Matthias Zieschang, Finanzchef von Fraport, erläutert, wie der Flughafenbetreiber trotz Terrorangst im Ausland wachsen will.
Derzeit kommt es knüppeldick für den Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport (FRA 48.273 1.18%). Eine Gebührenerhöhung ist wegen Unstimmigkeiten mit dem Regulierer gescheitert, Auslandbeteiligungen leiden wegen Terrorangst sowie politischer Instabilität. Und doch zeigt sich Fraport-CFO Matthias Zieschang zuversichtlich gegenüber «Finanz und Wirtschaft». Er sagt: «Einige Faktoren belasten das laufende Geschäftsjahr – aber es gibt auch positive Perspektiven, was 2017 angeht.» Zieschang rechnet für die deutsche Gesellschaft, die im Index mittelgrosser Unternehmen MDax gelistet ist, dieses Jahr mit einem Umsatzplus von «bis zu» 2% und einem stagnierendem Gewinn. «An unserem Ausblick für das laufende Jahr halten wir fest», sagt er. Künftig soll das Ausland noch stärker zum Ergebnis beitragen.
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Zur PersonVor wenigen Tagen hat Matthias Zieschang seinen Vertrag verlängert: Bis 2022 zeichnet er nun noch verantwortlich als Finanzchef des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport. Seit 2007 begleitet der 55-Jährige diese Aufgabe schon. Neben klassischen Finanzthemen kümmert er sich auch um die Auslandbeteiligungen von Fraport. Der studierte und promovierte Volks- und Betriebswissenschaftler war zuvor ab 1994 lange bei der Deutschen Bahn in Finanzpositionen, unter anderem bei der Reederei Scandlines, zeitweilig Tochter des Staatsbetriebs.Die Ankeraktionäre tragen den Expansionskurs im Ausland. Zum Preis eines höheren Risikos erhalten sie eine bessere Verzinsung des eingesetzten Kapitals. «Mit dem bestehenden Portfolio werden wir im Jahr 2020 gut die Hälfte unseres Jahresüberschusses ausserhalb von Frankfurt erzielen», erklärt Zieschang. «Zusätzliche Beteiligungen würden den internationalen Beitrag noch erhöhen.» Vergangenes Jahr lag der Gewinnbeitrag der Auslandbeteiligungen bei 37%. Der Flughafen würde so internationaler.
An der Übernahme von vierzehn Regionalflughäfen in Griechenland arbeitet das Fraport-Management derzeit. Dazu kommen eine Beteiligung in Hannover und zwölf weitere im Ausland: In den USA zeichnet Fraport für die Retail-Aktivitäten an fünf Flughäfen der Ostküste verantwortlich. Im slowenischen Ljubljana, im peruanischen Lima, in den bulgarischen Burgas und Varna, dem türkischen Antalya, dem russischen St. Petersburg, dem chinesischen Xi’an und dem indischen Delhi steuern die Manager von Fraport auch die übrigen Flughafenaktivitäten. Im Fokus steht aktuell Antalya: Dort bleiben Passagiere aus nach dem Putschversuch und dem dreimonatigen Ausnahmezustand. Zudem fehlen die Russen als grösste und zahlungskräftigste Klientel. Russland hat Pauschalreisen nach dem Abschuss eines Kampfjets in der Türkei untersagt. Das Verbot ist nun aufgehoben, das Interesse der Russen an Türkeireisen ist gestiegen.
Am Flughafen Antalya ist Fraport mit einem Aktienanteil von 50% beteiligt. Schon vergangenes Jahr ging die Zahl der Passagiere dort 1,6% auf 27,5 Mio. zurück, seit Anfang Jahr ist sie mehr als 30% abgesackt. «Für Antalya ist die Saison für dieses Jahr praktisch gelaufen», erklärt Fraport-CFO Zieschang. Für kommendes Jahr rechnet er wieder mit mehr russischen Passagieren. Teils würden die zwei Airports in Bulgarien den Wegfall der Klientel kompensieren. Mit zusammen 4 Mio. Fluggästen sind sie aber kleiner und nicht so wichtig für den Fraport-Erfolg.
Vergangenes Jahr stand die Beteiligung in Antalya für 30% des Fraport-Betriebsgewinns vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern (Ebitda) von 849 Mio. €. Auch die griechischen Airports mit 20 Mio. Passagieren sollen den Einbruch dämpfen. Bei Abschluss der Transaktion im November wird eine Vorabzahlung von 1,2 Mrd. € fällig. «Dazu rechnen wir mit Investitionen in Höhe von circa 400 Mio. € in den nächsten Jahren», sagt Zieschang. Das Geld dient der Modernisierung der Flughäfen, die sich teils an Feriendestinationen auf den griechischen Inseln befinden. Werden dabei im Konzessionsertrag definierte Ziele erreicht, erhält Fraport 18.50 € pro Fluggast – im Schnitt 50% mehr als am Heimatairport Frankfurt. Dazu kommt der Ausbau des Retail-Geschäfts vor Ort. «Im ersten Gesamtjahr nach Übernahme erwarten wir einen Ebitda-Beitrag von mehr als 100 Mio. €», sagt der Fraport-Manager: «Unsere Absprungbasis nach oben.»
Fraport braucht den Zuwachs im Ausland, denn zu Hause stösst der Betreiber an seine Kapazitätsgrenze, die Zieschang bei rund 70 Mio. Passagieren jährlich sieht. Ein drittes Terminal für bis zu weitere 25 Mio. Fluggäste befindet sich für 3 Mrd. € im Bau und soll 2022 in Betrieb gehen. In diesem Jahr hat der Flughafen eine Nullrunde bei den Gebühren gefahren. Nächstes Jahr sollen sie 1,9% steigen.
Dazu kommen Bemühungen vor Ort, das Handelsgeschäft auszubauen. Seit Anfang Jahr können zum Beispiel chinesische Fluggäste Waren bequem zu Hause online bestellen, am Gate in Frankfurt bekommen sie die Tüte ausgehändigt. Man liege gut im Plan und habe noch einiges vor. Für Investoren ist Fraport nicht der attraktivste Titel in der Branche – ist aber eine Überlegung wert (vgl. Aktienbox).
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