Nach der Delle im ersten Quartal findet die Konjunktur zum gewohnten Wachstumstempo zurück. Das Fed will «bald» mit dem Abbau der Bilanz beginnen.
Die amerikanische Wirtschaft belebt sich. Gemäss einer ersten Schätzung ist das Bruttoinlandprodukt (BIP) im zweiten Quartal annualisiert um 2,6% gewachsen. Ökonomen haben mit 2,7% Zunahme gerechnet, nachdem die Konjunktur in den ersten drei Monaten nur 1,2% expandierte. Für das Federal Reserve sind das ermutigende Nachrichten. Sie werden die US-Notenbank in ihrem Plan bestärken, in wenigen Monaten mit dem Abbau ihrer riesigen Bilanz zu beginnen.
Zum Wachstum hat vor allem der Konsum beigetragen, auf den in den USA rund zwei Drittel der Wirtschaft entfallen. Die Verbraucher haben 2,8% mehr für Güter und Dienstleistungen ausgegeben, nach einem Plus von 1,9% im ersten Quartal. Robust entwickelten sich ebenso die Investitionen der Unternehmen mit 5,2% Zunahme. Die globale Konjunkturerholung machte sich in steigenden Exporten bemerkbar. Gebremst haben hingegen geringere Ausgaben regionaler und lokaler Behörden, eine deutliche Abnahme der Investitionen im Wohnungsmarkt sowie steigende Importe, die in der Berechnung des BIP ein negativer Faktor sind.
Das Fed wird die Daten mit Genugtuung aufnehmen. Im Vergleich zu früheren Zyklen wächst die Wirtschaft zwar weiterhin nur bescheiden. Auch bleibt die Inflation unter der Zielrate von 2%. Fed-Chefin Janet Yellen dürfte die Konjunkturbelebung jedoch als Bestätigung sehen, dass sie mit einer restriktiveren Geldpolitik auf dem richtigen Weg ist. So hat das Fed das Zielband für den Leitzins Mitte Juni um einen weiteren Viertelprozentpunkt auf 1 bis 1,25% erhöht und diese Woche beschlossen, «mit der Implementierung des Programms zur Bilanznormalisierung relativ bald zu beginnen».
Startschuss im September
«Die Wirtschaft wächst in ausreichendem Tempo, damit die Arbeitslosenquote weiter sinkt», denkt Jim O’Sullivan vom Researchdienst High Frequency Economics. Investoren rechnen damit, dass die Notenbank deshalb bereits an der nächsten Sitzung vom 20. September den Startschuss zum Bilanzprogramm gibt. «Der Fed-Vorsitz hat zwar nicht explizit gesagt, dass er das Programm im September ankündigt. Mit dem Statement von dieser Woche hat er seine Absicht dazu aber so deutlich wie nur möglich ausgedrückt», meint Peter Hooper, Chefökonom der Deutschen Bank.
Entsprechend wichtig ist, dass die Wirtschaft mitspielt. Seit der Finanzkrise hat das Fed ein rund 4200 Mrd. $ grosses Portfolio an Staatsanleihen und verbrieften Hypotheken angehäuft. Sind diese Wertschriften ausgelaufen, hat es die Einnahmen daraus bislang in neue Papiere reinvestiert. Um die Bilanz zu verkürzen, will es zunächst 6 Mrd. $ pro Monat weniger in den Kauf von Staatsanleihen reinvestieren. Im Fall verbriefter Hypotheken sind es 4 Mrd. $ weniger. Diese Beträge werden dann alle drei Monate erhöht, bis eine monatliche Obergrenze (Cap) von 30 Mrd. $ bei Staatsanleihen und von 20 Mrd. $ bei Hypotheken erreicht ist.
Nachdem die Zentralbanken ihre Bilanzen immer weiter aufgebläht haben, geht das Federal Reserve damit als erstes Institut in die Gegenrichtung. Wie die Börsen das aufnehmen werden, lässt sich schwer sagen. Fed-Chefin Yellen bemüht sich aber, den Effekt herunterzuspielen. Es werde für die Finanzmärkte etwa so aufregend sein, «wie Farbe beim Trocknen zuzusehen», sagt sie.
Das Regime wird strenger
Zu Beginn mag das zutreffen. Im Handel mit Schatzpapieren beispielsweise wird das Fed in den ersten Monaten nach dem Start des Programms weiterhin als bedeutender Käufer auftreten. Im Herbst 2018 wird es jedoch an die Obergrenze von
30 Mrd. $ stossen, worauf es die Einnahmen aus auslaufenden Anleihen nur noch sporadisch reinvestieren wird.
Hinzu kommt, dass die Notenbank bis Ende 2017 eine weitere Zinserhöhung plant. Nach all den Jahren mit Geld zum Nulltarif wird das Regime damit spürbar strenger. Auch befindet sich der Konjunkturzyklus bereits im neunten Jahr. Erste Ermüdungserscheinungen machen sich etwa in der Autoindustrie bemerkbar, die zu den grössten Profiteuren der ultratiefen Zinsen gezählt hatte. Ebenso nehmen Zahlungsausfälle auf Kreditkarten zu, wie die Semesterabschlüsse der Banken zeigen. Ein Schwächesignal sendet zudem der Dollar, der seinen Abwärtstrend am Freitag fortgesetzt hat.
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