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18:40 Uhr - 05.07.2019

Das sind die drei besten Schweizer Verwaltungsräte

Wie die Verwaltungsratsgremien auf dem Podest des VR-Rankings 2019 zusammengesetzt sind und funktionieren.


1. Platz: Swisscom


Swisscom (SCMN 489.8 -0.83%) ist ein aussergewöhnliches SMI-Unternehmen. Der ehemalige Staatsbetrieb mit aktuell 25 Mrd. Fr. Börsenwert dominiert den Schweizer Telecommarkt, muss aber einen Grundauftrag gegenüber Bevölkerung und Regionen erfüllen. Dieser Service Public wird bei der Zusammensetzung des Verwaltungsrats spürbar. Nicht nur ist der Anteil der Frauen mit einem Drittel überdurchschnittlich hoch, auch drei Sprachregionen sind vertreten. Mit Renzo Simoni nimmt zudem ein Bundesvertreter Einsitz. Der Bund hält rund 51% des Kapitals und legt als Hauptaktionär alle vier Jahre die strategischen Ziele fest, die der Konzern zu verfolgen hat.

Die Interessen von Bund und Aktionären unter einen Hut bringen muss VR-Präsident Hansueli Loosli, einer der bekanntesten Schweizer Manager und dazu noch Präsident des Detailhandelsriesen Coop. Loosli bringt wie die meisten Swisscom-Verwaltungsräte keine direkte Telco-Erfahrung mit. Lediglich Frank Esser und Anna Mossberg können Stationen in der Telecomindustrie vorweisen. Dennoch weist das Gremium ein ausgewogenes Kompetenzportfolio aus: Sowohl operative Managementerfahrung, Finanz- und Rechts- wie auch Technologiewissen sind vertreten.

Eine Besonderheit des Gremiums ist der Vertreter des Personals, der ehemalige Gewerkschafter Alain Carrupt. Die VR-Mitglieder sind grösstenteils unabhängig – es sind aktuell keine offensichtlichen Interessenkonflikte auszumachen. Auch die Drittmandate bewegen sich im vertretbaren Rahmen. Einzig beim Präsidenten Loosli stellt sich die Frage, ob die Präsidentenmandate bei Swisscom, Bell Food (BELN 281 -1.23%) Group und Coop, bei drei Coop-Gesellschaften, sowie als Beirat beim deutschen Schuhhändler Deichmann seine zeitliche Kapazität nicht übersteigen.

Eine wichtige Dimension, mit der sich Swisscom von anderen SMI-Unternehmen abhebt, ist die Vergütung. Das Vergütungsniveau bewegt sich absolut wie auch im Verhältnis zum erarbeiteten Betriebsergebnis (Stufe Ebitda) auf moderatem Niveau. Die Vergütung des (nicht-exekutiven) VR-Präsidenten Loosli bewegte sich mit rund 0,56 Mio. Fr. für 2018 am unteren Ende der SMI-Unternehmen. Auch die GL-Gehälter sind moderat. Bezüglich Transparenz, Verständlichkeit und langfristige Ausrichtung des Vergütungssystems gibt es wenig zu beanstanden.

Swisscom konnte schon im Vorjahr eine gute Position im VR-Ranking vorweisen (Rang 8). Es wird kein Leichtes, angesichts des hohen Governance-Niveaus markante Verbesserungen zu erzielen. (EM)


2. Platz: Georg Fischer


Georg Fischer (FI-N 928 -1.38%) (GF) ist ein häufiger Gast auf dem Siegerpodest. In den fünf Auswertungen von 2015 bis 2019 hat es der von Andreas Koopmann präsidierte Verwaltungsrat dreimal unter die besten drei geschafft. Wie schon 2015 und 2016 gibt es auch dieses Jahr eine Silbermedaille.

Die Industriegruppe, die im laufenden Jahr rund 4 Mrd. Fr. umsetzen und knapp 9% davon als Betriebsgewinn verbuchen dürfte, macht nicht nur strategisch und operativ vieles richtig, wie die geschickte Ausrichtung der drei Divisionen (GF Piping Systems, GF Casting Solutions, GF Machining Solutions) und die gute Ergebnisentwicklung der vergangenen Jahre zeigen. Offenkundig legt sie auch Wert auf eine gute Corporate Governance.

Der Verwaltungsrat (VR) wird seit 2012 von Andreas Koopmann geführt, einem Maschineningenieur, der während vieler Jahre für Bobst (BOBNN 71.95 -1.3%) arbeitete, lange auch als CEO, und gut vernetzt ist. Dem Achtundsechzigjährigen steht seit der Generalversammlung vom April Yves Serra, bis dahin CEO von Georg Fischer, als Vize zur Seite.

