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07:33 Uhr - 25.11.2015

LafargeHolcim enttäuscht und weckt Hoffnung

Die ersten Quartalszahlen des neu formierten Zementkonzerns verfehlen die Erwartungen. Doch bis 2018 strebt LafargeHolcim ambitionierte Ziele an. Die Börse applaudiert.

Die Umsatz- und Gewinnprognosen der Finanzanalysten für LafargeHolcim (LHN 56.25 4.94%) sind seit der Fusion am 10. Juli fortwährend zurückgeschraubt worden. Die Aktien haben sich seither denn auch deutlich schlechter entwickelt als die von HeidelbergCement.

Die heute Mittwoch vom Baustoffkonzern publizierten Zahlen für das dritte Quartal geben keinen Anlass, dass sich das bald ändert. Sie verfehlten die Durchschnittsschätzung der Finanzanalysten um 2% auf Umsatz- und 6% auf Betriebsgewinnebene.

Über neun Monate sieht das Bild nicht besser aus. Das Betriebsergebnis auf Stufe Ebitda (vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation) schrumpfte mehr als der Umsatz.

«Klar unbefriedigend»

Werden die seit Jahresbeginn aufgelaufenen Fusions- und Restrukturierungskosten berücksichtigt, sank der Ebitda von Januar bis September fast ein Fünftel, die operative Marge 2,5 Prozentpunkte. Der den LafargeHolcim-Aktionären zustehende Gewinn stieg hingegen, weil 1 Mrd. Fr. übrige Erträge, bestehend vor allem aus Veräusserungsgewinnen, verbucht wurden.

«Das sind zweifelsohne keine befriedigenden Resultate», räumte CEO Eric Olsen an einer Telefonkonferenz ein. Ausser den Fusions- und Restrukturierungskosten drückte die Umrechnung der Fremdwährungen in Franken auf Umsatz und Gewinn.

Die Marktbedingungen waren zudem besonders in China und in Brasilien schwierig, die zu den grössten Einzelmärkten zählen. Hier hat das Management Kostensenkungsmassnahmen ergriffen. In China etwa werden mehrere Herstellanlagen und drei Büros geschlossen, wie Olsen gegenüber «Finanz und Wirtschaft» erläuterte.

Weitere bedeutende Ländermärkte wie Indien und Indonesien entwickelten sich ebenfalls unterdurchschnittlich. Gute Resultate lieferten die USA, Grossbritannien und Lateinamerika als Region.

Ziele forscher formuliert

Trotz des keineswegs berauschenden Resultats sprangen die LafargeHolcim-Aktien hoch. Die neu entfachte Zuversicht hat nichts mit den Neunmonatszahlen zu tun, sondern mit den Zielen, die das Management im Zeitraum 2016 bis 2018 erreichen will. Die Publikation kam überraschend, sie war eher für den Investorentag nächste Woche erwartet worden.

Der Mittelfristplan sieht vor, die angestrebten Synergien aus der Fusion bis Ende 2017 «beschleunigt» zu erreichen. Erhöht wurde die Vorgabe von 1,4 Mrd. Fr. auf Stufe Ebitda allerdings nicht. Parallel zur fusionsbedingten Restrukturierung werden die von Holcim und Lafarge einzeln früher in Gang gesetzten Programme zur Ergebnissteigerung fortgesetzt.

Kapital knapp einsetzen

Zentrales Element des Plans sind limitierte Kapitalausgaben. Laut Olsen werden sie deutlich niedriger sein als zuvor. Für 2016 und 2017 sind höchstens kumuliert 3,5 Mrd. Fr. vorgesehen; früher waren es 3 Mrd. pro Jahr.

In den Ausbau des Produktionsnetzes muss LafargeHolcim kaum investieren, in 70 der 90 bearbeiteten Ländern figuriert der Konzern jeweils unter den ersten drei Anbietern von Zement und Zuschlagstoffen (Kies, Schotter, Sand).

Zum Abbau der hohen Nettoverschuldung und zur Sicherung eines soliden Investment Grades will das Management 2016 weitere Assets im Wert von 3,5 Mrd. Fr. veräussern. In diesem Jahr verkaufte LafargeHolcim Vermögenswerte in Höhe von rund 6,5 Mrd. Fr. an die irische CRH.

Zu den weiteren Mittelfristvorhaben zählen die Erwirtschaftung eines bereinigten Ebitda von mindestens 8 Mrd. Fr. und eine Steigerung der Rendite auf dem investierten Kapital (ROIC) um mindestens 3 Prozentpunkte bis 2018. Derzeit liege der ROIC knapp unter 5%, sagte Olsen zu FuW.

Kapitalkosten endlich verdienen

Mit der 3 Prozentpunkte höheren Rendite werde LafargeHolcim die Kapitalkosten von 7 bis 8% übertreffen, versicherte der CEO. Längerfristig strebt er einen ROIC «deutlich» über den Kapitalkosten an. Seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 ist das den grossen Zementherstellern nicht mehr gelungen – über den ganzen Zeitraum haben sie Aktionärswert vernichtet.

Umso mehr hatte Olsen eine spezifische Botschaft an die Anteilseigner. Für 2015 soll eine Dividende von 1.50 ausgeschüttet werden, nachdem zuvor eine von «mindestens» 1.30 angekündigt war. Auf aktuellem Börsenkurs rentieren die Aktien 2,8%.

Buhlen um die Aktionäre

Ziel ist, die Dividende stetig zu steigern und im Durchschnitt die Hälfte des Gewinns auszuschütten. Zudem ist mit einer Rückführung von überschüssigen Mitteln an die Aktionäre zu rechnen. Der freie Cashflow 2016 bis 2018 nach Investitionen in Instandhaltung und Erweiterung der Produktionskapazität soll sich auf 10 Mrd. Fr. summieren.

Der Plan beruhe nicht auf einer Erholung der Märkte, betonte Olsen. In den Projektionen ist also positives Überraschungspotenzial enthalten.

Anderseits bleibt offen, ob die Fusions- und Restrukturierungskosten nicht höher als vorgesehen ausfallen und wie viele der Einsparungen wirklich auf der untersten Linie der Erfolgsrechnung landen, oder ob sie nicht versickern.

Höhere Preismacht?

Frühere Ergebnisverbesserungsprogramme von Lafarge und von Holcim haben im besten Fall geholfen, die Marge einigermassen zu halten, weil die Kosteninflation die Preiserhöhungen übertraf. Es bleibt abzuwarten, ob es LafargeHolcim als klarem Marktführer gelingt, mehr Preismacht auszuüben. In den ersten neun Monaten blieben die Preise über alles gesehen flach. Für 2016 rechnet Olsen mit höheren Preisen.

Am Dienstag wird das Management den Plan am Investorentag detailliert erläutern. Gut möglich, dass die Aktien die Aufwärtsbewegung eine Weile fortsetzen, auch weil die Serie sinkender Gewinnprognosen der Analysten sich vermutlich zu Ende neigt.

Für taktisch versierte Anleger könnten sich Kurse unter 60 Fr. lohnen. Investoren, die auf langfristige Anlagequalität setzen, warten besser erste auf konkrete Erfolgsmeldungen in Bezug auf Synergien, Entschuldung und Margenentwicklung.

 

Die komplette Historie zu LafargeHolcim finden Sie hier. »

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