Nach einem beispiellosen Zirkus steht der Entscheid in den US-Präsidentschaftswahlen unmittelbar bevor. Hier die Schüsselfaktoren, die es beim grossen Finale zu beachten gilt.
Im Rennen um das Weisse Haus ist es von Beginn an turbulent zu- und hergegangen. In der Nacht auf Mittwoch steht nun der grosse Showdown an. Nachdem das FBI Entwarnung zu Hillary Clintons Email-Affäre gegeben hat, gilt sie als Favoritin.
Der vielbeachtete Prognosedienst FiveThirtyEight misst der demokratischen Kandidatin jetzt eine Chance von 70% auf den Sieg zu. An der Wettbörse PredictIt rechnen die Buchmacher mit einer Wahrscheinlichkeit von gut 80%, dass sie die Wahlen gewinnt.
An den Finanzmärkten, die in Donald Trump ein Grossrisiko sehen, hellt das die Stimmung auf. An den Börsen in New York ist der Leitindex S&P 500 am Montag 2,2% auf 2131,52 vorgeprescht. Das, nachdem er letzte Woche stetig an Boden verloren hatte.
Mit einem Kandidaten wie Trump bleiben – böse – Überraschungen allerdings nicht ausgeschlossen. Hier deshalb die wichtigsten fünf Punkte, auf die es in der Wahlnacht ankommt.
1. Das Timing
Als Präsident Obama vor vier Jahren sein Amt gegen den republikanischen Herausforderer Mitt Romney verteidigte, stand das Resultat kurz nach 5:15 Uhr morgens Schweizer Zeit fest. Ob es auch dieses Mal so rasch geht, ist schwierig abzuschätzen. Folgende Anhaltspunkte geben Auskunft, wie sich das Rennen um die erforderlichen 270 Elektorenstimmen entwickelt:
2. Clintons Powerplay
Hillary Clinton hat einen offensiven Wahlkampf geführt. Ihre Kampagne verlässt sie sich dabei auf den “blauen Schutzwall”. Gemeint sind damit die 18 Bundesstaaten, die in den letzten sechs Präsidentschaftswahlen stets für den demokratischen Kandidaten gestimmt haben. Als grösste Brocken zählen dazu Kalifornien, New York und Illinois.
Hält ihr Schutzwall, sind Clinton gleich 242 der nötigen 270 Elektorenstimmen sicher. Um Trump abzublocken, hat ihre Kampagne deshalb eine offensive Strategie gewählt und die Ressourcen primär auf die klassischen Swing States Florida, North Carolina, Ohio und Nevada konzentriert.
3. Trumps Attacke auf den Rustbelt
Donald Trump baut auf die Stimmen der weissen Arbeiter. Seine Attacken gegen undokumentierte Einwanderer und internationale Handelsabkommen kommen in diesem Segment der Bevölkerung am besten an. Romney hingegen konnte diese Wähler bei der Niederlage von 2012 nicht genügend mobilisieren.
Das Ziel von Trumps Kampagne ist es, den Schutzwall von Clinton zu durchbrechen. Konkret hofft er, in den industriell geprägten Bundesstaaten Minnesota, Wisconsin, Pennsylvania und Michigan zu punkten, die eigentlich zum Stammterritorium der Demokraten zählen.
In diesen Staaten hat Trump denn auch viel Zeit investiert. Clinton hingegen war hier nur wenig präsent, was sich nun rächen und Trump einen alternativen Weg ins Weisse Haus eröffnen könnte. Ausser in den in Swings States könnte der Entscheid daher auch im Rustbelt fallen.
4. Der Kampf um den Senat
Wichtig ist ebenso, was in der Wahlnacht mit Blick auf das Parlament passiert. Die Republikaner haben gute Aussichten, das Repräsentantenhaus zu halten. Der Kampf um die Kontrolle im Senat ist hingegen weitgehend offen.
Auf der Kippe stehen Senatssitze in den Bundesstaaten Pennsylvania, Nevada, New Hampshire, Missouri und North Carolina. Möglich wäre dabei sogar, dass die Machtverteilung unentschieden ausfällt, womit der Vizepräsident mit seiner Stimme das Patt brechen würde.
Das Kräfteverhältnis im Senat spielt nicht nur bei der Ausarbeitung neuer Gesetze eine zentrale Rolle. Um Posten im Obersten Gericht oder in der Notenbank zu besetzen, ist das nächste Staatsoberhaupt auf die Zustimmung der kleinen Kammer angewiesen.
5. Böse Erinnerungen an Florida
Trump hat immer wieder Spekulationen genährt, dass die Wahlen zu Gunsten von Clinton manipuliert seien. Obschon es dafür keine Beweise gibt, könnte er sich daher weigern, eine Niederlage einzugestehen. Das hat er auch in der letzten TV-Debatte angedroht.
Das weckt böse Erinnerungen an die Präsidentschaftswahlen von 2000, als das Rennen zwischen George W. Bush und Al Gore in Florida zu eng war, um einen Sieger zu bestimmen. Erst am 12. Dezember – mehr als einen Monat später – hatte Bush nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs gewonnen.
Diese Unsicherheit machte die Finanzmärkte damals rund um den Globus nervös. Der S&P 500 büsste zwischenzeitlich mehr als 8% ein. In einer ähnlichen Situation müssen Investoren erneut mit Turbulenzen rechnen.
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