Das Gremium ist in hohem Masse unabhängig. Seine Mitglieder sind durchweg nicht exekutiv und haben verschiedene Nationalitäten, Werdegänge sowie Kompetenzen. Hätten Eveline Saupper und Jasmin Staiblin eine weitere Kollegin, erhielte der VR von GF auch die volle Punktezahl beim Frauenanteil, wozu mindestens 30% nötig sind.

Punkteabzug gibt es auch für die als zu hoch erachtete Anzahl gewährter Drittmandate. Gemäss § 21.1 der Statuten dürfen VR-Angehörige vier weitere Mandate als Mitglied des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans von kotierten Rechtseinheiten und maximal zehn weitere von nicht kotierten innehaben.

Kein VR-Mitglieder schöpft diese Grenzen aus, auch nicht Präsident Koopmann. Dennoch wird dieser wegen seiner drei weiteren VR-Mandate, darunter eines bei der Credit Suisse (CSGN 12.14 0.96%), als zu abgelenkt eingestuft. Das kostet im VR-Ranking ebenso einen Punkt wie seine Gesamtvergütung. Aus der Reihe tanzt der VR von GF in diesem Kriterium freilich nicht: Nur ein Fünftel der bewerteten Aktiengesellschaften schafft hier das Maximum von zwei Punkten. (CB)


3. Platz: Zurich Insurance


Der Versicherer Zurich Insurance (ZURN 346.3 -0.77%) ist mit 54 000 Mitarbeitenden einer der global führenden Anbieter von Schadendeckungen und Lebensversicherungen. An der Spitze des Verwaltungsrats steht der 65-jährige Michel Liès. Erst 2018 stiess der Luxemburger zum Gremium. Zwei Jahre zuvor hatte der ETH-studierte Mathematiker seine vierzigjährige Karriere beim Versicherer Swiss Re (SREN 100.2 -1.04%) beendet, wo er sich zuletzt als CEO auszeichnete.

Liès will Zurich Insurance zum ersten Versicherer machen, der sich von den tatsächlichen Erwartungen der Kunden leiten lässt. Diese würden dank der heute verfügbaren technische Möglichkeiten emanzipierter mit ihren Versicherungsbedürfnissen umgehen, glaubt die Konzernleitung. Im vergangenen Jahr liess sie deshalb mehr als 760 000 Kunden aus über zwanzig Ländern befragen. Im Fokus standen die Zufriedenheit und die Bereitschaft, Zurich als Versicherungsanbieter im Bekanntenkreis weiterzuempfehlen.

2018 erzielte der Konzern auf einen Ertrag von 51 Mrd. $ rund 3,7 Mrd. $ Gewinn. Das eingesetzte Eigenkapital rentierte 12%, womit der Zielwert erreicht wurde. In Auftrag von Kunden und zur Bedeckung schwebender Versicherungsverpflichtungen verwaltet das Unternehmen 195 Mrd. $ Vermögenswerte, wovon 4 Mrd. als Impact Investing, sprich zur Finanzierung von Nachhaltigkeitsprojekten dienen.

Das Einschätzen und die Eindämmung von Gefahren sei die Fachkompetenz des Unternehmens, betont Liès, und diese Kenntnis sei ebenso gefragt im Übergang zu einer auf CO2-Emissionen sensibilisierten Wirtschaft wie in der Anpassung an neue digitale Arbeitsweisen. Den Wandel muss die Zurich-Gruppe auch in der eigenen Organisation bewältigen. Das Gremium unter Liès brilliert bei der Fachkompetenz: Der Versicherer erhält die Maximalpunktzahl. Zudem ist die Unabhängigkeit der Mitglieder gegeben.

Der elfköpfige Verwaltungsrat, gesteht sich selbst eine Jahresvergütung von 4,3 Mio. Fr. – davon 1,3 Mio. Fr. für den Präsidenten – zu. Das reicht nicht zur vollen Punktzahl. Auch für fehlende Limitierung der Gremiumsgrösse gibt es einen Abzug.

Mit fünf weiblichen Ratsmitgliedern ist das Gremium nach Geschlechtern vorbildlich balanciert und erreicht als eines von 21 Unternehmen in dieser Kategorie die Maximalpunktzahl von zwei für einen Frauenanteil von mehr als 30%. Aus dem international bestückten Verwaltungsrat sind in der Schweiz neben Präsident Michel Liès auch Christoph Franz (Roche-Verwaltungsratspräsident und einst Chef von Lufthansa (LHA 15.325 -0.29%)) bekannt, sowie Monica Mächler, die frühere Vizepräsidentin der Finanzmarktaufsicht Finma, und ebenfalls Jasmin Staiblin (ehemals ABB (ABBN 19.15 -3.26%) und Energieversorger Alpiq (ALPH 70.5 0.14%)). (TH)

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