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07:07 Uhr - 03.03.2016

Threadneedle: «Synergien für Sika sind eine Illusion»

Iain Richards, Leiter Nachhaltige Anlagen Threadneedle, ist überzeugt, dass Saint-Gobain mit dem Sika-Deal einzig Synergien für sich selbst kreieren kann. Die Fähigkeit Sikas zu wachsen würde unter SGO massiv beeinträchtigt.

Der britische Investor Threadneedle ist langfristig in Sika (SIK 3770 -1.72%) engagiert und opponiert gegen den geplanten Deal der Familiengesellschaft und Grossaktionärin Schenker-Winkler Holding mit Saint-Gobain (SGO 36.8 0.88%). Die Übernahme der Stimmenmehrheit an Sika durch Saint-Gobain, verbunden mit einem Kapitalanteil von lediglich 16%, werde Sika schaden und die Erfolgsgeschichte Sikas beenden, ist Iain Richards von Threadneedle überzeugt. Gemeinsam mit den Gesellschaften Bill & Melinda Gates Found. und FIL bildet Threadneedle eine Aktionärsgruppe, die 5,2% der Stimmen und 9,3% des Kapitals des Bauchemieherstellers hält.

Herr Richards, was halten Sie von den vergangene Woche publizierten Zahlen von Sika für 2015?
Die Resultate sind sehr gut. Sika hat eine gute Leistung abgeliefert, und wir haben sehr grosses Vertrauen in die Führung und die Strategie des Unternehmens. Die Resultate und die Überprüfung der Strategie zu Jahresbeginn bestätigen unsere Einschätzung von Sika. Unser Interesse gilt besonders den langfristigen Aussichten des Unternehmens. Der Erfolg der Strategie ist umso bemerkenswerter, als das makroökonomische Umfeld derzeit nicht einfach ist. Er belegt, wie gut die Strategie umgesetzt wird. Die Investitionen und der Ausblick sind hervorragend. Wir sind sehr zuversichtlich für die Zukunft des Geschäfts.

Saint-Gobain hat ihre Zahlen für 2015 praktisch gleichzeitig publiziert. Wie beurteilen Sie den Abschluss von Saint-Gobain im Vergleich zu dem von Sika?
Wir sind nicht in Saint-Gobain investiert; das Resultat zeigt, warum. Es war erneut sehr enttäuschend, die Gesellschaft hat weitere Sparmassnahmen und Abschreibungen ankündigen müssen. Zudem ist ihr Ausblick für wichtige Länder schlecht. Der Kontrast zwischen Saint-Gobain und Sika ist sehr gross. Die Rendite auf dem eingesetzten Kapital ist bei Saint-Gobain wesentlich tiefer als bei Sika. Die Margen von Sika sind zudem rund doppelt so hoch wie die von Saint-Gobain.

Hat Saint-Gobain nicht einzelne Geschäfte, die ebenso hohe Margen ausweisen wie Sika?
Saint-Gobain ist ein grosses Konglomerat, der Vergleich auf Konzernebene ist nicht aussagekräftig. Aber selbst wenn man die einzelnen zugrundeliegenden Geschäfte vergleicht, bestehen die Unterschiede nach wie vor. Für uns ist klar, warum Saint-Gobain Sika braucht: Es geht einzig darum, dass Saint-Gobain Synergien für sich selbst kreieren kann, auf Kosten von Sika. Letztlich ist das der Grund, warum Saint-Gobain den Kauf der Stimmenmehrheit an Sika anstrebt und so viel Geld bietet – der Deal erfüllt ihre Kriterien.

