Zurück zur Übersicht
11:14 Uhr - 14.01.2022

Strafsteuer auf Eigenkapital muss weg

Ein Ja zur Abschaffung der Emissionsabgabe ist ein wichtiger Mosaikstein für einen zugkräftigen Steuerstandort Schweiz. Ein Kommentar von FuW-Redaktor Arno Schmocker.

Steuern zahlen schmerzt. Zu den weiteren unangenehmen Eigenschaften gehört ihre ausgesprochene Zählebigkeit. Einmal eingeführt, kann es mitunter eine halbe Ewigkeit dauern, bis eine verschwindet. Wenn überhaupt: Am 13. Februar entscheidet das Stimmvolk, ob die vor über hundert Jahren eingeführte Emissionsabgabe auf Eigenkapital nach mehreren Anläufen abgeschafft wird oder nicht.

Die politische Linke hatte gegen die 2020 vom Parlament nach jahrelangem Vorgeplänkel beschlossene Aufhebung das Referendum ergriffen. Profitieren vom angeblichen «Stempelsteuer-Bschiss» würden grösstenteils Grosskonzerne, während «einmal mehr» die Bevölkerung die Zeche bezahle, lautet die bekannte Klassenkampfrhetorik.

Als Kriegssteuer 1917 eingeführt, erscheint die Emissionsabgabe für juristische Personen indessen schon vom Ansatz her unsinnig. Ab einem Freibetrag von 1 Mio. Fr. wird 1% auf Eigenkapital erhoben, auch wenn etwa ein Jungunternehmen noch gar keinen Franken verdient hat. Warum Fremdmittel nicht besteuert werden, volkswirtschaftlich wertvolles Eigenkapital hingegen schon, leuchtet nicht ein. Sie verteuert unnötig Investitionen, auch in Arbeitsplätze.

Im falschen Moment

Hinzu kommt ein prozyklischer Effekt. Die Abgabe fällt in Zeiten gehäuft an, in denen vor allem kleinere Unternehmen frisches Geld benötigen. So hat sie Betrieben ausgerechnet in den schwierigen Jahren 2001 (Dotcom-Krise), 2008 und 2009 (Finanzkrise) und 2015 (Frankenschock) mit durchschnittlich über 350 Mio. Fr. mehr als sonst Substanz entzogen.

Im Mittel waren es in den vergangenen zwei Jahrzehnten 250 Mio. Fr. Eine ähnliche Abgabe kennen sonst einzig Spanien und Griechenland. Eine Abschaffung würde die steuerliche Konkurrenzfähigkeit der Schweiz stärken.

Im Abstimmungsbüchlein behauptet das linke Referendumskomitee: «Die für unsere Wirtschaft wichtigen KMU haben von einer Abschaffung nichts.» Humbug: Aus der jährlich erhobenen Statistik des Finanzdepartements lässt sich ableiten, dass das Gros der 2020 betroffenen 2286 Unternehmen von kleinerer Statur ist. Etwa 90% von ihnen haben minime bis 1 Mio. Fr. Abgaben bezahlt.

Formel «gross gleich privilegiert» ist albern

Wahr ist anderseits, dass 1,5% der Unternehmen fast die Hälfte der Summe geleistet haben und von der Abschaffung absolut gesehen am meisten profitieren würden. Aber wieso sollten Grossunternehmen «böser» als Kleine sein? Gerade sie sind besser in der Lage, beispielsweise Arbeitsbedingungen zu gewähren, die über das gesetzliche Minimum hinausgehen.

Ausserdem: Von den globalen Konzernen in der Schweiz sind die wenigsten auf frisches Eigenkapital angewiesen, im Gegenteil. Roche kann es sich leisten, von Novartis eigene Aktien im Wert von 15 Mrd. $ zurückzukaufen.

Gemäss einer Studie der Basler Konjunkturforschungsstelle Bak Economics hätte die Abschaffung der Emissionsabgabe mittelfristig gesamtwirtschaftlich positive Folgen. Beweisen lässt sich das schwerlich, in der Schweiz gibt es keine Pflicht, die Folgen von Steuersenkungen ex post zu analysieren.

Doch allein die Tatsache, dass der Steuerertrag juristischer Personen trotz (oder eben gerade wegen) der von der politischen Linken vehement, aber erfolglos bekämpften Reformen seit 2005 überaus kräftig gestiegen ist, ist Beleg dafür, dass von «Steuergeschenken» keine Rede sein kann.

Vor weiteren Steuerkämpfen

Ein Nein zur Abschaffung dieser Stempelsteuer an der Urne wäre folgenschwer. Die SP und ihr zugewandte Orte sind bereits daran, Unterschriften gegen die in der Wintersession beschlossene Reform der Verrechnungssteuer zu sammeln. Weitere steuerpolitische Abstimmungskämpfe sind programmiert.

Ein erstes Ja an der Urne Mitte Februar würde nicht nur Unternehmen konkret entlasten, sondern wäre darüber hinaus ein Signal an ausländische Gesellschaften und Investoren, dass die Schweiz auch nach Einführung der OECD-Mindeststeuer ab Anfang 2024 attraktiv bleibt. Dass es auch den Referendumsfuror der Linken dämpfen möge, ist wohl ein allzu frommer Wunsch.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.