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09:52 Uhr - 12.07.2021

Was Verwaltungsräten unter den Nägeln brennt

An der FuW-Konferenz «Corporate Governance Excellence» sprachen Schweizer Verwaltungsräte über ihr Krisenmanagement.

Die Schweizer Unternehmen haben die Coronakrise gut gemeistert. Dieser Meinung sind Führungskräfte sowohl von KMU als auch von grösseren kotierten Gesellschaften. Mehrheitlich wurden die Lieferketten abgesichert und die Mitarbeiter erfolgreich geschützt. Obwohl die Pandemie vielerorts für eine «Vollbremsung» gesorgt hat, wie Ruth Metzler-Arnold, Alt-Bundesrätin und Verwaltungsratspräsidentin der Exportförderung Switzerland Global Enterprise, sagte.

Sie war eine von etlichen Führungskräften, die sich am Donnerstag an der Konferenz «Corporate Governance Excellence» von «Finanz und Wirtschaft» zu den aktuellen Themen in Führungsfragen äusserten. Die Pandemie stellte die VR vor besondere Herausforderungen, gleichzeitig blieben grundlegendende Fragen sehr wichtig. Dazu gehört das Zusammenspiel zwischen VR und Geschäftsleitung.

Klare Verantwortung

«In der Krise übernimmt entweder der VR die Führung, oder er überlässt es der Geschäftsleitung. Zu viele Köche ver­derben den Brei», sagte Suzanne Thoma, CEO des Energiekonzerns BKW (BKW 98.00 +0.31%) und VR bei OC Oerlikon (OERL 10.33 -1.43%) und Sulzer (SUN 127.80 -0.39%).

Dabei ist die Zusammenarbeit zwischen den Gremien zentral. Sie beginne und ende mit Grundrespekt und -vertrauen, sagte Andreas Umbach, VR-Präsident von Landis+Gyr (LAND 69.35 +1.91%) und SIG Combibloc (SIGN 25.28 +2.1%). «Es liegt im Interesse der CEO, dass der VR über die Essenz des Unternehmens informiert ist», ergänzte Thoma. Allerdings, räumte der Professor und VR Christoph Lengwiler ein, sei die Leistung der Gremien schwierig zu messen: «Eine gute Performance basiert auf richtigen Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt von den richtigen Personen, plus Zufall.»

Die Krise hat auch Chancen geboten, etwa bei der Transformation. «Die Pandemie war ein Katalysator für Veränderungen, die wir ohnehin vorhatten», sagte Michael Süss, VR-Präsident von OC Oerlikon. Man habe den einzelnen Regionen mehr Verantwortung gegeben, die Digitalisierung vorangetrieben, sei aber auch um Stellenreduktion nicht herumgekommen.

Nicht alle Transformationen entwickelten sich indes wunschgemäss. So musste Conzzeta (neu Bystronic (CON 1'286.00 -0.16%)) die Outdoormarke Mammut zu einem eher niedrigen Preis verkaufen. Der krisenbedingte Umsatzeinbruch in der Bekleidungsbranche sorgte für eine tiefere Bewertung. Bystronic-VRP Ernst Bärtschi relativierte den ­tiefen Verkaufspreis allerdings, «weil die Fokussierungsgewinne viel grösser sind». Als Folge der Portfoliobereinigungen dürfte es nun Rotationen im VR geben.

Anhaltendes ESG-Fieber

Spricht man über Corporate Governance, landet man zwangsläufig beim Trendthema Nachhaltigkeit. Die Unternehmensführung ist Teil der meisten ESG-­Ansätze, die sich daneben um Umwelt und Soziales drehen. Dabei werden die Standards immer höher. «Die gesellschaftliche Verantwortung muss integraler Bestandteil der Strategie des VR sein», sagte Ines Pöschel, VR bei Alcon (ALC 64.90 +0.75%) und Implenia (IMPN 23.90 -1.32%). In der konkreten Umsetzung ergeben sich aber immer wieder Dilemmas. Etwa bei der Vereinbarkeit von Finanz- und Nach­haltigkeitszielen. «ESG konfligiert sich selbst», fasste es Dorothée Deuring, VR bei Axpo und Lonza (LONN 672.80 +0.9%), zusammen. Als Beispiel nannte sie den Einsatz von Solarmodulen. Sie sollen den Ausstoss von Treibhaus­gasen reduzieren, sind allerdings in der Herstellung sehr ressourcenintensiv.

Zum Schluss sorgte die Firma Appenzeller Alpenbitter für wohltuende Exotik. In ihren VR kommen ausschliesslich Mitglieder der Gründerfamilien. Das Likör­rezept kennen jeweils nur zwei Personen. Im FuW-Ranking würden die Ostschweizer schlecht abschneiden, trotzdem ist das KMU erfolgreich. Es existiert seit 1902 und hat schon manche Krise gemeistert.

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