Warum glauben Sie, dass Sika als Tochter von Saint-Gobain Probleme haben wird? Es könnte doch sein, dass Sika gleich erfolgreich arbeitet wie heute.
Nein, das glaube ich nicht. Saint-Gobain kontrolliert ihre eigenen Geschäfte zu 100%. Der Kapitalanteil an Sika würde nur 16% betragen. Es ist nichts als logisch, dass Saint-Gobain den Ertrag in den Geschäften maximieren wird, an denen sie 100% hält. Wir teilen die Meinung des Sika-Managements, dass deshalb möglicherweise Werke von Sika geschlossen oder ihre Kapazitäten durch Saint-Gobain belegt werden, auf Kosten von Sikas Bedürfnissen. Damit würde die Fähigkeit von Sika, sich weiterzuentwickeln und zu wachsen, massiv beeinträchtigt. Die daraus resultierenden strukturellen Konflikte würden Sika enorm schaden. Es ist klar: Saint-Gobain braucht Sika, aber Sika braucht Saint-Gobain nicht.

Sie glauben also nicht, dass die angekündigten Synergien von rund 180 Mio. Fr. realistisch sind?
Nein, das glaube ich nicht. Die angeblichen Synergien sind eine Illusion, denn was immer an Synergien erreicht würde, ginge zulasten von Sikas langfristigen Aussichten.

Das Zuger Kantonsgericht dürfte im zweiten oder im dritten Quartal über die Frage entscheiden, ob die Stimmrechtsbegrenzung der Schenker-Winkler Holding auf 5% rechtens ist oder nicht. Welchen Ausgang erwarten Sie?
Wir gehen felsenfest davon aus, dass das Gericht die Stimmrechtsbeschränkung stützen wird. Selbstverständlich haben wir sämtliche Bestimmungen in den Statuten gelesen, auch diejenigen über die Opting-out-Klausel sowie die Beschränkung und die Übertragung der Stimmrechte. Man darf aber nicht nur einzelne Bestimmungen anschauen. Es geht um das Gesamtbild der Statuen, das sich aus den einzelnen Bestimmungen ergibt. Es spiegelt die lange Geschichte – hundert Jahre, in denen die Familie das Unternehmen aufgebaut hat. Die beiden Bestimmungen, die jetzt zur Debatte stehen, haben nicht nur die Interessen der Familie im Blick, sondern sollen ebenso das Unternehmen schützen für den Fall, dass die Familie verkaufen sollte. Damit wurde genau der Fall angedacht, der nun eingetreten ist – dass die Beziehung zwischen der Familie und dem Unternehmen zu Ende geht.

Glauben Sie, dass Saint-Gobain sich im Sommer zurückzieht?
Das ist letzten Endes möglich. Zu grösster Sorge Anlass gäbe in diesem Fall die Äusserung von Urs Burkard, dass sie «auf alle Fälle nicht auf das Gegenangebot des Verwaltungsrats eingehen» und «den jetzigen Verwaltungsrat nicht lange behalten» würden. Für uns als Publikumsaktionär sind diese Haltung und der Schaden, der unserer Meinung nach daraus resultieren wird, zutiefst beunruhigend.

Was wäre aus Ihrer Sicht das beste Szenario?
Wenn Sika unabhängig bleibt, ihre Strategie weiterführen kann und die Erfolgsgeschichte fortgesetzt wird.

Aber es sieht nicht danach aus, dass Sika unabhängig bleibt…
Wir haben kein Problem damit, dass die Familie aussteigen und ihren Anteil zu Geld machen will. Wir haben Herrn Burkard klar und öffentlich mitgeteilt, dass wir gerne zu einem Dialog bereit sind, um dies zu erleichtern. Es gibt andere Optionen, die dem Unternehmen nicht den Schaden zufügen würden, den wir beim gegenwärtigen Deal sehen. An den Generalversammlungen von Sika hat sich gezeigt, dass die Publikumsaktionäre dafür offen wären und es unterstützen würden. Was jetzt nottut, ist eine wohlüberlegte Diskussion.

Was genau sind die Optionen der Familie Burkard? Soll sie an Finanzinvestoren verkaufen?
Das geht zu sehr ins Detail, unter den gegebenen Umständen kann ich mich dazu nicht öffentlich äussern. Es gibt aber andere Möglichkeiten für die Familie, den Wert ihres Aktienpakets zu realisieren und dabei gleichzeitig den Wert und die Zukunft von Sika zu wahren.

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