Zurück zur Übersicht
07:01 Uhr - 21.03.2019

Versicherer testen die Blockchain

Die Technologie könnte den nächsten Digitalisierungsschub bringen – man verspricht sich Kostensenkungen.

Es ist kein Forschungsprojekt mehr, sondern in der Entwicklung zu einem echten Produkt: Mit dem «CarDossier» soll man den Werdegang eines Autos lückenlos und fälschungssicher verfolgen können – von der Produktion bis zum Schrotthändler. Der Clou des von Axa Versicherung initiierten Projekts: Die Daten liegen auf einer Blockchain.

Lorenz Hänggi, Innovation Engineer bei Axa, erklärt: «Das Ziel ist, ab 2020 einzelne Anwendungsfälle live zu schalten. Viele Partner haben ein Interesse, so Prozesse zu digitalisieren und Transparenz für Nutzer zu bringen.» Den Anfang macht der Gebrauchtwagenmarkt, doch könnte das Projekt künftig gar die Basis für einen digitalen Fahrzeugausweis legen.

Die Blockchain – ein über Netzwerkknoten verteilt gepflegtes Register von Transaktionen – kam mit der Kryptowährung Bitcoin in die Welt. Doch statt um Spekulationen um digitale Devisen geht es Versicherern wie Axa darum, die seriösen Seiten der Technologie herauszustellen.

Aus einem Konsortium von Versicherern ist der Start-up B3i entstanden, der Blockchain-Lösungen für Versicherer entwickelt. Beteiligt sind etwa Swiss Re (SREN 96.94 -0.7%) und Zurich. Ken Marke von B3i betont: «Viele Vorteile der Blockchain wie bessere Datenqualität und starke Kryptographie kann man mit anderen Lösungen implementieren – aber die Blockchain bietet alles als ein Paket.» Für Versicherer sei die Unveränderbarkeit und fehlerlose Übertragung von Daten wichtig: «Das spart Geld und Zeit, man muss Informationen nicht überprüfen und abstimmen.»

Schnellere Abläufe

B3i hat ein System entwickelt, das per Blockchain Rückversicherungsverträge erstellt – eingebunden sind Rückversicherer, Broker und Versicherer. «Einen typischen Kontrakt kann man damit in ein oder zwei Wochen aufsetzen – das braucht heutzutage um die 90 Tage», sagt Marke. Denn die Gegenprüfung von Informationen entfiele. «Gemäss unseren Testern im Markt könnte das Produkt die Verwaltungskosten um 30% senken.» B3i will das Produkt weiterentwickeln, um es für andere Versicherungszweige bereitzustellen.

Axa ist auch an einer Initiative beteiligt, die Versicherten die Übersicht über ihre verschiedenen Vorsorgesäulen bringen will. «Die Daten sind über viele Stellen wie Ausgleichskassen und Pensionskassen verteilt», sagt Hänggi. «Die Blockchain könnte eine dezentrale Lösung ermöglichen – Kunden behielten die Kontrolle über sensitive Daten und müssten sie nicht einer Institution anvertrauen.» Lorenz Hänggi sieht dank den Blockchain-Projekten die Möglichkeit, das Wissen um die Technologie im Unternehmen zu verbreiten: «So kann man Anwendungsfälle über alle Geschäftsbereiche finden.» Blockchain-Experten allein könnten das nicht – für viele Ideen brauche man spezifisches Wissen aus dem jeweiligen Bereich. «Als Unternehmen müssen wir lernen und erleben, wie man dezentrale Lösungen baut», sagt Hänggi.

Für den technischen Wandel muss sich nicht nur die Unternehmenskultur ändern – auch die Regulierung muss sich darauf einstellen. «Aktuell wird geprüft, wie viel Gesetzesänderungen es braucht, um Prozesse und Rechte auf der Blockchain-Technologie abzubilden», beobachtet Axa-Manager Hänggi. «Wir sind schon sehr weit in der Schweiz in Regulierungsfragen, sollten auch nichts überhasten.»

Für Ken Marke ist klar, dass die Regulierer die Anwendung einer Technologie am Resultat messen: «Die Blockchain bietet Vorteile, die Regulierer begrüssen: mehr Kontrolle über Informationen, besserer Datenschutz, weniger Betrug und bessere Audit Trails.»

Keine totale Automatisierung

Eine Innovation der Blockchain-Technologie ist für Versicherer besonders interessant: «Smart Contracts», automatisierte Abläufe, die auf die Blockchain programmiert werden können. Manche Visionäre predigen, dass eine solche Automatik Versicherer ganz ersetzen könnte.

Lorenz Hänggi sieht Smart Contracts zwar als interessantes Konzept, aber manche Fälle könne man nicht in Code fassen: Etwa wenn Schadensfälle nicht einfach festgestellt werden können. «Ausserdem ist zu diskutieren, wie man fehlerhafte Smart Contracts austauschen kann und soll», sagt Hänggi. B3i-Manager Marke glaubt, dass Versicherer in Zukunft kleiner würden – sie seien jedoch immer notwendig, um «die Risiken der Kunden mit dem Kapital der Investoren zu verbinden.»

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.