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10:45 Uhr - 03.03.2015

Hypo Alpe Adria: Böse Bad Bank

Der Geist der untergegangenen Skandalbank Hypo Alpe Adria lebt weiter und meldet sich über ihre Abwicklungsbank Heta Asset Resolution mit Milliardenverlusten aus dem Jenseits.

Jahrelang war nicht klar, ob Hypo Alpe Adria, die mit ihren Verlusten 2009 die österreichischen Finanzen fast ruiniert hätte, tot oder lebendig ist. Dann, vergangenen Herbst, rang sich die österreichische Regierung dazu durch, die Zombie-Bank aus Kärnten nicht länger künstlich am Leben zu halten. Die Reste der einst sechstgrössten Bank der Alpenrepublik wurden einem Abwicklungsinstitut, der Heta Asset Resolution, übertragen. Ruhe fanden sie dort indes nicht – im Gegenteil.

Nur Monate nachdem Österreich den bösen Traum endlich in die Bad Bank gebannt geglaubt hat, raubt Hypo Alpe der Alpenrepublik den Schlaf mit einer höllischen Rechnung. Sie übersteigt alles, was die Bank seit ihrer Rettung 2009 gekostet hat. Die Rache aus dem Jenseits? Sicher ist es die Quittung dafür, dass die Regierung zu lang gehofft hatte, die Bilanzprobleme würden sich mit der Zeit von selbst verflüchtigen. Irren ist bekanntlich menschlich, im Irrtum zu verharren aber teuflisch.

Hypo-Alpe-Alptraum

Ob diabolisch oder menschlich: Der Geist von Hypo Alpe Adria lebt weiter – in Heta. Was Hypo zu Lebzeiten wie kein anderes österreichisches Institut beherrschte, kann Heta offenbar mindestens so gut: mit Verlusten schockieren. Die österreichische Finanzmarktaufsicht FMA hat am Sonntag beschlossen, Heta abzuwickeln, nachdem eine Revision einen Abschreibungsbedarf von 8,7 Mrd. € aufgedeckt hatte. Die Vermögensbewertung ergab einen Korrekturbedarf von 5,1 bis 8,7 Mrd. €. Am Ende der Abwicklung wird ein Finanzloch von 4 bis 7,6 Mrd. € erwartet.

In Österreich hat die Meldung für ein böses Erwachen gesorgt. Eine Überraschung ist das indes eigentlich nicht: Die EU-Kommission ging schon vor einem Jahr in einem gestressten Szenario von einem Kapitalbedarf von 5,4 Mrd. € aus, dazu von einem Liquiditätsbedarf von bis zu 3,3 Mrd. €. Das entspricht ziemlich genau dem jetzigen Abschreibungsbedarf.

Keine Staatshilfe mehr

Heta wird seit Oktober 2014 als Bad Bank mit einer Bilanzsumme von 18 Mrd. € von der FMA geführt. Die Aufsicht hat bereits ein Schuldenmoratorium verfügt: Demnach wird Heta per sofort und bis 1. Juni 2016 weder Verbindlichkeiten zurückzahlen noch Zinsen überweisen.

Damit ist die frühere Landesbank der erste Fall einer Abwicklung gemäss dem per 1. Januar eingeführten Bankensanierungs- und Abwicklungsgesetz (BaSAG). Es handelt sich um die Umsetzung der neuen Bankenabwicklungsvorgaben der EU, die Gläubiger vermehrt an Verlusten beteiligen (Bail-in). Spätestens seit der Zypernkrise von 2013 werden Bond-Investoren immer mehr zur Kasse gebeten. Die Richtlinie der EU hat diese Doktrin im Rahmen der Bankenunion offiziell gemacht. Ende Juni 2013 hat die EU die Rangfolge der Beteiligung der Gläubiger an den Verlusten festgelegt. Und Anfang Juli hat die Kommission Vorschläge für die Gestaltung einer zentralen Abwicklungsbehörde vorgelegt.

Wie «Der Standard» in Wien schreibt, hätte sich Österreich sofort dazu bekennen müssen, das drohende Finanzloch zur Gänze abzudecken – andernfalls dürfte Heta wegen Gläubigerbevorzugung keinen Cent bezahlen. Gemäss EU-Vorgaben wäre der Republik noch ein Kapitalzuschuss von 2,2 Mrd. € erlaubt. Finanzministerium und Regierung haben aber beschlossen, gar kein gutes Geld mehr schlechtem nachzuwerfen.

