind die Eigner der Gesellschaft, nicht ich. Sie werden mir an der GV sagen, ob sie das unterstützen wollen, was der Verwaltungsrat und ich als das Beste erachten.

Haben Sie für den Fall, dass Ihr Antrag abgelehnt wird, einen alternativen Plan?
Es gibt den Plan A. Im Fall seiner Ablehnung muss ich mir natürlich anhören, was die Aktionäre dazu sagen, und danach handeln, was die nächstbeste Option ist.

Würden Sie bei einem Nein zur Kapitalerhöhung einen Rücktritt erwägen?
Solange die Aktionäre und der Verwaltungsrat glauben, ich sei der Richtige für diesen Job, werde ich weitermachen.

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