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15:40 Uhr - 07.02.2017

Dätwyler hebt die Messlatte für 2017 an

Der Industriekonzern strebt deutlich mehr Umsatz und eine höhere Marge an. Die Finanzierungskraft für Akquisitionen ist gross.

Die Bilanz kann sich sehen lassen. In der mehr als zwölfjährigen Amtszeit von Paul Hälg als CEO hat sich der Wert von Dät­wyler an der Börse auf 2,5 Mrd. Fr. ver­fünffacht. Doch seinem letzten Jahr  fehlte die Krönung. Im Sommer scheiterte die Grossübernahme der britischen Premier Farnell wider Erwarten.

Der neue CEO, Dirk Lambrecht, kommentierte an der Bilanzpräsentation das Verpassen «einer einmaligen Chance» so: «Da wurden wir auf dem linken Fuss erwischt.»

Wäre die Akquisition gelungen, hätte sich Dätwyler (DAE 151.8 0.2%) im Elektronik-Online-Handel mit einem Schlag in eine führende Position katapultiert. Der Urner Industrie­konzern wurde aber vom US-Konkurrenten Avnet ausgestochen.

Fast der gesamte Semestergewinn weg

Ausser hohen Spesen nichts gewesen. Der Sonderaufwand für den Übernahme­versuch schlug in der Rechnung 2016 mit 48 Mio. Fr. zu Buche. Neben Transaktionskosten war ein happiger Aufwand für die Währungsabsicherung zu berappen. Hinzu kamen Restrukturierungskosten von 11 Mio. Fr. in der Division Technical Components (Handel mit Elektronikkomponenten). Damit wurde der Konzern­gewinn des zweiten Semesters mehr oder weniger ausradiert.

Um den Sonderaufwand bereinigt, sieht das Bild günstig aus: Die Ebit-Marge stieg von 11,2 auf 13%, der Gewinn um ein Drittel auf 117 Mio. Fr. Warum die Dividende unter diesen Umständen und mit Blick auf die solide Bilanz nicht erhöht wurde, ist nicht nachvollziehbar. Immerhin können die Aktionäre für 2017 mit einer deutlichen Steigerung rechnen.

Unter den Erwartungen blieb im vergangenen Jahr auch das Umsatzwachstum von 1,4% aus eigener Kraft. In der ­Division Sealing Solutions (Dichtungs­lösungen) hatte das Unternehmen mit Kapazitätsengpässen zu kämpfen. Sie seien ab März 2017 behoben, versicherte Lambrecht. In Technical Components war die Nachfrage aus dem Segment der Privatkunden schwach.

Ambitionierte Wachstumspläne

Ausserdem war das Management während sechs Monaten mit dem Versuch der Übernahme von Premier Farnell absorbiert. Dank Akquisitionen und ausnahmsweise «normalen» Währungsverhältnissen wies Dätwyler erstmals seit 2012 ein Wachstum aus.

Der neue CEO will mehr: «Unser Fokus liegt in Zukunft ganz klar auf einer Beschleunigung des profitablen Wachstums», betonte er. Für 2017 ist eine Umsatzzunahme von 3 bis 11% vorgesehen. Als Bandbreite für die operative Marge gelten 11 bis 14%, ein Prozentpunkt mehr als bis anhin. Lambrecht gab zu verstehen, das obere Ende anzustreben.

Bis 2020 sind ein Umsatz von 2 Mrd. Fr. und eine Betriebsgewinnspanne von 12 bis 15% Zielgrössen. Das bedingt ein hohes Durchschnittswachstum von 12% pro Jahr. Vom fehlenden Umsatz sollen zwei Drittel, also etwa 450 Mio. Fr., aus Zukäufen stammen. Für die Finanzierung verfügt Dätwyler, inklusive nicht genutzter Kreditlinien, über Mittel bis 650 Mio. Fr.

Milliarden-Produktion für Nespresso

Nach dem Scheitern des Grossprojekts Premier Farnell stehen Dätwyler viele Möglichkeiten offen. Lambrecht verdeutlichte, zumindest 2017 stehe der Bereich Sealing Solutions im Vordergrund: «Da haben wir eine gut gefüllte Pipeline an Akquisitionsprojekten. Wir sind guter Dinge, nächstens eine Transaktion anzukündigen.»

Der neue CEO hat die Division zwölf Jahre lang geführt und sie dank einer ­geschickten Nischenpolitik zum Blühen gebracht. Unter anderem fabriziert sie Milliarden von Nespresso-Kaffeekapseln (Nestlé (NESN 73 0.48%) ist mit einem Umsatz von über 100 Mio. Fr. Hauptkunde von Dätwyler), Milliarden von Komponenten für Autobremssysteme und Milliarden von Dichtungen für  Pharma- und Medizinaltechnikprodukte – mit einer operativen Marge von 18% und eine Rendite von annähernd 30% auf dem eingesetzten Kapital.

Hingegen dämpfte der CEO die vom Vorgänger geweckten Erwartungen, Technical Components werde bald zu einer prozentual zweistelligen Betriebsgewinnmarge zurückkehren. Sie dürfte 2017 auf 4 bis 5% verharren. Lambrecht will vernünftigerweise zuerst Marktposition und Produktportfolio der Division schärfen, bevor an Wachstum gedacht wird.

Die Dätwyler-Aktien haben dieses Jahr 10% gewonnen und notieren nahezu auf Allzeithoch. Die Chancen, dass die brachliegenden Konzernmittel in weitere Nischen des Marktes für Dichtungen und Kapseln investiert werden, stehen gut – damit winken weitere Kursavancen.

Die komplette Historie zu Dätwyler finden Sie hier. »

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