Ausstehende Obligationen auch an der SIX

Gemäss FMA sind von dem Zahlungsaufschub Schulden im Volumen von 9,8 Mrd. € betroffen, dazu Pfandbriefforderungen über 1,3 Mrd. €. An der Schweizer Börse SIX sind noch zwei Anleihen ausstehend, sie handeln alle massiv unter pari.

Noch könne die Bad Bank ihre Verbindlichkeiten bedienen, in naher Zukunft indes bereits nicht mehr, erklärte die Hypo-Bad-Bank selbst. Noch sei Heta aber solvent, die milliardenschweren Garantien des Landes Kärnten würden nicht ausgelöst. Der Bund werde alle seine Verpflichtungen aus der bundesgarantierten Nachranganleihe aus dem Jahr 2012 in Höhe von 1 Mrd. € pünktlich und in vollem Umfang erfüllen.

Die Ausfallbürgschaft des Landes Kärnten war 2007 auf Drängen der EU ausgelaufen, ausser für Anleihen, die vor dem 3. April 2003 oder zwischen diesem Datum und dem 1. April 2007 emittiert wurden und vor Anfang Oktober 2017 auslaufen. Die ausstehenden Frankenanleihen fallen zwar in diese Kategorie. Doch  Österreich hatte Hypo-Investoren bereits 2014 brüskiert: Bestimmte Anleihengläubiger sollen ihr Geld nicht mehr zurückbekommen – obwohl ihre Papiere vom Bundesland Kärnten garantiert waren. Die betroffenen Investoren, darunter Deutsche Bank (DBK 29.275 -0.28%), hatten geklagt. Eine Entscheidung wird bis Herbst erwartet

Hupen gegen Hypo

Seit seiner Rettung durch den Staat vor fast sechs Jahren war Hypo Alpe Adria damit beschäftigt, mit der Vergangenheit abzuschliessen. Diese zeigt indes mit schöner Regelmässigkeit, noch lange nicht mit ihr fertig zu sein. Ziemlich genau vor einem Jahr hatte das Skandalinstitut nach langem wieder von sich reden gemacht.

Die erst fünf Monate zuvor mit knappem Mehr gewählte sozialdemokratische Regierung war unter Druck gekommen, euroskeptische Parteien wie die Freiheitspartei hatten Zulauf erhalten. Den traditionellen Parteien wurde vorgeworfen, in der Affäre Hypo Alpe Adria inaktiv gewesen zu sein und einfach darauf gesetzt zu haben, dass sich die Probleme mit der Erholung auswachsen. Eine Mitte Februar gegründete Facebook-Gruppe namens «Hupe gegen die Hypo» rief Autofahrer dazu auf, laut zu hupen, wenn sie an der Hypo-Zentrale in Kärnten vorbeifahren.

Chronik des Grauens

Österreich hatte die ehemalige BayernLB -Tochter Hypo Alpe Adria im Dezember 2009 notverstaatlicht, nachdem sich das Institut mit einer massiven Expansion am Balkan verhoben hatte. Seither hat das Institut rund 5,5 Mrd. € an Staatshilfen erhalten.

Die Rettung der angeschlagenen Kärntner Landesbank kam buchstäblich in letzter Minute. Für einen symbolischen Euro je Alteigentümer wurde die damals sechstgrösste Bank Österreichs mit einer Bilanzsumme von mehr als 40 Mrd. € zwangsverstaatlicht, um noch Schlimmeres zu verhindern: Eine Insolvenz hätte einen Dominoeffekt auslösen können. Kärnten, Österreichs damals am höchsten verschuldetes Bundesland, wäre wegen der Landeshaftung von 19 Mrd. € – dem Zehnfachen des Jahresbudgets – bankrottgegangen und hätte das Budgetdefizit der Republik auf deutlich über 100% katapultiert. Die Alteigentümer mussten mitzahlen: Die BayernLB (67,1%), das Land Kärnten (12,4%) und die Grazer Wechselseitige Versicherung (20,5%) schossen rund 1 Mrd. € Kapital ein. Der Bund, der bereits 2 Mrd. € Partizipationskapital im Rahmen des Bankenhilfspakets zur Verfügung gestellt hatte, legte weitere bis zu 450 Mio. € nach. Dazu kamen Liquiditätshilfen von 3,4 Mrd. € seitens der vormaligen Eigentümer und 500 Mio. € von Österreichs Grossbanken.

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